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Hubertus Heil
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Frage von Thomas S. •

Frage an Hubertus Heil von Thomas S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Guten Tag Herr Heil,

die Mitarbeiter in deutschen Schlachthöfen scheinen auf Grund einer unter ihnen besonders hohen Anzahl von Infektionen mit Covid-19 besonders schwer von der gegenwärtigen Pandemie betroffen. Ursächlich scheinen die Unterbringung der meist osteuropäischen Mitarbeiter in engen und ungenügenden Unterkünften sowie die schlechten Arbeitsbedingungen zu sein, von denen diese Arbeiter betroffen sind.

Dass die Bundespolitik sich zumindest in Teilen sich dieser Problematik annimmt, kommt aber m.E. viel zu spät und die aktuellen Vorgaben reichen nicht aus.

Die Bedingungen in der deutschen Fleischindustrie hat Niedersachsens SPD-Wirtschaftsminister Olaf Lies schon 2016 derart bezeichnet:

„Es ist grauenvoll und widerlich, und ich finde, das ist eine Schande für unser Land, dass wir Menschen hierherholen, die hier arbeiten, schon kaum ihr Geld bekommen, und dann unter solchen Bedingungen hier leben und wohnen müssen.“

https://www.deutschlandfunk.de/missstaende-bei-leiharbeitern-vom-kampf-gegen-ausbeutung-in.724.de.html?dram:article_id=367021

Die gleiche Quelle weist auf die Aussage von Sigmar Gabriel, dass er sich als Deutscher und als Sozialdemokrat angesichts der Zustände schämen würde, in denen in Deutschland Fleisch hergestellt wird. Von Menschen, die mehr als zwölf Stunden pro Tag schuften und dabei gerade mal 1.000 Euro verdienen.

Frage 1:

Die Missstände in der deutschen Fleischindustrie, sind seit Jahren bekannt, warum hat die deutsche Politik diese nicht längst abgestellt?

Zudem werden die aktuell von Ihnen und der Politik vorgesehenen Maßnahmen als nicht ausreichend beurteilt:

"Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg hat die schärferen Auflagen für die Fleischindustrie begrüßt. Allerdings gehen ihm die Beschlüsse, die für die Unterbringungen gelten, nicht weit genug. "Die Frage der Unterkunftsbedingungen und der besseren Kontrollmöglichkeiten bleiben nach wie vor ungelöst. Die Bundesregierung macht sich hier einen extrem schlanken Fuß, belässt es bei einem lapidaren Prüfauftrag", sagte der FDP-Politiker und fügte an: "Dabei hätten wir ganz konkret sehr schnell Kontrollmöglichkeiten gebraucht, eine gesetzliche Normierung, damit die staatlichen Arbeitsschutzbehörden hier wirklich eine konkrete Rechtsgrundlage gehabt hätten, um zu kontrollieren."

https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/coronavirus/Unterbringung-von-Schlachthof-Arbeitern-Garg-fuer-schaerfere-Regeln,schlachthof558.html

Frage 2:

Wie stehen Sie zu dieser Kritik?

Frage 3:

Werden Sie sich für die zeitnahe Einführungen effizienter und im Vergleich zu heute deutlich strengeren Normen wie den dazu gehörigen Kontrollmöglichkeiten einsetzen um die benannten Missstände in der deutschen Fleischindustrie wirkungsvoll abzustellen?

Frage 4:

Wenn ja, wie stellen Sie sich das konkret vor?

Viele Grüße,. T. S.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schüller,

vielen Dank für Ihre Fragen rund um die aktuelle Lage in der Fleischindustrie.

Es gab ja schon verschiedene Anläufe hier aktiv zu werden, zuletzt 2017 ein Gesetz von meiner Vorgängerin Andrea Nahles. Aber es ist immer das Gleiche passiert: Entweder hat die Fleisch-Lobby bei entsprechenden Gesetzentwürfen mit ihrem Einfluss auf andere Parteien dafür gesorgt, Gesetze abzuschwächen. Oder wenn ein Gesetz mal scharf war, hat die Branche versucht, es mit neuen Subsubsubunternehmer-Konstruktionen zu umgehen. Damit ist jetzt Schluss.

Die Arbeitsschutzbehörden der Länder müssen in Zukunft stärker kontrollieren. Wir werden verpflichtende Prüfquoten einführen. Wir werden digitale Arbeitszeitaufzeichnung vorschreiben. Und es geht um die Kontrolle von Unterkünften, auch das muss rechtlich besser geregelt werden.

Ich werde dazu im Juli ein gerichtsfestes Gesetz vorlegen. Wenn es nach mir geht, kann es dann noch dieses Jahr in Kraft treten.

Ich hoffe Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Hubertus Heil

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