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Jessica Rosenthal
SPD
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Frage von Timo S. •

Hallo Frau Rosenthal, warum ist aus ihrer Sicht der massive Freiheitseingriff einer Impfpflicht durch Schutz von Risikogruppen begründbar, die sich längst freiwillig impfen lassen können?

Obwohl ich geboostert bin und die Impfung grundsätzlich für eine gute Entscheidung halte, bin ich entschieden gegen eine Impfpflicht.
In ihrem Redebeitrag bei der Orientierungsdebatte im Bundestag haben sie mit dem Schutz von Risikogruppen argumentiert, aber denen steht es doch frei, sich impfen zu lassen. Jene, bei denen es aus medizinischen Gründen nicht geht, kriegen wir nicht durch Herdenimmunität geschützt, wie Prof. Drosten kürzlich im Tagesspiegel merkte. Ja, die Impfung reduziert das Risiko, andere anzustecken aber nicht genug, um dieses Ziel zu errreichen, vor allem nicht bei Omikron.
Nun ist der Verweis auf zukünftige Varianten zwar einleuchtend, berechtigt aber auf keinen Fall den massiven Eingriff einer Impfpflicht, denn wir wissen ja noch gar nicht, wie diese Varianten aussehen werden und ob bzw. wie gut der aktuelle oder neue Impfstoffe dagegen helfen werden.
Hinzu kommt die Verfügbarkeit von Medikamenten und das massive Radikalisierungspotenzial einer Impfpflicht

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Entscheidung über eine Impfpflicht habe ich mir nicht leicht gemacht. Aus meiner Sicht ist es allerdings unerlässlich, zum Instrument einer allgemeinen Impfpflicht zu greifen, wenn wir die Pandemie langfristig überwinden und die Freiheitseinschränkungen zurücknehmen wollen. Denn nur wenn wir sicherstellen, dass wir nicht die Krankenhäuser durch zu viele schwere Verläufe einer Corona-Infektion überlasten, können wir die aktuellen Einschränkungen zurücknehmen.

Das erfordert jedoch eine höhere Impfquote als wir sie aktuell durch die Freiwilligkeit erreichen konnten. Um das zu beheben, reicht aus meiner Sicht eine Impfpflicht für bestimmte Gruppen, etwa alle Menschen über 50 Jahren, nicht aus. Zum einen vermitteln wir damit den Eindruck, dass jüngere Menschen die Impfung nicht brauchen würden, und zum anderen gelingt es uns damit nicht, die Impflücke zu schließen und dauerhaft eine Überlastung der Krankenhäuser zu verhindern. Denn das ist der entscheidende Punkt bei der Impfpflicht: Die Zahl der schweren Krankheitsverläufe muss minimiert werden. Und ein schwerer Krankheitsverlauf trifft nicht nur die sog. Risikogruppen, sondern auch viele gesunde, junge Menschen, sodass ein Schutz vor einem schweren Verlauf für alle Altersgruppen wichtig ist.

Die Impfung erreicht genau das. Auch wenn die Ansteckung nicht vollständig verhindert wird, so verhindert die Impfung dennoch mit hoher Wahrscheinlichkeit einen schweren Verlauf einer Corona-Infektion. Daher ist eine hohe Impfquote der einzige Weg, um die Überlastung des Gesundheitswesens auch ohne Freiheitseinschränkungen zu gewährleisten. Diese erreichen wir aus meiner Sicht nur mit einer allgemeinen Impfpflicht. Deswegen habe ich mich bereits für die Einführung einer solchen allgemeinen Impfpflicht ausgesprochen und werde mich auch dem entsprechenden Gesetzesentwurf anschließen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen!

Mit freundlichen Grüßen
Jessica Rosenthal

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