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Karin Strenz
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Frage von Mirko T. •

Frage an Karin Strenz von Mirko T. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Strenz! Mich beschäftigt immer noch die Finanzierung eventuell eintretender Bürgschaftszusagen der Bundesrepublik Deutschland in der Euro-Rettung! Würden Sie einem Gesetzesentwurf ,ähnlich dem zypriotischen Entwurf,zur Heranziehung aller Sparanlagen oder eines Anteils dieser zur Rettung von Banken ,bzw einer Abwendung eines bundesdeutschen Staatsbankrotts zustimmen? Würden Sie bitte mit JA oder NEIN antworten und dann Ihre Antwort begründen! Mit freundlichen Grüßen Mirko Timm

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Sehr geehrter Herr Timm,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Es gibt keinen Automatismus für europäische Hilfsprogramme. Das haben die Verhandlungen über das Hilfsprogramm für Zypern erneut gezeigt. Es gilt weiterhin der Grundsatz: Wenn Hilfe, dann unter strikter Konditionalität. Das Empfängerland erhält durch die temporären Hilfskredite die Chance, über das Nachholen verpasster Strukturreformen und Konsolidierungsmaßnahmen wieder auf die eigenen Beine zu kommen. Das hilft dem Land und seinen Bürgern. Die kurzfristige Anpassungslast mag hart sein, da in kurzer Zeit viel nachgeholt werden muss. Sie wird aber auch durch weitere Hilfen wie zum Beispiel über die europäischen Strukturfonds abgemildert. Unter dem Strich zählt, dass das Land mittel- bis langfristig wieder eine Per­spektive erhält - und zwar innerhalb der Eurozone.

Im Fall Zypern hat die Bundesregierung durch hartes und unnachgiebiges Verhandeln ein gutes Ergebnis erzielt. Im Sinne einer fairen Lastenteilung müssen sich Eigentümer, Gläubiger und Einleger der Banken an den Kosten der Bankenrestrukturierung beteiligen. Der zyprische Bankensektor wird auf ein nachhaltiges Niveau verkleinert. Die Einnahmebasis des Staates wird verbessert und die Haushaltskonsolidierung sowie weitere Strukturreformen für mehr Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit vorangetrieben. Auch die Fragen rund um die Geldwäsche werden angegangen.

Das Programm ist auf 10 Mrd. Euro begrenzt. Dadurch wird die Schuldentragfähigkeit Zyperns wieder hergestellt und das Land in die Lage versetzt, seine Schulden wieder selbst zu meistern. Die Programmmittel werden nicht zur Rekapitalisierung der Laiki Bank oder der Bank of Cyprus verwendet. Das Programm soll vor allem der Haushaltsfinanzierung sowie in geringem Umfang der Umstrukturierung des übrigen Bankensektors dienen. Einlagen bis 100.000 Euro sind vollständig geschützt. Der zyprische Bankensektor leistet durch umfassende Beteiligung der Eigentümer und Anleihegläubiger sowie durch die teilweise Heranziehung der Einlagen über 100.000 Euro bei den beiden größten Banken seinen Beitrag. Die Größe des einheimischen Bankensektors soll auf EU-Durchschnitt sinken. Ohne eine Verringerung der Größe des weit überdimensionierten Bankensektors würden dauerhaft hohe Risiken für die Solvenz des zyprischen Staates bestehen bleiben. Wichtig ist, dass der russische Kredit an Zypern vor der endgültigen Zustimmung zum Programm verlängert wird. ESM-Gelder dürfen nicht zur Ablösung des russischen Kredits herangezogen werden.

Auf Basis der vereinbarten Programmeckwerte unterstütze ich das Hilfsprogramm ausdrücklich. Eine unkontrollierte Staatsinsolvenz wäre derzeit weitaus problematischer. Dabei sind vor allem mögliche Auswirkungen auf andere Mitgliedstaaten der Währungsunion zu beachten. In der jetzigen, weiterhin sehr fragilen Lage der Eurozone würde eine Staatsinsolvenz Zyperns sehr wahrscheinlich eine heftige „Schockwelle“ auslösen und die unsichere Lage weiter verschärfen. Vor diesem Hintergrund stellt sich der Versuch, den in Schwierigkeiten geratenen Mitgliedsstaat unter strikter Konditionalität zu stützen weitaus weniger risikoreich auch für unsere deutschen Interessen dar.

Bei einer Staatsinsolvenz und einem dann wahrscheinlich zwingendem Austritt aus der Eurozone würde es zudem im betroffenen Land selbst zu massiven Auswirkungen kommen. Banken, Versicherungen, Rentenfonds und damit hauptsächlich Privatanleger wären betroffen, da Anleihen bzw. Guthaben trotz eines Währungswechsels noch immer in Euro dotiert wären und entsprechend kaum zum halbwegs akzeptablen Wert abgelöst werden dürften. Diese Situation wäre für die Menschen im betroffenen Land weitaus schlimmer als unter einem Hilfsprogramm. Darüber hinaus wäre dem Land jede Chance genommen, sich in halbwegs überschaubarer Zeit selbst wieder an den Kapitalmärkten finanzieren zu können.

Letztlich muss nach eingehender ökonomischer Analyse politisch abgewogen werden, welche Handlungsoption die beste ist. Die EU-Kommission hat in Zusammenarbeit mit der EZB gegenüber der Eurogruppe eine Gefährdung der Finanzstabilität in Europa dargelegt. Sie betont dabei die unmittelbaren Gefahren für die Finanzstabilität Griechenlands sowie weitere potenzielle Auswirkungen auf den gesamten Euroraum, die erneut Zweifel am Bestand der gemeinsamen Währung auslösen könnten. Dieses Risiko möchte ich nicht eingehen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion steht zu einem stabilen Euro, und das Hilfsprogramm kann einen substanziellen Beitrag dazu leisten. Kommt es zum Hilfsprogramm, ist Zypern gefordert, seine Zusagen einzuhalten und umzusetzen.

Unbestritten ist, dass die Menschen die Leidtragenden verfehlter Politik in den betroffenen Ländern sind. Denn nicht die Eurogruppe oder gar einzelne Länder sind für die Situation in den Empfängerländer verantwortlich, sondern die dortige Politik. Die derzeitigen Proteste insbesondere gegen Deutschland sind daher ärgerlich und unangemessen, ist doch Deutschland ein wesentlicher Garant für Stabilität in Europa. Wir stehen zu einer stabilen Währungsunion, daher leisten wir über die Rettungsschirme einen solidarischen Beitrag, der auch bei uns zu Hause nicht immer einfach zu vermitteln ist. Es ist unakzeptabel, dass zum Beispiel in der zyprischen Öffentlichkeit gerade Deutschland für die gegenwärtige Lages des Landes verantwortlich gemacht wird. Die Verantwortung dafür kann Zypern nicht woanders abladen. Die Wut und Besorgnis bei den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern ist menschlich nachvollziehbar. Wir müssen aber aufpassen, dass die Krise keinen Keil zwischen die Länder der Eurozone treibt. Wir können die Krise nur gemeinsam meistern - dass sich das lohnt, davon bin ich fest überzeugt.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Karin Strenz