Einbürgerung_Familiennachzug: Gäbe es in so einem Fall vllt doch einen Ausweg, da ich als Fachkraft eingebürgert wurde?
Sehr geehrter Herr Demir,
ich habe meine blaue Karte EU am 01.08.2024 als Ingenieur erhalten. Im Anschluss daran ließ ich mich einbürgern. Erst heute habe ich in Erfahrung gebracht, dass es seit dem 01.03.2024 ein neues Gesetz für Fachkräfte gibt, das der Elternnachzug deutlich erleichtert, und ich fühle mich grad nicht so gut, da ich eigentlich vorher alle Voraussetzungen erfüllt habe, um meine Eltern nach Deutschland bringen zu können, und jetzt, wahrscheinlich, nicht mehr... Gäbe es in so einem Fall vllt doch einen Ausweg, da ich als Fachkraft eingebürgert wurde?
In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auch fragen, wann mit einer Novellierung des Gesetzes auch für die bereits in Deutschland lebenden eingebürgerten Fachkräfte rechnen könnte?
Danke Ihnen im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander K.

Sehr geehrter Herr K.,
herzlichen Dank für Ihre Frage und die Schilderung einer seltenen, aber sicher nicht einmaligen Konstellation.
Leider ist es auch in Rücksprache mit dem Bundesministerium des Inneren und für Heimat so, dass nicht Ihr früherer Status als ausländische Fachkraft, sondern ihr gegenwärtiger Status als Deutscher für die Frage des Elternnachzugs ausschlaggebend ist. Es besteht also keine Möglichkeit, sich in Ihrer Situation auf die neue Regelung aus dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2.0 zu beziehen. Ich weiß aus vielen Gesprächen auch mit bereits länger in Deutschland lebenden Menschen mit ausländischen Eltern, dass die aktuelle Regelung nicht als gerecht empfunden wird. Das berechtigte Anliegen, Deutschland im weltweiten Wettbewerb um international mobile Fachkräfte gut aufzustellen, konkurriert hier mit der Gleichberechtigung anderer Menschen, die ebenfalls ein berechtigtes Interesse daran haben, dass ihre älteren, teils pflegebedürftigen Eltern in der Nähe wohnen.
Was aber sicher ist: Die bisherige Regelung wird spätestens 2027 evaluiert. Das Thema des Elternnachzugs - ob zu ausländischen Fachkräften, anderen Migrant:innen oder Deutschen mit ausländischen Eltern - wird also auf jeden Fall in der neuen Legislaturperiode auf der Tagesordnung stehen. Das wurde richtigerweise bereits im Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2.0 festgehalten.
Bis zu einer möglichen Regelung kann ich Ihnen nur die Prüfung von zwei möglichen Wegen zur Einreise Ihrer Eltern nahelegen:
(1) Wenn Ihre Eltern noch berufstätig sind, steht diesen natürlich ebenfalls der Weg offen, als Fachkraft in Deutschland eine Stelle anzutreten und damit ein von Ihnen unabhängiges Aufenthaltsrecht zu erhalten
(2) Wenn eine sogenannte "außergewöhnliche Härte" vorliegt, ist der Elternnachzug nicht an den Fachkraftstatus und die Einwanderung nach März 2024 gebunden, sondern kann auch von anderen Migrant:innen oder Deutschen mit ausländischen Eltern in Anspruch genommen werden. Eine außergewöhnliche Härte liegt dann vor, wenn ihre Eltern beispielweise auf dringende Unterstützung, z.B. aufgrund von Pflegebedürftigkeit, angewiesen sind und diese Unterstützung durch Sie nur in Deutschland möglich ist.
Als Ergänzung zum Kontakt mit Ihrer lokalen Ausländerbehörde oder zur anwaltlichen Beratung kann ich Ihnen auch den Austausch mit einer sogenannten Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer (MBE) empfehlen. (https://bamf-navi.bamf.de/de/Themen/Migrationsberatung/)
Mit freundlichen Grüßen
Hakan Demir