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Joachim Poß
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Frage von Leo K. •

Frage an Joachim Poß von Leo K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Poß,

Sie sind bei TV-Zuschauern und Lesern dafür bekannt, daß Sie in Bundestags-Debatten und Interwiews "kein Blatt vor den Mund nehmen". Ich hoffe, daß Sie sich meiner kritischen Anfrage stellen werden.

In der Frage der Euro-Bonds unterstellen Sie Herrn Weidmann, er würde die Interessen der deutschen Steuerzahler vor eine Entschuldung Griechenlands stellen. Es würde zwar nichts bringen zu versuchen, per Taschenrechner den Anteil Deutschlands als größter Wirtschaftsnation Europas an der Entschuldung (in Euro) auszurechnen, aber das Argument >die Schulden würden durch Euro-Bonds bei allen Schuldnerstaaten nivelliert<, >ebenso würden auch die Zinsen für Staatsanleihen aller Geberländer den Zinsen aller Nehmerländer angeglichen< ist kaum zu entkräften. Was wäre letztendlich das Ziel, wenn alle, Geber wie Nehmer gleich viel (oder gleich wenig !) hätten? Würden in allen Euroländern die Notenpressen nicht Unmengen neuer Euros ausspucken? Würde sich als Folge in den betroffenen Ländern nicht eine Verteuerung des bekannten "Warenkorbs" einstellen? Wären hiervon nicht auch die Geringverdiener und Rentner gleichermaßen betroffen?

Mit frdl. Gruß, L. Kurrasch

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kurrasch,

gestatten Sie mir vorab bitte eine Richtigstellung: Auch für mich sind die langfristigen Interessen der Bevölkerung - und damit auch der Steuerzahler - in der Bundesrepublik wesentliche Richtschnur meines Handelns. Insofern kritisiere ich das sicherlich nicht, wenn dies ein anderer ebenso handhabt. Ich komme lediglich zu einer grundsätzlich anderen Einschätzung des Instruments der Eurobonds. Zu Ihrer Kenntnisnahme lege ich Ihnen einen Artikel des Handelsblatts bei, der ausgewogen auch auf die Chancen eingeht, den Eurobonds bieten.

Immer mehr Wirtschafts- und Finanzexperten sprechen sich unter Abwägung der sonstigen Alternativen für die Einführung streng konditionierter Euro-Bonds aus. Intelligent und verantwortlich konstruierte Euro-Bonds können ein weiterer Stabilisierungsanker für die Euro-Zone in schwieriger Lage sein.

Diese notwendige Stabilisierung liegt eben viel eher im wohlverstandenen deutschen Interesse als ein langfristig wahrscheinlich wesentlich teureres Abwarten oder das Auflegen immer größerer Rettungspakete. Die Befürworter von Eurobonds - wozu namhafte Wirtschaftswissenschaftler zählen - weisen zu Recht darauf hin: Die Kritiker von Eurobonds bleiben das Aufzeigen einer realistischen und "preiswerteren" Alternative schuldig. Bei ihrem Hinweis auf das wahrscheinlich im Vergleich zu rein deutschen Anleihen höhere Zinsniveau von Eurobonds übersehen sie außerdem einen wesentlichen Punkt: Der extrem geringe Zinssatz zu dem die Bundesrepublik derzeit Geld aufnimmt, ist zu einem guten Teil auch durch Substitutionseffekte im Gefolge der aktuellen Krise zu erklären. Investoren, die bisher ihr Geld auch in den Staaten angelegt hatten, die nun im Mittelpunkt der Krise stehen, weichen nun auf deutsche Anleihen aus und drücken nun über ihr verändertes Anlageverhalten das Zinsniveau für deutsche Anleihen. Insofern würden es Eurobonds allen Staaten wieder ermöglichen, zu einem fairen Preis Geld aufzunehmen.

Nur am Rande noch der Hinweis: Die einzelnen Mitglieder des Euroraums können das von Ihnen skizzierte "Ausspucken einer Unmenge neuer Euros" eben gerade wegen des Euro nicht mehr im nationalstaatlichen Alleingang beschließen.

Die SPD verknüpft die Forderung nach Einführung von Eurobonds mit klaren und eindeutigen Forderungen an die Länder, die von diesen Bonds profitieren würden. Dies ist allemal sinnvoller als das Vorgehen der Regierung Merkel: Jetzt sich einfach zu weigern über dauerhaft tragfähige Lösungen auch nur nachzudenken und so demnächst als Getriebene der Märkte unter Zeitdruck erneut deutsche Steuergelder in die nochmalige Vergrößerung von Rettungsschirmen zu stecken.

Mit freundlichen Grüßen

Joachim Poß