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Kathrin Vogler
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Frage von Ralf S. •

Hilft der "Moderna-Verzicht auf Patentschutz für Corona-Impfstoff...." am Ende wirklich "allen"?

Sehr geehrte Frau Vogler,

In einer von Ihnen verfassten Pressemitteilung (Newsletter) vom 09.03.2022 mit der Überschrift "Moderna-Verzicht auf Patentschutz für Corona-Impfstoff hilft am Ende allen", sprechen Sie von einem "qualitativ hochwertigen Impfstoff", der so in ärmeren Ländern dort der Bevölkerung zu Gute kommen könnte.

Folgende Fragen kamen mir dabei auf und beschäftigen mich seither.

1) Was verstehen Sie unter einem "qualitativ hochwertigen Impfstoff" und mit welchen Vergleichsstudien lässt sich diese Aussage rechtfertigen?

2) Welche Studien belegen, dass in Ländern mit geringer Impfquote, die Entstehung neuer Virusarten wahrscheinlicher ist, als in Ländern mit hoher Impfquote?

Ich freue mich auf Ihre Antwort und bedanke mich vorab.

Mit freundlichen Grüßen

Ralf S.

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Sehr geehrter Herr S.,

Sie fragen nach Belegen für die Zuschreibung "qualitativ hochwertiger Impfstoff" sowie für den Zusammenhang zwischen geringer Impfquote - gerade in ärmeren Ländern - und der Entstehung neuer Virusarten, obwohl die wissenschaftliche Forschung zur Pandemie im Allgemeinen und zum Impfgeschehen im Besonderen ausreichend dokumentiert und durch das Internet für jede*n Interessierte*n problemlos auch in allgemeinverständlicher Form zugänglich ist. Tatsächlich sind die Antworten auf Ihre Fragen inzwischen nicht nur wissenschaftlich umfassend dargelegt, sie gehören auch für die Mehrheit unserer interessierten Bevölkerung mittlerweile zum Allgemeinwissen. Trotzdem habe ich eine Stunde meiner aus Steuergeldern finanzierten Arbeitszeit darauf verwendet, Ihnen einige Quellen herauszusuchen. Im Gegenzug bitte ich Sie aber: Lassen Sie sich vollständig impfen. Wir verfügen über qualitativ hochwertige, sichere Impfstoffe. 62,9 Mio. Deutsche und 4,45 Mrd. Menschen weltweit haben sich bereits unter diesen Schutzschirm begeben.

Zu Ihrer ersten Frage: Hier möchte ich Sie auf die bisher umfangreichste Studie zur Sicherheit von COVID-19-mRNA-Impfstoff hinweisen. Sie wurde vom israelischen Clalit Research Institute in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler*innen der Harvard University durchgeführt und im August 2021 im New England Journal of Medicine veröffentlicht. Dort heißt es u.a., der mRNA-Impfstoff (hier Pfizer/BioNTech) ist sicher, schützt vor schweren Erkrankungen und verursacht nur sehr selten schwere Nebenwirkungen. Ich verstehe unter einem "qualitativ hochwertigen Impfstoff", dass er genau diese Voraussetzungen erfüllt. Vielleicht noch zwei Zitate zur Studie:        

* Prof. Ran Balicer, Hauptautor der Studie, Direktor des Clalit Research Institute und Chief Innovation Officer bei Clalit: "Diese Ergebnisse zeigen überzeugend, dass dieser mRNA-Impfstoff sehr sicher ist und dass die Alternative der 'natürlichen' Morbidität, die durch das Coronavirus verursacht wird, eine Person einem signifikanten, höheren und viel häufigeren Risiko für schwerwiegende unerwünschte Ereignisse aussetzt. Diese Daten sollten eine fundierte individuelle Risiko-Nutzen-Entscheidung erleichtern und sind unserer Ansicht nach ein starkes Argument für eine Impfung, insbesondere in Ländern, in denen das Virus derzeit weit verbreitet ist"      

* Prof. Ben Reis, Direktor der Predictive Medicine Group am Boston Children's Hospital Computational Health Informatics Program und an der Harvard Medical School: "Diejenigen, die bisher gezögert haben, sich impfen zu lassen, weil sie Bedenken wegen sehr seltener Nebenwirkungen - wie Myokarditis - hatten, sollten sich bewusst sein, dass das Risiko für eben diese Nebenwirkungen bei nicht geimpften Infizierten tatsächlich höher ist."

