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Gülistan Yüksel
SPD
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Frage von Paul H. •

Sind Energieimporte aus dem Mittleren Osten ein weiterer Kniefall Deutschlands, wie im Falle Russlands?

Sehr geehrte Frau Yüksel, gestern habe ich in den Medien die Sicherung der Energieimporte Deutschlands aus dem Mittleren Ostern verfolgt. An dieser Stelle stellt sich die Frage, welchen Sinn hat das Ausweichen von Energieimporten aus diesen Ländern? Westliche Werte werden auch dort mit den Füssen getreten. Viele Firmen in Europa, die in Übersee kostengünstig produzieren, müssen demnächst laut EU-Richtlinie nachweisen, dass nur bestimmten Voraussetzungen/Standards in Bezug auf die Arbeitsbedingungen Güter in die EU importieren dürfen. Gilt dies für die Beschaffung von Energieimporten nicht? Der Staat sollte in diesem Fall als Vorbild fungieren. Daher stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoller ist, Energieimporte aus Nordamerika zu beziehen? Die devote Haltung des Aussenministers und die erneute Energieabhängigkeit vermitteln mir den Eindruck, dass nicht aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt wurde. Sollte Energieautarkie nicht die oberste Priorität haben? Danke für Ihre Antwort!

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Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für Ihre Frage bezüglich Deutschlands Energieimporte. Gerne beantworte ich Ihnen auf Ihr Anliegen. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Putins auf die Ukraine ist ungerechtfertigt und unmenschlich. Nichts kann den Krieg und die zahlreichen Opfer rechtfertigen. Daher hat Deutschland zusammen mit seinen internationalen Partnern umfangreiche Sanktionen gegen Russland verhängt, die spezifisch die russische Wirtschaft und politische Elite treffen sollen.

Zu diesen Sanktionen nie gekannten Ausmaßes gehören im Energiesektor insbesondere Exportverbote, die es Russland unmöglich machen, seine Ölraffinerien zu modernisieren. Nichtsdestotrotz stellen Erdöl und Erdgas eine der wichtigsten Geldquellen Russlands dar. Deutschland ist seit Jahren ein relevanter Handelspartner und Abnehmer dieser Güter. Aktuell beziehen wir beispielsweise 55 Prozent unserer Gasimporte aus Russland. Die Bundesregierung hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, die Unabhängigkeit von russischen Energieimporten zu beschleunigen. Dies soll gelingen, indem wir mit verschiedenen Maßnahmen den Energieverbrauch senken, die Energieeffizienz steigern und unsere Energiequellen diversifizieren. Letztlich gewährleistet aber nur der maximale Ausbau der Erneuerbaren Energien unsere Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist deshalb auch eine Frage der nationalen und europäischen Sicherheit. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bereitet Maßnahmen vor, die sehr schnell beschlossen und umgesetzt werden können, um dann bereits im Sommer zu wirken. Daneben arbeitet das Kanzleramt zusammen mit allen zuständigen Ressorts an einem Paket zur Beschleunigung der Verfahren, damit Genehmigungszeiten zum Beispiel bei Windkraftanlagen deutlich verkürzt werden. Wir haben außerdem ein Gasspeichergesetz auf den Weg gebracht, das konkrete Füllstandsvorgaben für die Gasspeicheranlagen in Deutschland vorsieht. Dies wird uns im nächsten Winter helfen.

Trotz dieser politischen Weichenstellungen und Anstrengungen für erneuerbare Energien sind wir im Moment noch auf Erdgasimporte angewiesen, um die Versorgungssicherheit Deutschlands zu gewährleisten. Aus diesem Grund führt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Gespräche mit möglichen Energielieferanten wie Katar oder die Vereinigten Arabischen Emirate, aber auch Norwegen, den USA und Kanada. Bei den Gesprächen mit Katar ging es ebenfalls um erneuerbare Energien, Arbeitsstandards und Arbeitsschutz, welche zuvor mehrfach in der Kritik standen. Doch vor allem der internationale Druck hat dazu geführt, dass gesetzliche Vorschriften eingeführt wurden, die die Arbeitsstandards verbessern. Sicherlich gibt es noch großen Verbesserungsbedarf in Katar, weswegen das Thema Arbeitsstandards und Arbeitsschutz von Minister Habeck während der Gespräche mehrfach angesprochen wurde.

Lieber Herr H., die Bundesregierung unternimmt im Moment alle Anstrengungen, Deutschlands Energieversorgung zu sichern, unabhängiger von Russland zu werden und die Klimaziele zu erreichen. Darüber hinaus setzen wir uns auch weiterhin weltweit für die Menschenrechte ein. In der Tat ist Energieautarkie unsere oberste Priorität. Wichtig ist aber, dass Deutschland neue Partner braucht, bis es sich vollständig auf erneuerbare Energie verlassen kann. Denn nur so können wir uns unabhängiger von Russland machen und uns von seinen Kriegsverbrechen distanzieren.

Mit freundlichen Grüßen

Gülistan Yüksel, MdB

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