Angenommen wir leben weiter im bisherigen System: Ist eine Aktienrente nicht ein Mittel zur Demokratisierung von Vermögen, wenn sie auf langfristige, nachhaltige Anlagen ausgelegt ist?
Mein Vater, geboren im Osten, seit 1990 bei der Berliner Sparkasse mit ca 3000€ Einkommen, hatte das Privileg einer wirtschaftlichen Bildung und investierte seit Mitte der 90er monatlich kleine Beträge von 50-100€ in bewusst nachhaltige Fonds. Dadurch hatten meine Schwester und ich das Privileg eines gut gefüllten Sparkontos zum Schulabschluss.
Warum aber ist selbst ein solcher Fall wie mein Vater in Deutschland stigmatisiert? Wenn ich davon erzähle, werde ich schnell als Bänkersohn abgestempelt, obwohl 3000€ in Berlin heutzutage wohl kaum als unendlich viel gelten können.
Ist es nicht so, dass neben aller berechtigter Kritik am Wirtschaftssystem, eine Aktienrente und etwas mehr wirtschaftliche Grundbildung einen wichtigen Hebel darstellen würden? Und warum ist das Ziel, möglichst vielen Menschen die wirtschaftlichen Möglichkeiten zu eröffnen, die mein Vater uns ermöglicht hat, nicht erstrebenswerter?
Das schließt ja keine Vermögensteuer oder Steuer auf Aktienspekulationen aus

Guten Tag Herr B.,
vielen Dank für Ihre Frage. Renten sind für uns ein wichtiges Thema – viele Menschen fragen sich, ob sie im Alter von Armut betroffen sein werden. Wir fordern ein Leben in sozialer Sicherheit und Würde auch im Rentenalter, und stellen uns jeder Maßnahme, die zu Rentenkürzungen beitragen würde, entschieden entgegen. Unsere zentrale Forderung ist eine solidarische Mindestrente von 1.400 Euro.
Auch wir sehen, dass die Finanzierung der gesetzlichen Rente zunehmend herausfordernder wird. Dies ist allerdings nicht primär ein Demografie- sondern ein Gerechtigkeitsproblem. Die Linke fordert eine solidarische Erwerbstätigenrente, in die wirklich alle Menschen mit Erwerbseinkommen einzahlen – auch Beamt*innen, Selbstständige oder Politiker*innen. Menschen mit sogenannten Riester-Verträgen oder ähnlichen Zusatzrenten sollen diese leichter in die gesetzliche Rente überführen können. Unsere Forderungen zur Rente finden Sie hier: https://www.die-linke.de/themen/rente/
Die Finanzierung der gesetzlichen Rente über den Kapitalmarkt, die sogenannten „Aktienrente“, lehnen wir entschieden ab. Die kapitalgedeckte Alterssicherung wäre nicht nur teuer, sondern auch riskant und intransparent. Eine ausführlichere Kritik an der Aktienrente finden Sie in diesem Artikel der Rosa-Luxemburg-Stiftung: https://www.rosalux.de/news/id/52061/die-aktienrente-als-generationenkapital
Die Linke fordert ein Rentenkonzept, das eine auskömmliche Rente für alle ermöglicht. Privat für die eigene Rente oder die eigenen Kinder vorsorgen zu können, ist ein Privileg. Jeder fünfte Mensch in Deutschland ist armutsgefährdet, und auch für viele, die offiziell nicht armutsgefährdet sind, ist es unrealistisch, jeden Monat 50-100€ in die Rentenvorsorge investieren zu können. Der Staat muss hier seiner Verantwortung nachkommen und sicherstellen, dass niemand im Alter verarmt – und nicht wie die aktuelle Bundesregierung die Armen gegen die Ärmsten ausspielen und weiter zur Stigmatisierung von Bürgergeldempfänger*innen und Menschen mit geringen Einkommen beitragen.
Die Linke als demokratisch-sozialistische Partei setzt sich für eine Gesellschaft ein, in der alle Menschen in Frieden, Freiheit, Würde und sozialer Sicherheit leben können. Es braucht ein Wirtschaftssystem, das sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert. Eine wirtschaftliche Grundbildung muss darauf abzielen zu verdeutlichen, dass ein zukunftsfähiges und sozial gerechtes Wirtschaftssystem den Menschen und der Natur dienen muss, und nicht umgekehrt. Unser Anliegen ist es, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass alle arbeitenden Menschen – im Gegensatz zu jenen, die von Kapitaleinkünften leben – viel mehr verbindet als trennt.
Mit solidarischen Grüßen
Das Team von Ines Schwerdtner