Portraitfoto von Kasimir Romer, Kandidat in den Wahlkreisen Ulm und Biberach
Kasimir Romer
Volt
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Kasimir Romer zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Enzo R. •

Frage an Kasimir Romer von Enzo R. bezüglich Energie

Hallo,

1. Wie würden Sie die Netzstabilität in Deutschland gewährleistet, ohne auf Eingriffe vom Ausland angewiesen zu sein oder gezielten Stromabschaltungen?

2. Wie würden Sie verhindern, dass ein flächendeckender Blackout entsteht?

3. Welchen Energiemix würden Sie als zukunftssicher erachten? Auch im Hinblick auf
den steigenden Stromverbrauch durch die Elektrifizierung des Straßenverkehrs und dem Aspekt der Versorgungssicherheit

4. Sehen Sie bei der Elektrifizierung Unterschiede zwischen Land und Stadt?

5. Wie wollen Sie gewährleisten, dass auch niedrige Einkommen von der Subventionierung von Elektro-Fahrzeugen profitieren und in einem Wohnblock bzw. Mietshaus ihr Fahrzeug jederzeit aufladen können?

6. Welche Umweltbelastungen sehen Sie im Zusammenhang mit der Elektrifizierung in Deutschland und global? Ebenfalls, welche positiven Auswirkungen sehen Sie in diesem Zusammenhang?

7. Deutschland hat im internationalen Vergleich hohe Strompreise. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Strompreise stabil zu halten oder zu senken?

Regenerative Energie ist notwendig, um den Ausstoß von CO2 zu reduzieren.
Allerdings sind regenerative Energien nur gering Grundlast tauglich und stark wetterabhängig.
Für die Netzstabilität ist Deutschland zunehmend von ausländischen Stromanbietern abhängig, die Strom aus grenznahen AKWs oder Kohlekraftwerke liefern oder teilweise zu Preisen unterhalb der Erzeugungskosten abnehmen.

Ebenfalls gewinnt die Versorgungssicherheit in letzter Zeit über das Thema Blackout an Bedeutung. Vor kurzem wurde durch den Ausfall von rumänischen Kraftwerken die Versorgungssicherheit auf die Probe gestellt

Auch die Elektrifizierung des Straßenverkehrs stellt eine große Herausforderung dar.
Angefangen bei der Gewinnung von Ressourcen zu Herstellungen von Leitungen und Stromspeichern bis hin zu infrastrukturellen Maßnahmen zur Stromversorgung von Elektro Fahrzeugen und deren Entsorgung.

Danke !

Portraitfoto von Kasimir Romer, Kandidat in den Wahlkreisen Ulm und Biberach
Antwort von
Volt

Hallo,

vielen Dank für die ausführlichen Fragen!

Eines muss ich gleich vorweggreifen: die meisten der folgenden Antworten beziehen sich nicht nur auf Baden-Württemberg, sondern auf ganz Deutschland und Europa. Deshalb beziehe ich mich im Folgenden insbesondere auf das Grundsatzprogramm von Volt Deutschland, das unter https://assets.volteuropa.org/2021-01/2020_12_22_Grundsatzprogramm_DE.pdf zu finden ist.

Für uns bei Volt ist es wichtig, dass “die Energiewende nicht lediglich als Stromwende betrachtet” wird. Das heißt: die Energiewende betrifft nicht nur den Strom, sondern vielmehr jegliche verbrauchte Energie! Also auch Energie für Heizkraftwerke, Fernwärme oder -kälte, etc.!

Auf die konkreten Fragen möchte ich wie folgt antworten:

1. Wie würden Sie die Netzstabilität in Deutschland gewährleistet, ohne auf Eingriffe vom Ausland angewiesen zu sein oder gezielten Stromabschaltungen?

Volt strebt eine gesamteuropäische Energiestrategie an, die die CO2-Neutralität priorisiert.

Das Ziel ist die Befähigung von Kommunen, mit kleineren, regionalen Projekten ihren Energiebedarf aus nachhaltigen Energiequellen lokal zu decken. Dementsprechend ist auch eine Abkehr von dem Gedanken der „Grundlast” vonnöten, es sollte eher um eine Grundversorgung und die Residuallast (also die Last, die zu einen bestimmten Zeitpunkt nicht von Wind und Sonne abgedeckt werden kann) gehen. Die Stromerzeugung, -speicherung und der -verbrauch werden in Zukunft flexibler gehandhabt werden müssen, wobei den „Smart Grids” eine hohe Bedeutung zukommt, da diese es ermöglichen, in Zeiten von schwankender Produktion von Strom aus Wind und Sonne, Speicher und Biogasanlagen flexibel an- und abzuschalten.

