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Jan Rübke
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Frage von Wolfgang B. •

Frage an Jan Rübke von Wolfgang B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Rübke,

welche Möglichkeiten sehen Sie und Ihre Partei um die Arbeitslosigkeit über den konjunkturellen Sockel hinaus abzubauen?
Im einzelnen: was schwebt Ihnen als Alternative zu den "Beschäftigungsangeboten" des 1-Euro Jobbereichs vor?

Wird die Partei die Linke ähnlich den anderen Parteien (Wasserkopf zur lukrativen Beschäftigung eigener verdienter Freunde ganz oben, bei gleichzeitiger Ausdünnung publikumsnaher staatlicher Beschäftigten im unteren Lohnniveau) einen Bürokratieabbau anstreben?
In welchen Bereichen wollen Sie ggf. mehr öffentliche Beschäftigte?

Und selbstverständlich, auch ich möchte wissen wie Sie und Ihre Partei solche Beschäftigungsoffensiven zu finanzieren gedenken, leider kann ich dazu in der div. Presse nur Platitüden finden, die lediglich viele Vorurteile und Hilflosigkeit ihrer Verfasser verraten.

Und nicht zuletzt: Sie und andere Kandidaten der Partei Die Linke betonen immer wieder, dass bei den Parteien SPD und GAL eine "links blinken, rechts abbiegen" -Mentalität herrsche, die dazu führt, dass immer mehr Menschen sich angeekelt abwenden. Was kann mich überzeugen, dass Sie und Ihre Partei es anders machen?

Ich sehe Ihren Antworten mit Spannung entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
W. Behrens

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Behrens,

Sie fragen danach, wie DIE LINKE Arbeitsplätze schaffen möchte und ob DIE LINKE nicht genau so unglaubwürdig ist wie die anderen Parteien. Ich bedanke mich für Ihre Fragen. Im Einzelnen:

Arbeitszeitverkürzung zum Abbau der Arbeitslosigkeit Arbeitszeitverlängerung zu stoppen und Arbeitszeitverkürzungen bei vollem Lohnausgleich sind entschiedene Schritte zum Abbau der Arbeitslosigkeit. Steigende Produktivität kann zur Steigerung der gewinne für Wenige oder zu kürzerer Arbeitszeit für die Beschäftigten genutzt werden. Die Durchsetzung der 35-Stundenwoche v.a. durch die IG Metall und die Gewerkschaft Druck & Papier (jetzt ver.di) hat die Arbeitslosigkeit deutlich reduziert.
Um die Massenarbeitslosigkeit zu beseitigen, muss nicht nur die öffentliche Beschäftigung ausgeweitet und die Privatisierungspolitik gestoppt werden. DIE LINKE fordert ein Investitions- und Konjunkturprogramm für Hamburg.

Alternativen zu 1-Euro-Jobs
Schwarz-Grün missbrauchte die Arbeitsmarktpolitik zur Ausweitung des Niedriglohnsektors, vor allem bei den als »Arbeitsgelegenheiten« (AGH) bezeichneten Ein-Euro-Jobs (derzeit 7.250 in Hamburg). Da es sich in den meisten Fällen nicht um »zusätzliche« Tätigkeiten handelte, wurde dadurch reguläre Beschäftigung verdrängt - etwa in Schulkantinen, in der Pflege öffentlicher Grünanlagen und in der Hausbetreuung bei der SAGA. Das eigentliche Ziel von Arbeitsmarktpolitik, Erwerbslose nachhaltig in reguläre und würdevolle Arbeit zu bringen, von der man leben kann, wurde ins Gegenteil verkehrt. Wir wollen Ein-Euro-Jobs vollständig abschaffen und durch tariflich geregelte und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze ersetzen.

