Johannes Koch (DIE LINKE, Wahlkreis Aachen II)
Johannes Koch
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Frage von Kurt R. •

Die sanktionsfreie Grundsicherung: 1x beantragen - ein Leben lang beziehen? Und andere machen Altenpflege, Verkauf, Fabrikarbeit etc., weil Ihnen für ihr Leben nichts Besseres einfällt?

Sehr geehrter Herr Koch,
würden Sie mir bitte Ihre Vorstellungen von einem funktionierenden Gemeinwesen darlegen, das auf der Grundlage der in der o.g. Fragestellung / Forderung gelingen soll? Wie sollen Jugendliche motiviert werden, einen Beruf zu erlernen und (auch finanzielle) Eigenverantwortung zu übernehmen auf dieser Grundlage? Sind Ausbildung und Studium nur etwas für intrinsisch Motivierte in unserer Gesellschaft?
Die Grundsicherung für Erwerbsfähige ("Hartz IV") - ausdrücklich meine ich nicht die Grundsicherung für Nichterwerbsfähige ("Sozialhilfe") - ist also keine eng befristete Lohnersatzleistung für Menschen, die keine Arbeit finden, sondern ein Recht für jeden, der lieber vom Staat ggf. ein Leben lang voll subventioniert werden möchte (auch über die Zeit der Erwerbsfähigkeit im Alter hinaus)?

Verwechseln Sie vielleicht sanktionsfreie Grundsicherung mit der Idee eines Grundeinkommens für alle Bürger*innen? Eine Idee, die ich im Übrigen sehr sympathisch und gut finde.

Johannes Koch (DIE LINKE, Wahlkreis Aachen II)
Antwort von
DIE LINKE

Hallo Herr R.,

das bestehende Hartz-IV - System muss dringend reformiert werden. Das Drängen von erwerbslosen Menschen an den gesellschaftlichen Rand möchte ich nicht länger hinnehmen. Die existierenden Regelsätze erlauben kein teilhabendes Leben und keine gesunde Ernährung. Durch das Sanktionsrecht wird Hartz IV zu einem willkürlichen Instrument, dass die Existenzgrundlage zerstören kann. Hier ist besonders das Sanktionsrecht, bei Weigerung, einer zumutbaren Arbeit anzunehmen, zu nennen. 

Generell stelle ich mir die Frage, warum ein Zusammenleben in unserer Gesellschaft immer noch auf die geleistete, monetär vergütete, Arbeit reduziert wird. Gesellschaftliche Teilhabe kann auch erreicht werden durch Zeit, die zu spenden ist. Z.B. die spontane Kinderbetreuung, die Hilfe innerhalb einer Nachbarschaft oder auch durch künstlerische Arbeit, die oft lange Arbeitsprozesse in Anspruch nimmt.

Somit bin ich überzeugt, dass der erwerbslose Mensch in unserer Gesellschaft nicht sanktioniert, also bestraft, werden darf. Zudem muss er deutlich mehr Einkommen zur Verfügung haben, um in Würde in unserer Gesellschaft leben zu können und sich selber auch einbringen zu können.

Ich denke, wir sind uns einig, dass nicht jeder Erwerbslose nie mehr arbeiten möchte. Das gleiche Argument wird ja auch gerne gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen hervorgebracht, dass bei Ihnen Sympathien erzeugt. Wir, DIE LINKE, fordern eine Neudefinition der Grundsicherung und wollen, dass durch diese keine neue Armut erzeugt wird. Bestehende Armut wollen wir abschaffen. Daher fordern wir neben einem Mindestlohn von 13 € und einer ESt.-Reform, die kleine und mittlere Einkommen deutlich entlastet und sehr hohe Einkommen deutlich belastet, eine Mindestsicherung von 1.200 € für Alle, die in eine unterstützungsnotwendige Situation geraten. Dies schließt selbstverständlich neben erwerbslosen Menschen auch die Ausbildung und das Studium (BaFÖG) und die Rente mit ein.

Viele lieben Grüße,

Johannes Koch