Quellen:

Original-Artikel in The New England Journal of Medicine: https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2110475?query=featured_home <https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2110475?query=featured_home>

http://clalitresearch.org/largest-real-world-study-of-covid-19-vaccine-safety-published-by-israels-clalit-research-institute-in-the-new-england-journal-of-medicine/ <http://clalitresearch.org/largest-real-world-study-of-covid-19-vaccine-safety-published-by-israels-clalit-research-institute-in-the-new-england-journal-of-medicine/>

ttps://hms.harvard.edu/news/covid-19-vaccine-safety <https://hms.harvard.edu/news/covid-19-vaccine-safety>

Zur Sicherheit der mRNA-Impfstoffe bei uns gibt es zudem Informationen unter https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/FAQ_Liste_Sicherheit.html <https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/FAQ_Liste_Sicherheit.html>

Zu Ihrer zweiten Frage: Alle wissenschaftlichen Studien, die das Ausbreitungsverhalten  des Coronavirus beobachten, kommen zu dem Ergebnis, dass sich insbesondere in den Teilen der Welt weitere Virusvarianten entwickeln, in denen die Impfquote besonders niedrig und die Infektionsrate besonders hoch ist. Je mehr Infektionen, desto größer die 'Chance' für eine weitere Evolution des Virus. Dieser statistische Zusammenhang ist einer der Hauptgründe, den weltweiten Einsatz von COVID-19-Impfstoffen voranzutreiben. Es ist von entscheidender Bedeutung,  dass sich möglichst viele Menschen weltweit impfen lassen und andere Maßnahmen (wie das Tragen von Masken) ergreifen, um die Verteilung des Virus wirksam einzudämmen. Gerade ärmere Länder mit einer schlechten Gesundheitsversorgung müssen deshalb dabei unterstützt werden, ihre Impfkampagnen zu verstärken und Maßnahmen zur Prävention zu intensivieren.

Auch hierzu einige Quellen:

Aus dem Ärzteblatt, Sep. 2021, zu einer neuen Studie der Universität in Stellenbosch bei Kapstadt: "Die Studie zeigt, dass Afrika ein fruchtbarer Boden für neue Varianten ist. Gefördert wird dies laut de Oliveira durch die niedrige Impfquote. Sie liegt in den meisten Ländern bei unter 1 % der Gesamtbe­völkerung. Ausnahmen bilden die Seychellen, wo 70 % der Bevölkerung geimpft sind, und Marokko mit einer Impfquote von etwa 16 % (Mitte März). Ruanda gelang es innerhalb weniger Wochen, 2,5 % der Bevölkerung einmalig zu impfen."

ttps://www.aerzteblatt.de/nachrichten/127247/SARS-CoV-2-Afrika-koennte-zur-Brutstaette-neuer-Varianten-werden <https://portala.dbtg.de/nachrichten/127247/,DanaInfo=www.aerzteblatt.de,SSL+SARS-CoV-2-Afrika-koennte-zur-Brutstaette-neuer-Varianten-werden>

Dazu auch eine Pressemeldung der American Association for the Advancement of Science: "Ihre Analyse deutet auch darauf hin, dass die Zahl der Fälle in afrikanischen Ländern wahrscheinlich um ein Vielfaches höher war als berichtet und dass weitere Wellen der Pandemie schwerwiegender waren. In der Folge entstanden Varianten mit hoher Übertragungsrate, die sich innerhalb des Kontinents verbreitet haben. 'Wenn die Pandemie in Afrika nicht unter Kontrolle gebracht wird', so die Autoren, 'könnte es zur Entstehung von Varianten kommen, die dem Impfstoff entkommen und die Bevölkerung in Afrika und auf der ganzen Welt stark beeinträchtigen'." https://www.eurekalert.org/news-releases/928037 <https://portala.dbtg.de/news-releases/,DanaInfo=www.eurekalert.org,SSL+928037>

Quelle der Studie: https://www.science.org/doi/10.1126/science.abj4336 <https://portala.dbtg.de/doi/10.1126/,DanaInfo=www.science.org,SSL+science.abj4336>

Aktuell aus The Lancet: "Die Ungleichheit bei der Verteilung des COVID-19-Impfstoffs verlängert die Pandemie und begünstigt das Auftreten neuer Varianten mit dem Potenzial, das Immunsystem zu umgehen, schwere Krankheitsverläufe hervorzurufen und sich global auszubreiten. Dies hat sich gezeigt bei der Entdeckung der Delta-Variante (B.1.617.2), in Indien und der Omikron-Variante (B.1.1.529) im südlichen Afrika." (The Lancet, https://www.thelancet.com/pdfs/journals/laninf/PIIS1473-3099(22)00011-1.pdf <https://portala.dbtg.de/pdfs/journals/laninf/,DanaInfo=www.thelancet.com,SSL+PIIS1473-3099(22)00011-1.pdf> , Februar 2022)

Mit freundlichen Grüßen

Kathrin Vogler

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