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Katja Keul
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Frage von Michael S. •

Frage an Katja Keul von Michael S. bezüglich Innere Sicherheit

Tach auch!

Ich würde gerne wissen, da Sie zwar für den Einsatzes gegen Piraten, aber gegen die Verlängerung der OEF gestimmt.

Wie aber werden die deutschen und in der Zusammenarbeit mit den UN auch die anderen in diesem Gebiet tätigen Streitkräfte eine Unterscheidung treffen können, welcher dieser Fälle zutrifft?

Soweit ich richtig informiert bin, gibt es da doch unterschiedliche völkerrechtliche Grundlagen.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Siebert,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage zu den Entscheidungen über die Verlängerung der Operationen OEF und ATALANTA im Deutschen Bundestag. Lassen Sie mich kurz erläutern, weshalb meine Fraktion und ich für die EU-geführte Operation ATALANTA zur Bekämpfung der Piraterie vor der Küste Somalias und gegen die Verlängerung der "Operation Enduring Freedom" (OEF) gestimmt haben.

Sie verweisen zu Recht auf unterschiedliche völkerrechtliche Grundlagen der beiden Mandate. Die Operation ATALANTA ist völkerrechtlich klar legitimiert, völlig korrekt und mit dem Grundgesetz vereinbar. Diese gemeinsame Operation der Europäischen Union soll in erster Linie der Nahrungsmittelhilfe des Welternährungsprogramms sowie zivilen Schiffen Schutz bieten und Piraten durch Überwachung und Präsenz abschrecken (deter and protect). Bislang wurden Lieferungen von über 285.000 Tonnen Nahrungsmittel nach Somalia durch ATALANTA abgesichert. Seit Anfang Oktober hat die Anzahl der Angriffe saisonal bedingt jedoch wieder deutlich zugenommen. Derzeit befinden sich 8 Schiffe in der Hand somalischer Piraten. Deshalb befürworten wir weiterhin den Einsatz deutscher Fregatten und stehen als überzeugte Europäer und im Schulterschluss mit den Vereinten Nationen zu unserer Verantwortung für die Menschen in Somalia.

OEF hingegen ist nicht nur völkerrechtswidrig, sondern auch überflüssig und kontraproduktiv.
Völkerrechtswidrig, weil das Selbstverteidigungsrecht, auf das sich die zu Grunde liegenden Resolutionen bzw. Artikel 51 der UN-Charta bezieht, nicht mehr als Rechtfertigung für einen Einsatz dient. Denn dieses Recht besteht ausdrücklich nur so lange, bis der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen tätig geworden ist. Mit dem Beschluss über ISAF am 20. Dezember 2001 hat der Sicherheitsrat den Rahmen für die militärischen Maßnahmen geschaffen, das Selbstverteidigungsrecht wird somit obsolet.

Überflüssig ist vor allem die deutsche Beteiligung an OEF, die sich im wesentlichen auf die Combined Task Force am Horn von Afrika begrenzt. Dort besteht aber bereits das Mandat zur Bekämpfung von Piraterie im Rahmen von ATALANTA. Diese Parallelität der Einsätze führt dazu, dass die Fregatten regelmäßig umflaggen müssen - je nachdem, ob sie unter NATO, EU-ATALANTA oder nationalem Kommando fahren. Es fehlt also die Einsatzklarheit. Das ständige Umflaggen sollte der Besatzung nicht zugemutet werden, da ATALANTA als Grundlage für die dortigen Anti-Piraterie-Einsätze vollkommen ausreicht.

Außerdem ist OEF kontraproduktiv, was besonders in Afghanistan deutlich geworden ist.
Wo der Stabilisierungseinsatz unter ISAF erste Erfolge erzielte und Vertrauen schuf, wurde dieses durch die rücksichtslose Jagd nach Terroristen und den vielfachen Tod von Zivilisten wieder zunichte gemacht.

Mit freundlichen Grüßen

Katja Keul MdB

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