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Frage von Marcus B. •

Frage an Gregor Gysi von Marcus B. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Gysi,

mich verwundert immer mehr, dass zwar rechtskonform, aber normenwidrig und entgegen jedem Wirtschaftlichkeitsgebot im Vollstreckungsrecht zugunsten von Gläubigern gehandelt werden kann, wobei Gläubiger nur Rechte, und Schuldner nur Duldungspflichten haben.

Insbesondere dürfen Gläubiger straffrei Kosten verursachen oder Vermögensschaden hinterlassen, obwohl jeder vernünftige Mensch weisss, dass, wer eine fällige Zahlung schon nicht bedient, natürlich in der Regel auch die Kosten nicht bezahlen wird.

Begünstigt wird dies noch durch steuerliche Begünstigung von Leistungen auf solche uneinbringliche Forderungen.Der Steuerzahler finanziert de facto also Gläubigern deren sofort erkennbar grob unwirtschaftliches Verhalten gegenüber ihren Schuldnern. In Deutschland gelten darüber hinaus starre Regelungen zum pfändungsfreien Minimum, die schon lange nicht mehr der Realität gerecht werden. Regionale Besonderheiten wie etwa ein ganz besonders hohes Mietpreisniveau für Wohnraum bleiben unberücksichtigt. Selbst die Insolvenzordnung ist eine Ansammlung legalisiert gewillkürter Rechtshandlungen zum Nachteil des Schuldners.
Es gibt vor allem keine Alternative zur Insolvenzordnung, insbesondere keinen betont außergerichtlichen und rechtlich normierten Gläubiger-Schuldner-Ausgleich.
Wieso gibt es in Deutschland keine Rechtsvorschrift, die hier einer z.B. in der Schweiz gebräuchlichen Richtlinie zur Berechnung des pfändungssicheren Existenzminimums im E i n z e l f a l l nach § 93 des Schweizer SchKG ungefähr gleichkäme?
Das würde ja wohl zumindest in die Abschnitte II und IV des Erfurter Parteiprogramms der Partei "Die Linke" unmittelbar hineinpassen, da Zahlungsunfähigkeit in absehbarer Zeitspanne sicherlich eher ein Massenphänomen sein wird.
Schulder sind im Gegensatz zum Schweizer Modell zur Mittellosigkeit verdammt, und, wenn sie einmal unten sind, immer unten (= ALG II u.a. ).
Warum will der dt. Gesetzgeber das genau so umgesetzt wissen ?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Böhm,

Ihre Nachricht vom 13. Mai 2013 hat mich erreicht. Auf der anderen Seite beklagen viele Gläubigerinnen und Gläubiger, dass ihnen hohe Vollstreckungskosten entstehen, die im privaten Bereich kaum von der Steuer abzusetzen sind, ohne dass sie je ihre Ansprüche realisieren können. Unzufriedenheit gibt es also auf beiden Seiten.

Allerdings stimme ich Ihnen zu, dass sich der pfändungsfreie Betrag zumindest nach Regionen unterscheiden müsste. Ich habe unseren Arbeitskreis gebeten, darüber nachzudenken und ggf. eine Idee zu entwickeln.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Gysi

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