Das ist der erste notwendige Schritt zur Schaffung öffentlich finanzierter Beschäftigung, die der Hamburger Arbeitsmarkt dringend braucht. Dabei gilt es, ein sinnvolles und ausgewogenes Verhältnis von Leistungen des klassischen öffentlichen Dienstes und anderen Formen öffentlich finanzierter Beschäftigung herzustellen - in Bereichen wie Sozial- und Jugendarbeit, Gesundheitsfürsorge, Kultur, Bildung, Stadtentwicklung und Umweltschutz. Und zwar möglichst konkret und möglichst vor Ort.

Statt eines milliardenschweren „Schutzschirms“ für die HSH Nordbank fordert DIE LINKE ein Investitions- und Konjunkturprogramm, das langfristig und nachhaltig die öffentliche und private Produktion und Beschäftigung anregt und für eine qualitative Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen sorgt. Eine Ausweitung der Produktion öffentlicher Güter und Dienstleistungen nach Jahren des Stellenabbaus und der Privatisierung wird auch denen zugutekommen, die gerade auf eine umfassendere und kostenlose öffentliche Güterversorgung angewiesen sind. Konjunkturunabhängige, öffentlich finanzierte Beschäftigung kann zumindest einem Teil der Bevölkerung stabile Erwerbsperspektiven geben.

Beschäftigung im Öffentlichen Dienst
Seit 1992 wurden etwa 30% des Personals der Freien und Hansestadt Hamburg abgebaut. Ausgliederungen und Verlagerungen sind dabei noch nicht berücksichtigt. Das Ergebnis: schlechtere öffentliche Leistungen und Überbelastung bei den verbliebenen Beschäftigten. DIE LINKE wird sich einem weiteren Abbau von Arbeitsplätzen im Öffentlichen Dienst entgegenstellen. Um den Abbau zu verhindern bedarf es aber massiver Aktionen der Gewerkschaften, nicht nur im Öffentlichen Dienst.

Wir sind für bessere öffentliche Leistungen. Dies kann durch Lehrpersonal für kleinere Klassen, mehr SonderpädagogInnen, PsychologInnen, ErzieherInnen und SozialpädagogInnen, TherapeutInnen, Krankenpflegern und Krankenschwestern unterstützt werden.

Die Aufstockung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung z.B. in den genannten Bereichen der sozialen Infrastruktur und Investitionen in ökologisch-energetische Sanierung, in den sozialen Wohnungsbau und den öffentlichen Nahverkehr können zehntausende Arbeitsplätze schaffen.

Mit der Ausführung solcher Arbeiten sollen bevorzugt örtliche Handwerks- und Industriebetriebe sowie Genossenschaften angesprochen werden. Sie sind als Teil der lokalen Wirtschaft für viele Arbeitsplätze in Hamburg verantwortlich, werden aber vom Senat durch dessen Ausrichtung auf exportorientierte Sektoren, große „Cluster“ und „Leuchtturmprojekte“ vernachlässigt. Mit unserem Programm kann Hamburg in einen „qualitativen Wachstumspfad“ einsteigen, der mehr auskömmlich bezahlte, voll sozialversicherungspflichtige, tariflich geregelte Arbeitsplätze mit einer ökologisch wünschenswerten Produktion von Gütern und Dienstleistungen verbindet.

Wir sind überzeugt, dass die Verbesserung der Lebensverhältnisse und der Umwelt zu mehr Beschäftigung führen wird. Zudem steigt durch tariflich bezahlte Arbeit das Einkommen und damit das Aufkommen an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen.

Versorgungsposten für Freunde
Die Ole von Beust hat sowohl mit der Schill-Partei und der FDP als auch mit den Grünen eine Politik der Privatisierung öffentlicher Unternehmen betrieben. Dabei haben sie ihre Mitglieder und Klientel in gut dotierte Posten gehievt. Vor deren Regierungszeit war das lange eine häufig kritisierte Methode der SPD.

