Dr Hannah Neumann
Hannah Neumann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Barbara M. •

Frage an Hannah Neumann von Barbara M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

1. Wie stehen Sie zu der EU - Abschottung im Mittelmeer und was gedenken Sie zu gegen den Menschen verachtenden Beschluss zu tun, keine Rettungsschiffe im Mittelmeer verkehren zu lassen?
2. Welche Ideen haben Sie zu der Weigerung etlicher Staaten der EU, Flüchtlinge aufzunehmen. Wie solle sich die BRD verhalten?
3. Wie stehen sie zum 2% Beschluss der Rüstungszahlungen an die NATO und welche Alternativen sehen Sie dazu?
4. Wie sollen die Parteien auf EU -Ebene mit den rechts gerichteten antidemokratischen Ländern und ihren Parteien umgehen? Wie soll die EU sich verhalten?

Dr Hannah Neumann
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau M.,

Europa muss seinen humanitären und völkerrechtlichen Verpflichtungen gerecht werden –konsequent und ausnahmslos, auch im Mittelmeer. Daher kommt das tausendfache Sterben der Geflüchteten einer Bankrotterklärung an die Menschenrechte gleich und darf so nicht weiter hingenommen werden. Kurzfristig wollen wir GRÜNE mit der EU und ihren Mitgliedsstaaten eine europäische, zivile Seenotrettung aufbauen; finanziert von den Mitgliedsstaaten der EU. NGOs, die sich heute schon an der Seenotrettung beteiligen, dürfen weder behindert noch kriminalisiert werden.

Langfristig braucht es legale sowie sichere Fluchtwege und Einwanderungsmöglichkeiten. Statt inhumaner EU-Außenlager braucht es humanitäre Visa, Familiennachzug und Aufnahmekontingente – und zwar für alle Mitgliedsstaaten. Daher müssen wir das bestehende Dublin-System durch ein faires, solidarisches und verbindliches (!) Verteilungssystem ersetzen. Kommunen, die Flüchtlinge aufnehmen, müssen in ihrem humanen Engagement unterstützt werden – statt dass ihnen, wie im Moment, Steine in den Weg gelegt werden.

Zur NATO: Die nationalen Militärausgaben auf 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern, lehnen ich ab. Schon jetzt ergeben sich durch europäische Kooperationen massive Einsparmöglichkeiten; laut Informationen der EU Kommission sind 25 bis 100 Milliarden Euro im Jahr möglich. Wir brauchen keine 27 unterschiedlichen System in den Mitgliedsstaaten, sondern ein funktionierendes System. Deswegen unterstützen wir grundsätzlich die ständige und strukturierte Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich (PESCO), aber wir werden sie auch kritisch begleiten. Vor Allem aber brauchen wir auch einen Ausbau der zivilen Fähigkeiten der EU, beispielsweise in der Ausbildung von Richterinnen und Richtern, in der Demokratieförderung und der Versöhnungsarbeit. Statt sich auf militärische Zusammenarbeit zu konzentrieren, will ich, dass die EU hier große Schritte vorangeht.

Und ja, auch gegenüber rechts gerichteten Regierungen und Parteien gilt es die freiheitliche, europäische Idee täglich zu verteidigen. Hierfür hat die EU ¬– zum Beispiel mit dem Europäischen Gerichtshof – Instrumente, um demokratiefeindliche Kräfte in die Schranken zu weisen. Doch es braucht mehr. So fordern wir GRÜNE eine Art „Grundrechts-TÜV“: Ein unabhängiges Gremium aus Verfassungsexpert*innen, das alle Mitgliedsländer kontinuierlich auf die Einhaltung europäischer Grundprinzipien überprüft und notfalls auch Sanktionen vorschlägt. Auch müssen Fördermittel klar an die Einhaltung demokratischer Grundwerte gebunden werden.

Die EU muss aber vor allem auch diejenigen stützen, die in den Ländern selbst – teilweise mit der europäischen Fahne in der Hand – gegen den Abbau der Rechtstaatlichkeit und für die Menschen- und Bürgerrechte mutig auf die Straße gehen.

Mit grünen Grüßen
Dr. Hannah Neumann

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