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Gunther Krichbaum
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Frage von André H. •

Frage an Gunther Krichbaum von André H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Krichbaum,

von einer gemeinsamen Außenpolitik der EU-Staaten ist ja in der Kosovo-Frage nicht viel zu spüren.
Glauben Sie, daß die institutionellen Vorgaben des Vertrages von Lissabon geeignet sind, mit dieser Meinungsvielfalt sinnvoll umzugehen?
Oder wurden da in der Gipfeleuphorie Dinge beschlossen, die ein wenig an der Realität in Krisenzeiten vorbeigehen?

Mit freundlichen Grüßen,

André C. Hercher

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Hercher,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur gemeinsamen Außenpolitik der EU nach dem Lissabon-Vertrag.

Zunächst gestatten Sie mir, dass ich Ihnen in Teilen widerspreche. Zwar hätte auch ich mir eine größere Einigkeit unter den Mitgliedstaaten nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo gewünscht. Aber nicht übersehen werden darf, dass die EU-Mission im Kosovo zugleich einstimmig beschlossen wurde. Damit haben auch jene Staaten zugestimmt, die die Anerkennung des Kosovo zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch ablehnen. Leider ist dieser sehr wichtige zweite Aspekt bei der Medienberichterstattung nur wenig gewürdigt worden. Denn losgelöst von der völkerrechtlichen Anerkennung eines unabhängigen Kosovo muss es jetzt darum gehen, im Kosovo staatliche Strukturen, insbesondere in der Verwaltung und der Polizei, aufzubauen, die Wirtschaft zu fördern und Bildung und Ausbildung massiv zu fördern. Hier hat die EU ein Höchstmaß an Gemeinsamkeit bewiesen.

Dies macht Hoffnung, dass die EU künftig insgesamt in außen- und sicherheitspolitischen Fragen zu einer höheren Einigkeit kommen wird. Hierzu wurden im Vertrag von Lissabon die notwendigen institutionellen Veränderungen vorgenommen. So wird der künftige "Außenminister" der EU als Vizepräsident der Kommission und Vorsitzender des Rates der nationalen Außenminister eine stärkere Stellung haben, als dies heute für den Hohen Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Fall ist. Auch der Aufbau eines eigenen europäischen diplomatischen Dienstes ist hier zu erwähnen. Der Deutsche Bundestag hatte im Übrigen die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) intensiv im Rahmen einer Anhörung unter Teilnahme externer Experten thematisiert. Auch dort wurde festgestellt, dass der Lissabon-Vertrag die Voraussetzungen für eine größere Abgestimmtheit in der Außen- und Sicherheitspolitik bietet.

Die EU wird auch nach der Ratifizierung des Lissabon-Vertrages kein Bundesstaat. Vielmehr werden die Nationalstaaten auch künftig insbesondere auf dem Gebiet der Außen- und Sicherheitspolitik prägend wirken. Gerade in diesen Politikbereichen sind die nationalen Interessenlagen häufig verschieden. Daher wird Europa auch künftig nicht stets vollkommen mit einer Stimme sprechen können. Die Voraussetzungen sind aber geschaffen, in Zukunft zügiger und einvernehmlicher entscheiden zu können. Dies ist äußerst wichtig, um der Stimme Europas bei der Lösung der weltweiten Konflikte ein höheres Gewicht beizumessen.

Mit freundlichen Grüßen

Gunther Krichbaum

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