Privatisierungen bedeuten stark steigende Vorstandsgehälter und Lohndrückerei bei den Beschäftigten. Die teuren Prestigeobjekte des Senates wie die Hafencity, die Elbphilharmonie oder die HSH Nordbank kosten die Steuerzahler Milliarden und bieten Privaten reichlich Gelegenheit, sich zu bereichern. DIE LINKE lehnt solche Projekte ab.

Die Verwendung des Begriffes „Wasserkopf“ im Zusammenhang mit Beschäftigten, seien es auch sehr bzw. zu gut bezahlte, finde ich unpassend.

Wie sollen die Vorschläge der LINKEN finanziert werden?
Im letzten Jahr wurde nur bei 31 der 627 Einkommensmillionäre in Hamburg die Steuern geprüft. DIE LINKE fordert die Einstellung von 150 zusätzlichen Steuerprüfern. Das bringt Hamburg jährlich 150-170 Mio. € mehr.

Wir schlagen vor, den Bau der Hafencity-Universität, den Neubau der BSU-Zentrale in Wilhelmsburg, die Elbvertiefung und noch nicht beschlossene IBA-Projekte zu stoppen, ebenso die Reiterstaffel oder die neue Schießanlage der Polizei.

Außerdem sollte Hamburg die Subventionen für private Großunternehmen streichen, die selbst immense Gewinne erwirtschaften. Die Stadt kann durch konsequente Nutzung eigener Büroflächen und ein Zurückfahren des Stadtmarketings ihre Betriebskosten spürbar senken. 300 Mio. € oder mehr könnten dadurch frei werden. Hamburg wird 2010-12 aufgrund der anziehenden Konjunktur 1,4 Mrd. € mehr Steuern einnehmen als bisher geplant. CDU, GAL und SPD setzen auf schrumpfende öffentliche Ausgaben. DIE LINKE will, dass die Stadt ihren Aufgaben gerecht wird und Kürzungen bei erforderlichen öffentlichen Ausgaben zurücknimmt.

Unternehmensgewinne und hohe Einkommen und Vermögen müssen endlich wieder angemessen besteuert werden. Hamburg sollte dafür im Bundesrat die Initiative ergreifen.

"links blinken, rechts abbiegen" - ist DIE LINKE glaubwürdig?
Kein Personalabbau, kein Sozialabbau, keine Privatisierungen. Dafür steht DIE LINKE. Konsequent haben wir in diesem Sinne in Hamburg in den letzten Jahren Politik gemacht. CDU, SPD und GAL halten das für realitätsfern. Sie haben deshalb, ähnlich wie in anderen Bundesländern, die gemeinsame Mehrheit mit der LINKEN nicht genutzt. Im Dezember, also nach dem Bruch der Koalition, stimmten sie gegen den Antrag der Linksfraktion in der Bürgerschaft, die Studiengebühren sofort abzuschaffen.

Wir versuchen Politik nicht FÜR, sondern MIT den BürgerInnen zu machen. Dadurch sind wir im ständigen Kontakt mit Betroffenen, mit Aktiven. Diese sollten und werden auspassen, das ihre Interessen von der LINKEN angemessen vertreten werden.

Aber mal ehrlich, alle Errungenschaften müssen ständig verteidigt werden. Gesetzte werden zum Nachteil der Beschäftigten verändert, z.B. das Ladenschlussgesetz. Tarifverträge werden nicht nur verbessert. Ähnlich ist es mit Betriebsvereinbarungen. - Verhindert werden kann das nur, wenn sich die Beschäftigten bzw. die BürgerInnen gegen Verschlechterungen wehren. So ist das auch bei Parteien.

Wenn Sie, Herr Behrens, unseren konsequenten Kurs unterstützen möchten, lade ich Sie ein, bei uns mitzumachen. Sie wären sicherlich eine zusätzliche Garantie dafür, dass DIE LINKE nicht links blinkt, um rechts abzubiegen. In mir werden sie dabei einen aktiven Mitstreiter finden.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Jan Rübke