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Gerhard Eck
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Frage von Norbert K. •

Frage an Gerhard Eck von Norbert K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

In Österreich gibt es die Institution des Bürgeranwaltes, die in dem entsprechenden Internetauftritt unter anderem wie folgt beschreiben wird:
"Seit 1977 geht die Volksanwaltschaft Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern nach. So kontrolliert sie im Auftrag der Bundesverfassung die öffentliche Verwaltung in Österreich. Die Volksanwaltschaft prüft, ob die Verwaltung im Rahmen der Gesetze handelt und dabei Menschenrechtsstandards berücksichtigt. Sie achtet auch darauf, dass die Verwaltung mit den Bürgerinnen und Bürgern fair umgeht. Durch diese Kontrolltätigkeit wird die Qualität der Verwaltung verbessert.
Die Volksanwaltschaft steht allen Menschen offen, wenn sie Probleme mit inländischen Behörden haben. Sie müssen nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen oder volljährig sein. Auch Unternehmen, Wirtschaftstreibende oder Vereine können sich bei der Volksanwaltschaft über die öffentliche Verwaltung beschweren. Prüfverfahren können aber erst eingeleitet werden, wenn das Verwaltungsverfahren abgeschlossen ist und es kein Rechtsmittel mehr gibt.
Die Volksanwältinnen und Volksanwälte können von sich aus tätig werden, wenn sie Missstände oder Unregelmäßigkeiten vermuten. Sie können Verordnungen anfechten und Empfehlungen aussprechen. Die Mitglieder arbeiten auch an der Erledigung von Petitionen und Bürgerinitiativen mit, die an den Nationalrat gerichtet werden."
Die rechtliche Stellung ergibt sich aus der österreichischen Verfassung. Eine vergleichbare Institution wäre auch in Deutschland respektive Bayern wünschenswert und ein Beitrag zur Verschlankung der Verwaltung. Ausgewählte Probleme werden laufend im österreichischen Fernsehen gezeigt.

Wie stehen Sie zu der Schaffung einer vergleichbaren Institution in Bayern?

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Kühn,

Ihre Anfrage beantworte ich so: Für die Einführung eines „Bürgeranwalts“ im Sinne der von Ihnen zitierten österreichischen Volksanwaltschaft besteht meines Erachtens in Bayern und Deutschland weder Rechtsraum noch Notwendigkeit. Ich begründe dies wie folgt:

In Österreich wurde die Volksanwaltschaft als Beschwerdestelle gegen die österreichische Verwaltung erst 1977 nach jahrelanger Debatte eingeführt und zwar als Provisorium. Im Juli 1981 wurden die Bestimmungen über die Volksanwaltschaft in die österreichische Bundesverfassung aufgenommen. Zulässig sind Beschwerden nur gegen österreichische Verwaltungsbehörden.

In der Bayerischen Verfassung hingegen wurde bereits 1946 das Grundrecht auf Eingaben und Beschwerden (Petitionsrecht) verankert. Der Verfassungstext selbst gibt die große Reichweite des Petitionsrechts aber nur zum Teil wieder. Weitere Auskunft gibt das Petitionsgesetz aus dem Jahr 1993 (»Gesetz über die Behandlung von Eingaben und Beschwerden an den Bayerischen Landtag nach Art. 115 der Verfassung - Bayerisches Petitionsgesetz«), das seitdem mehrmals fortentwickelt wurde. Es regelt z. B. ausdrücklich, dass das Recht auf Eingaben und Beschwerden auch für Menschen gilt, die nicht im Freistaat wohnen, und Deutschen ebenso wie Menschen ausländischer Herkunft zusteht. Es steht Erwachsenen wie Minderjährigen offen, eine Eingabe an den Bayerischen Landtag zu richten. Auch Inhaftierten, Geschäftsunfähigen und unter Pflegschaft oder Betreuung stehenden Menschen sowie bestimmten juristischen Personen wird die Chance einer Beschwerde beim Parlament eingeräumt.

Der Petitions-Ausschuss des Bayerischen Landtages überprüft im Rahmen seines Kontrollrechts über die Staatsregierung die beanstandeten behördlichen Entscheidungen und holt dazu schriftliche Stellungnahmen der zuständigen Ministerien ein. Sein Ziel ist es, Lösungen für die Probleme der Hilfe Suchenden im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten außerhalb der formellen Rechtswege zu finden.

Nahezu jeder Bürger darf sich mit einer Petition an den Bayerischen Landtag wenden: Deutsche - wohlbemerkt nicht nur jene, die ihren Wohnsitz in Bayern haben - genauso wie Menschen ausländischer Herkunft, Erwachsene ebenso wie Minderjährige, Einzelpersonen, aber auch Gruppen. Nicht selten kommt es zu Massenpetitionen mit mehreren Tausend Unterschriften

Der Ausschuss für Eingaben und Beschwerden des Bayerischen Landtags hat bundesweit eine Besonderheit vorzuweisen: Eingereichte Eingaben werden hier überwiegend in öffentlicher Sitzung behandelt, da generell alle Ausschüsse des Bayerischen Landtags öffentlich tagen. Vor diesem Hintergrund haben in der vergangenen Wahlperiode Vertreter der Landtage von Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern den bayerischen Petitionsausschuss besucht, um sich über das öffentliche Verfahren zu informieren.

Für Eingaben und Beschwerden gegen Vorgänge mit bundesrechtlichem Hintergrund steht den Bürgern außerdem der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zur Verfügung. Das gilt auch für Beschwerden mit europarechtlichem Hintergrund.

Darüber hinaus gibt es eine unübersehbare Zahl von Beschwerdestellen für alle nur erdenklichen Fachrichtungen. Zahlreiche Wirtschaftszweige und Verbände haben zudem Ombudsmänner installiert, um vor dem Weg zum Gericht noch die außergerichtliche Einigung zu ermöglichen.

Angesichts dieser zahllosen Möglichkeiten, die ja alle zusätzlich zu den Rechtsmitteln im Verwaltungsverfahren, zusätzlich zu den juristischen Möglichkeiten in einem ordentlichen Gerichtsverfahren oder im Strafprozess gegeben sind, halte ich die zusätzliche Schaffung eines „Bürgeranwalts“ für nicht notwendig.

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Eck MdL