Katja Suding
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Frage von Gisela B. •

Frage an Katja Suding von Gisela B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Suding,
immer mehr Flüchtlinge kommen nach Hamburg. Das Thema begegnet uns in den Printmedien, in Fernsehberichten, Talkshows und in der Nachbarschaft. Viele Ehrenamtliche engagieren sich. Die Kritik, dass seitens der Kommunen unzureichende Hilfe geleistet wird, nimmt zu. Würden Sie bitte kurz schildern, was seitens der Stadt Hamburg bisher unternommen wurde, um den Flüchtlingen eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung zu gewähren, bzw. was Sie anders machen würden, wenn Sie in Regierungsverantwortung wären. Vielen Dank im Voraus!

Katja Suding
Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau B.,

zunächst einmal herzlichen Dank für ihre E-Mail vom 21.08.2015.

Für uns als FDP-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft ist die Situation der Flüchtlinge alles andere als zufriedenstellend. Die Herausforderungen des wachsenden Zustroms an Flüchtlingen wurden vom Senat deutlich zu spät erkannt und dahingehende Anzeichen wurden ignoriert.

Daher kommt es im Moment zu erheblichen Engpässen im Bereich der Unterbringung, medizinischen Versorgung und der notwendigen psycho-sozialen Betreuung. Die Unterkünfte sind allesamt überlastet und statt unbürokratischer medizinischer Hilfen kümmert sich die zuständige Behörde lieber um die Einhaltung von Arzneimittelgesetzen, sodass Flüchtlinge mit der Krätze nicht adäquat behandelt werden.

Doch dieser Mangel an Unterbringungsmöglichkeiten darf nicht als Vorwand herhalten, um Beteiligungsprozesse bei der Schaffung neuer Unterkünfte zu unterlaufen. Das gefährdet die Akzeptanz in der Bevölkerung und zerstört Vertrauen.

Ein weiterer Weg, die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen, ist eine gleichmäßige Verteilung von Flüchtlingen in der ganzen Stadt und nicht nur in großen Unterkünften in einigen Stadtteilen. Daher fordern wir eine möglichst kleinteilige Unterbringung und eine ausbalancierte Verteilung auf die Bezirke. Der verstärkte Einsatz von Belegungsbindungen bei öffentlich gefördertem Wohnraum trägt ebenso dazu bei, dass Plätze in der öffentlichen Unterbringung durch Umzug in regulären Wohnraum schneller frei werden.

Wie haben bereits in der letzten Legislaturperiode einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zum Beheben der Mängel und Versäumnisse des Senates vorgelegt. Dazu gehören:

· die Anwendung des Polizeirechts bei der Ausweisung und Akquise von Standorten für die Flüchtlingsunterbringung zu unterlassen.

· die rechtzeitige Beteiligung der Bezirke nach § 28 Bezirks Verwaltungsgesetz bei der Akquise von geeigneten Standorten für die Flüchtlingsunterbringung durchzuführen.

· bei der Errichtung neuer Unterkünfte eine sichere und menschenwürdige Unterbringung durch die Einhaltung aller notwendiger bauplanungs- und bauordnungsrechtlicher Bestimmungen, wie beispielsweise des Brandschutzes, einzuhalten.

· bei der Belegung von Räumlichkeiten, die nicht für den dauerhaften Aufenthalt von Menschen gedacht sind, diese Belegung nur für die Dauer von maximal 6 Monaten vorzunehmen.

· in diesem Zeitraum eine sichere und menschenwürdige Unterbringung sicherzustellen und hierfür ein tragfähiges Konzept vorzulegen.

· jegliche besitzentziehende, enteignende oder enteignungsgleiche Maßnahmen zum Zwecke der Flüchtlingsunterbringung zu unterlassen.

· die Einrichtung einer privaten Wohnraumvermittlung für Flüchtlinge zu prüfen.

· einen Hamburgischen Flüchtlingsgipfel im Herbst 2014 zu veranstalten, an dem alle relevanten Akteure der Flüchtlingshilfe in Hamburg teilnehmen.

· die Zusammenarbeit mit den anderen Bundesländern zu verstärken, um so Flüchtlingsunterbringung in geeigneten Unterkünften auch außerhalb Hamburgs zu ermöglichen

Uns ist es ferner wichtig, dass auch Flüchtlinge so schnell wie möglich auf eigenen Beinen stehen können. Im Moment werden sie durch das bestehende dreimonatige Arbeitsverbot und die in einigen Berufen anschließende Vorrangprüfung gezwungen von öffentlichen Leistungen zu leben. Wir sind daher der Auffassung, dass dieses Arbeitsverbot umgehend abgeschafft wird.

Aber die Herausforderungen, welche wir in Bezug auf die Flüchtlinge zu bewältigen haben, sind nicht nur ein hamburgisches oder deutsches Problem. Daher haben wir den Senat in einem Antrag aufgefordert im Rahmen einer Bundesratsinitiative auf europäischer Ebene darauf hinzuwirken, dass es zukünftig gesamteuropäische Lösungsansätze für diese Herausforderungen gibt. Dies bezieht sich sowohl auf die Verteilung als auch die Finanzierung von Flüchtlingen.

Auch auf Bundesebene haben die Freien Demokraten mit ihrem Beschluss „10 Punkte für eine bessere Flüchtlings- und Einwanderungspolitik“ Vorschläge vorgelegt, wie man menschenwürdig und lösungsorientiert den momentanen Herausforderungen wirkungsvoll begegnen kann und sollte.

So sollte der Bund die finanzielle Verantwortung für die Flüchtlingsaufnahme in Deutschland übernehmen. Denn er legt die Regeln für Einwanderung und Flüchtlingsschutz fest.

Auch der Stau von einer Viertelmillion Asyl-Anträge wird sich mit konventionellen Maßnahmen kaum auflösen lassen. Derzeit wächst er sogar weiter. So muss neben einer Erhöhung des Personalansatzes im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auch über eine pauschale Anerkennung der Asylansprüche von Menschen aus Ländern mit einer an 100% grenzender Anerkennungsquote nachzudenken.

Denn das zeigen die nüchternen Fakten: Bei über 40.000 Einzelfallentscheidungen über Asylanträge aus Syrien, Irak und Eritrea wurden im ersten Halbjahr 2015 nur 45 Anträge abgelehnt. Der Verwaltungsaufwand für individuelle Vollprüfungen ist hier für weniger als 50 Ablehnungen viel zu groß.

Der beste Weg zu einer gelungenen Integration führt über die Sprache. Daher bedarf es eines Angebotes kostenloser Sprach-und Integrationskurse. Die Teilnahme für den Antragsteller muss verpflichtend sein.

Und natürlich muss den Fluchtursachen vornehmlich in den Heimatländern begegnet werden. Kein Mensch lässt gern sein gesamtes Leben hinter sich zurück und flieht in die Fremde. Doch die Gründe, warum Menschen aus ihrem Land fliehen, lassen sich nicht so einfach beseitigen. Dazu bedarf es eines eng vernetzten Einsatzes humanitärer, diplomatischer, entwicklungspolitischer und wirtschaftlicher Instrumente. Nur durch enge Partnerschaften mit den betroffenen Ländern lässt sich langfristig etwas bewegen.

Den Beschluss habe ich Ihnen zur Information meiner Antwort beigefügt.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort behilflich sein und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

Katja Suding