2. Wie würden Sie verhindern, dass ein flächendeckender Blackout entsteht?

Unser gegenwärtiger Fokus liegt voll und ganz auf dem Ausbau von erneuerbaren Energien, um unsere Klimaziele zu erreichen. Hierdurch wird ein vorrangig dezentrales Energienetz entstehen, welches sich grundlegend von der bisherigen Philosophie der Grundlast-Kraftwerke unterscheidet.

Insbesondere ein dezentrales Energienetz bietet den Vorteil, dass bei Ausfall einer Komponente nur ein sehr kleiner Nutzerkreis (bestenfalls nur ein Gebäude) betroffen ist.

3. Welchen Energiemix würden Sie als zukunftssicher erachten? Auch im Hinblick auf den steigenden Stromverbrauch durch die Elektrifizierung des Straßenverkehrs und dem Aspekt der Versorgungssicherheit.

Volt fordert einen schrittweisen Kohleausstieg in Deutschland bis 2030. Als Übergangslösung hin zu einer komplett erneuerbaren Energieerzeugung sollen für den Lastenausgleich in Zeiten, in denen kein regenerativer Strom erzeugt werden kann, Gaskraftwerke eingesetzt werden, die eine deutlich höhere Flexibilität und bessere Klimabilanz als Kohlekraftwerke bieten. Sobald wirtschaftlich und technologisch möglich, soll fossiles Gas durch synthetisches Gas ersetzt, sowie der Strom möglichst aus Zwischenspeichern, wie z.B. Batteriespeichern, genutzt werden.

Die Möglichkeit, Strom flexibel und dezentral zu speichern, kann dabei helfen, die Produktionsspitzen und -minima abzufedern. Volt unterstützt hier ebenfalls die Erforschung und Umsetzung der Sektorkopplung. Grundsätzlich ist es dann auch sinnvoll, Flexibilisierungsmöglichkeiten zu fördern, wie bspw. ein intelligentes Lastmanagement. Dies kann helfen, den Bedarf nach Speicherung und damit die entstehenden Kosten zu reduzieren. Auch Elektroautos sollen, wenn möglich, in das Lastmanagement des Stromnetzes einbezogen werden.

Atom- oder Kohlekraftwerke sind für die Abdeckung der Residuallast (die schwankende Restlast, die nicht von Wind und Sonne abgedeckt wird bzw. überproduziert wird) eher ungeeignet, da sie nur wirtschaftlich betrieben werden können, wenn sie möglichst dauerhaft auf Vollast laufen. Daher stellen sie keine sinnvolle Ergänzung zu den erneuerbaren Energiequellen dar und würden deren Ausbau eher hemmen.

4. Sehen Sie bei der Elektrifizierung Unterschiede zwischen Land und Stadt?

Wenn Sie sich auf die Elektrifizierung von Fahrzeugen beziehen: bisher war es so, dass Elektroautos vorrangig im Stadtverkehr, also für kurze Strecken, geeignet war. Angesichts dessen, dass sich die Batterietechnologie momentan rasant weiterentwickelt, ist es bereits jetzt auch auf dem Land mit weiteren Strecken ohne Probleme möglich, ein Elektroauto zu nutzen. Durch stetig besser werdende Ladetechniken wird auch der Ladevorgang immer schneller vonstatten gehen, sodass man an der Ladestation nur unwesentlich länger warten muss als an der Tankstelle. Aus diesen Gründen würde ich, insbesondere mit mittelfristigem Blick, keine Unterscheidung zwischen Stadt und Land machen, was elektrisch betriebene Fahrzeuge betrifft.

5. Wie wollen Sie gewährleisten, dass auch niedrige Einkommen von der Subventionierung von Elektro-Fahrzeugen profitieren und in einem Wohnblock bzw. Mietshaus ihr Fahrzeug jederzeit aufladen können?

Volt möchte klimafreundliche Antriebstechnologien steuerlich fördern und fordert, dass bestehende steuerliche Begünstigungen oder Subventionen für Fahrzeuge überarbeitet und streng auf Klimafreundlichkeit ausgerichtet werden.

Durch den Gesetzgeber ist bereits geregelt, dass Mieter:innen eine Ladeinfrastruktur für elektrisch betriebene Fahrzeuge fordern können ( https://dejure.org/gesetze/BGB/554.html ).

