Wie verhindern Sie die Menschenwürde verachtende „Chatkontrolle“?
Die geplante Chatkontrolle bereitet mir wirklich große Sorge. Der Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt ist absolut existenziell doch wie Sie ganz sicher wissen: zahlreiche Expertinnen und Gutachten kommen zu dem Schluss, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen dieses Ziel nicht wirksam erreichen. Stattdessen werde die digitale Privatsphäre aller Menschen in der EU untergraben.
Was hier zur Debatte steht, ist ja nicht nur Technik. Es geht um Vertrauen. Wenn jede Nachricht, jedes Bild, jede private Unterhaltung, jedes Liebesgeständnis, potenziell gescannt und analysiert wird, verlieren wir nicht nur die Kontrolle über unsere Daten – wir verlieren ein großes Stück unserer Würde!
Ich bitte Sie daher eindringlich: Fragen Sie sich, ob Sie wirklich in einer Gesellschaft leben möchten, in der private Kommunikation nicht mehr privat ist. In der der Staat – wenn auch mit guten Absichten – tief in unsere Privatsphäre eingreift.
Sehr geehrte Frau A.,
seit drei Jahren wird auf europäischer Ebene über das Vorhaben der EU-Kommission zur Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder im digitalen Raum verhandelt. Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, Anbieter digitaler Dienste zu verpflichten, Kommunikationsinhalte – auch in verschlüsselter Kommunikation – auf Darstellungen sexualisierter Gewalt an Kindern zu überprüfen, bei Verdacht zu melden und entsprechende Inhalte zu entfernen.
Der vorliegende Entwurf der dänischen Ratspräsidentschaft hält derzeit daran fest, anlasslose Scans von privaten Kommunikationsinhalten zu ermöglichen und eine wirksame Ende-zu-Ende-Verschlüsselung aufzubrechen. Daher ist dieser Entwurf aus unserer Sicht nicht zustimmungsfähig.
Es ist gut, dass sich die Union endlich den Bedenken anschließt, die wir und unsere Justizministerin Stefanie Hubig von Anfang an hatten.
Für uns bleibt der Koalitionsvertrag maßgeblich. Dort haben wir vereinbart, die Vertraulichkeit privater Kommunikation im Netz zu schützen. Die Bundesregierung wird auf europäischer Ebene auf dieser Grundlage verhandeln.
Anlasslose Kommunikationsüberwachung muss in einem Rechtsstaat tabu sein. Der Staat darf Messenger auch nicht dazu zwingen, Nachrichten vor Versendung massenhaft mitzulesen. Solchen Vorschlägen wird Deutschland auf EU-Ebene nicht zustimmen.
Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt das Anliegen, Missbrauchsdarstellungen wirksam zu bekämpfen – eine klare Rechtsgrundlage und ein koordiniertes europäisches Vorgehen sind dafür unabdingbar. Besonders sensibel ist der Teil des Vorschlags, der sich nicht nur auf öffentliche Plattformen, sondern auch auf private digitale Kommunikation bezieht – etwa Messenger oder E-Mail. Für uns ist klar: Der Schutz der Vertraulichkeit der Kommunikationsinhalte ist ein hohes Gut.
Sexualisierte Gewalt an Kindern muss konsequent und effektiv verfolgt und noch andauernder Missbrauch verhindert werden. Die SPD-Bundestagsfraktion hat bereits in der letzten Legislaturperiode zu Beginn der Debatte um die Chatkontrolle umfangreiche Vorschläge erarbeitet, wie Kinder vor sexualisierter Gewalt besser geschützt werden können:
Mit freundlichen Grüßen
Jakob Blankenburg

