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Jürgen Trittin
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Frage von Uwe C. •

Warum ist Ihnen die Meinung der Mehrheit der Bürger in Sachen Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke egal?

In den Medien (Nachrichtensender im Fernsehen) sind Sie mit etwa folgender Aussage zur Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke in Deutschland zitiert wurden:
"Wir dürfen uns jetzt nicht von Meinungsumfragen leiten lassen, sondern den beschlossenen Ausstieg aus der Atomkraft zum 15.4.2023 vollziehen!"
Sicher, der Ausstieg aus der Kernenergie muß kommen, sehe ich auch so. Aber, die Situation unserer Energieversorgung hat sich seit dem Februar 2022 dramatisch geändert.

Trotzdem interessiert Sie die Meinung der Bürger, die aktuell überwiegend für eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke sind, wie es aussieht überhaupt nicht!

Können Sie dies bitte erklären?

Wenn alle Nachbarländer sogar noch neue Atomkraftwerke bauen, bringt mir das kein bischen mehr an Sicherheit!

Und die Energiepreise werden nach dem Abschalten der letzten Meiler für den Bürger weiter steigen,

Und Sie interessiert die Meinung der Bürger, von dessen Geld Sie seit 18 Jahren hervorragend leben, nicht? Warum nicht?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr C.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Das Zitat lautet korrekt: „Wir sind gut beraten, den Atomausstieg nicht von Umfragen abhängig zu machen.“ und stammt aus einem Interview mit dem Tagesspiegel (https://www.tagesspiegel.de/politik/ex-umweltminister-jurgen-trittin-der-atomausstieg-ist-keine-grunen-veranstaltung-9642005.html). Dort können Sie auch nachlesen, in welchen Zusammenhang diese Sätze geäußert worden.

Atomkraftwerke sind eine ständige Bedrohung für unsere Sicherheit (Stichwort: Tschernobyl, Fukushima), produzieren Unmengen an hochradioaktivem Müll, der uns noch über eine Million Jahre belasten wird, und sind darüber hinaus deutlich teurer und klimaschädlicher als erneuerbare Energien.

Atomkraft wird für die Versorgungssicherheit in Deutschland nicht mehr benötigt.

Sie sind sogar – das zeigte das Beispiel Frankreich im letzten Jahr deutlich – ein Risiko für die Versorgungssicherheit. Das Durchschnittsalter der Atomkraftwerke in der EU liegt bei über 35 Jahren, obwohl sie meistens nur für eine Laufzeit von 30-40 Jahren konzipiert wurden. Das hohe Alter führt dazu, dass Europas Atomkraftwerke zunehmend störanfällig und unsicher werden. Das zeigen die maroden Kraftwerke in Frankreich und Belgien, mit vielen Ausfällen, einem hohen Wartungsaufwand und Sicherheitsrisiken. Auch deutsche AKWs hatten immer wieder Zwischenfälle und mussten heruntergefahren werden. Heiße Sommer und Dürren führen dazu, dass AKWs schlechter oder gar nicht mehr gekühlt werden können und ausfallen. Ein Trend, der sich weiter verschärfen wird. Und bei Brennstäben sind viele Kraftwerke von russischem Uran und damit Putins Regime abhängig.

In ihrem Bericht zur Stromversorgungssicherheit vom Januar 2023 hat die Bundesnetzagentur nochmal klargestellt, dass die Stromversorgung Deutschlands auch nach dem Atomausstieg gesichert ist. AKW hatten nur noch einen Anteil von 5% ab der Stromerzeugung, das wird kurzfristig durch flexible andere Kraftwerke ersetzt (z.Z. Gas und Kohle) und mittelfristig durch die ansteigende Stromproduktion durch Erneuerbare, die im vergangenen Monat bereits einen Anteil von über 50% erreichte.

Auch CO2-neutral ist Atomkraft nicht. Der Uranabbau ist umweltzerstörend und mit CO2-Emissionen verbunden; ebenso wie der Transport und die Anreicherung von Uran. Nimmt man noch den Bau und die Instandhaltung der AKW sowie die Endlagerung hinzu, steigt der CO2-Ausstoß weiter. Nach Berechnungen des Weltklimarats IPCC können Atomkraftwerke in der Gesamtbetrachtung bis zu zehn Mal mehr CO2 ausstoßen als z.B. Windanlagen an Land.

Seit mehr als 10 Jahren ist der Atomausstieg beschlossene Sache. Damit wurde ein gesellschaftlicher Großkonflikt befriedet. Zur Abschaltung der hochriskanten Atomtechnologie haben sich in den letzten Jahren von Union, FDP bis Linke, SPD und uns Grünen alle demokratischen Parteien und auch die Vorgängerregierung bekannt. In der Ampel ist der Ausstieg durch den gemeinsamen Koalitionsvertrag und die Richtlinienkompetenzentscheidung des Kanzlers bestätigt.

Der Atomausstieg ist eine gute Entscheidung und ein großer Grüner Erfolg.

Mehr Informationen zum Atomausstieg finden Sie auf unserer Webseite: https://www.gruene-bundestag.de/themen/atomausstieg

 

Mit freundliche Grüßen

Team Trittin