Über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wird die Errichtung von Ladeinfrastruktur bereits zu großen Teilen gefördert: https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Privatpersonen/Bestehende-Immobilie/Ladestationen-f%C3%BCr-Elektroautos/ .

Insbesondere für eine dezentrale Energiegewinnung ist aus meiner Sicht aber nicht nur der Fokus auf die Ladeinfrastruktur zu legen, sondern insbesondere auch die Speicherung von Strom. Hier möchte ich mich dafür einsetzen, dass auch dies ermöglicht wird.

6. Welche Umweltbelastungen sehen Sie im Zusammenhang mit der Elektrifizierung in Deutschland und global? Ebenfalls, welche positiven Auswirkungen sehen Sie in diesem Zusammenhang?

Dadurch, dass unser Fokus, wie oben bereits genannt, voll auf erneuerbaren Energieträgern basiert, sehe ich kaum steigende Umweltbelastungen. Ein gerne genanntes Argument ist, dass Batterien am Ende ihres Lebenszyklus nicht verwertet werden können. Das mag in den Anfangszügen der Elektromobilität eine Rolle gespielt haben, inzwischen lassen sich die Batterien der E-Autos hervorragend recyceln. Außerdem können sie nach ihrem Einsatz in E-Autos, wenn sie nicht mehr die volle Kapazität haben, im “second life” beispielsweise in Pufferspeichern im stationären Bereich (vgl.: https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/elektromobilitaet/info/elektroauto-akku-recycling/) verwendet werden. Erst nach ca. 20 Jahren müssen die Akkus dann tatsächlich recycelt werden.

Dagegen überwiegen natürlich die positiven Auswirkungen: Durch den Wegfall von fossilen Brennstoffen werden mit der Zeit immer weniger Schadstoffe ausgestoßen, was für uns Menschen, aber auch für die gesamte Tier- und Pflanzenwelt positive gesundheitliche Auswirkungen hat. Außerdem kann so die Erderwärmung auf ein verträgliches Maß reduziert werden, was in jedem Fall das Ziel sein muss.

Man darf gerade bei der Verwendung von Batterien aber natürlich auch nicht deren Herstellung vergessen. Wie bei vielen Elektronik-Produkten werden viele seltene Rohstoffe benötigt, die Teils noch von Kindern in Minen ohne nennenswerte Sicherheitsvorkehrungen abgebaut werden ( https://www.golem.de/news/lithium-ionen-akkus-kinderarbeit-in-kobaltminen-fuer-apple-microsoft-und-samsung-1601-118605.html ). Aber auch hier macht die Forschung kontinuierliche Fortschritte neue Techniken zu erschließen ( https://www.golem.de/news/akkutechnik-in-zukunft-kommen-akkus-mit-weniger-seltenen-rohstoffen-aus-2002-146190.html). Wir sind hier also auf einem sehr guten Weg, auch diese Umweltbelastungen zu reduzieren.

7. Deutschland hat im internationalen Vergleich hohe Strompreise. Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Strompreise stabil zu halten oder zu senken?

Ein Ziel von Volt Deutschland ist es, den Strompreis in Deutschland dauerhaft auf ein stabiles, niedriges Niveau zu bringen. Gleichzeitig soll die Förderung von Erneuerbare-Energie-Anlagen weiterhin fortgesetzt werden. Um dies zu erreichen könnte ich mir vorstellen, die EEG-Umlage als Bestandteil des Strompreises und als Instrument zur Finanzierung der EEG-Vergütung abzuschaffen und durch eine Finanzierung über eine leicht erhöhte Stromsteuer und die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung zu ersetzen.

In den obigen Punkte wurden auch schon die Themen Grundlast und Wetterabhängigkeit angesprochen. Wir sind überzeugt, dass moderne und flexible Systeme auch mit erneuerbaren Energien ein zuverlässiges Stromnetz liefern können. Das heißt aber auch, dass die Stromnetze weiter und besser vernetzt sein müssen, sie müssen digitaler werden.

Ich möchte unter allen Umständen verhindern, dass erneut die gleichen Fehler wie schon 2011 gemacht wurden: hier wurde ein ganzer innovativer Industriezweig von der Politik wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen: https://de.wikipedia.org/wiki/Photovoltaik_in_Deutschland#Situation_der_deutschen_Solarindustrie. Die Technologie kaufen wir jetzt teuer aus dem Ausland wieder ein.

Daher sehe ich in der Energiewende weniger eine Herausforderung, als eine Chance, dass Deutschland, und Baden-Württemberg insbesondere, mit innovativen ingenieurtechnischen Produkten punkten kann.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.

Mit besten Grüßen

Kasimir Romer