Portrait von Joschka Langenbrinck
Joschka Langenbrinck
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Joschka Langenbrinck zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Tom M. •

Frage an Joschka Langenbrinck von Tom M. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrter Herr Langenbrinck

Die Verschuldung der Stadt beträgt nun mittlerweile stolze 63 Mrd. Euro. Geld welches der Stadt und Ihren Menschen fehlt, ob für soziale Projekte oder die Stadtentwicklung. Nun frage ich mich natürlich, wie diese Schulden entstanden sind und wer den Berg abtragen darf. Vor allem, wie lange würde es dauern, bis wir als Stadt diese Last geschultert haben. Deshalb explizit

- Was hat uns der "Berliner Bankenskandal" ( http://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Bankenskandal ) gekostet, bzw. mit wieviel belastet er noch immer den Haushalt und wie wurde er von Ihrer Partei aufgearbeitet?

- Wie können Schulden in solchem Umfang getilgt werden, wenn man bedenkt, dass selbst die Zinszahlung je Jahr und Bürger bei etwa 700 Euro liegen dürften?

- Wieviele soziale Projekte und wieviel Stadtentwicklung wäre möglich, würden diese Schulden nicht in dem Maße bestehen? Hierbei interessiert mich insbesondere, wie Sie den Verlauf der Berliner Schulden ohne die Sonderbelastung durch Bürgschaften, für die Rettung der Bankgesellschaft Berlin sehen

Die Frage nach den Profiteuren möchte ich hier aussen vor lassen, jedoch fragen ich mich, ob nicht die Verluste sozialisiert und vom Steuerzahler getragen werden müssen, während wir für die verbleibenen Anteile nur einen Bruchteil dessen erhalten haben, was die Rettung gekostet haben dürfte.

Mit freundlichen Grüßen

Tom Meyer

Portrait von Joschka Langenbrinck
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Meyer,

vielen Dank für Ihre Fragen. Ich freue mich, dass Sie meine Einschätzung teilen, dass der Schuldenberg unserer Stadt eins der drängensten Probleme ist.

Nach dem II. Weltkrieg zog ein Großteil der Industrie aufgrund der Aufteilung Berlins in vier Sektoren, der anschließenden Teilung unserer Stadt in West und Ost und der ungewissen Zukunft ab. Das führte dazu, dass der Öffentliche Dienst Berlins aufgebläht wurde, um Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Bis zum Mauerfall hat die Bundesrepublik Deutschland daher jedes Jahr ausgleichend Milliarden DM "Berlin-Hilfe" nach West-Berlin überwiesen. Weil das Geld floss, lebte Berlin jahrzehntelang über seine Verhältnisse.

Als die Mauer fiel, zog der Großteil der noch verbleibenden Industrie aus Berlin ab, weil mit der Wiedervereinigung die Steuervergünstigungen der Bundesrepublik Deutschland für Unternehmen mit Produktionsstätten in West-Berlin wegfielen. Auch die Berlin-Hilfe wurde ersatzlos vom Bund gestrichen.

Diese Ursachen und wiedervereinigungsbedingte Ausgaben führten in erheblichem Maße zur Verschuldung Berlins.

Klaus Wowereit und die SPD haben darauf reagiert und als erste Landesregierung den Haushalt konsolidiert: 2006 und 2007 wurde nach erheblicher Kraftanstrengung jeweils ein ausgeglichener Landeshaushalt vorgelegt, 2007 wurden sogar Schulden abgebaut. Dann kam leider die von der Landespolitik unverschuldete internationale Finanzkrise, die sich zu einer Weltwirtschaftskrise entwickelte - mit der Folge, dass Arbeitsplätze abgebaut wurden, Steuereinnahmen wegbrachen und die Neuverschuldung wieder stieg.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Solidarpakt-Mittel bis 2019 auslaufen und durch Einsparungen ausgeglichen werden müssen. Zudem greift ab 2020 die Schuldenbremse für die Bundesländer. Und ein Großteil des Landeshaushalts besteht aus Pflichtausgaben, z.B. Hartz IV, Wohngeld, Hilfen zur Erziehung. Das begrenzt den politischen Handlungsspielraum (beim Gestalten und Sparen).

Wir müssen auch zukünftig den Rotstift ansetzen, um den Anforderungen der verfassungsrechtlichen Schuldenbremse gerecht zu werden. Klar ist: Sparen werden wir - wie in den letzten zehn Jahren - überall, aber nicht bei der Bildung.

Wie lange es dauern wird, bis der Schuldenberg abgetragen sein wird, hängt von den Steuereinnahmen des Landes ebenso ab wie von der Entscheidung, wie viel jährlich wo eingespart werden soll. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen.

Das Land Berlin gibt jedes Jahr ca. 4 Mrd. Euro für Sozialprojekte aus. Das ist eine Menge Holz. Wie viele weiteren Sozialprojekte, Stadtentwicklungsprojekte oder Sonstiges finanziert werden könnten bzw. würden, wenn die erhebliche Zinszahlung des Schuldenbergs nicht bestünde, kann ich Ihnen nicht aufrechnen.

Abschließend kurz zum Bankenskandal: Die SPD hat als Konsequenz des Skandals die Regierungskoalition 2001 mit der CDU aufgekündigt. Thilo Sarrazin hat als Finanzsenator anschließend einen guten Job gemacht, da unter seiner Federführung u.a. die Landesbank Berlin für viele Mrd. Euro verkauft wurde (was auch dazu führte, dass das Land Berlin in der Finanzkrise nicht so extrem ins Schleudern geriet wie andere Bundesländer) und die Belastung des Bankenskandals für den Landeshaushalt durch diese Maßnahme in erheblichem Maße gemindert.

Welche Altlasten des Bankenskandal heute noch im Landeshaushalt schlummern, kann ich Ihnen leider nicht sagen. Das ändert auch nichts an der Situation, wie sie ist: 63 Mrd. Euro sind kein Pappenstiel.

Ich werde mich dafür einsetzen, dass am konsequenten Sparen der letzten zehn Jahre - mit Ausnahme der Bildung - nicht gerüttelt wird. Denn die Schulden von gestern sind die Kosten von heute und gefährden die Zukunft unserer Stadt.

Freundliche Grüße

Joschka Langenbrinck