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Franziska Brantner
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Hans D. •

Frage an Franziska Brantner von Hans D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Brantner,

wie stehen Sie zu ACTA und mit welcher Begründung?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Duschl,

vielen Dank für Ihre E-Mail bezüglich des Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA). Ich teile die vielfach geäußerte Kritik an dem Abkommen. ACTA ist in der Tat sehr problematisch und birgt viele Risiken. Ich werde das Abkommen deswegen im Europäischen Parlament ablehnen.

Der Schutz geistigen Eigentums ist ein legitimes Ziel, jedoch sind eine Reihe der Mittel, die ACTA dafür wählt, unverhältnismäßig und schädlich. ACTA würde es Inhabern von geistigen Eigentumsrechten vereinfachen, ihre Interessen auf privatisiertem Wege durchzusetzen, während die Rechte und Interessen der Nutzerinnen und Nutzer nicht in gleichem Maße gewahrt werden. Das Abkommen würde eine freiwillige Zusammenarbeit zwischen Internet-Zugangsanbietern und Rechteinhabern einführen, mit der Gefahr, dass es für Nutzerinnen und Nutzer zu Sanktionen ohne faires rechtliches Verfahren kommen könnte.

ACTA würde beispielsweise das Blockieren oder Filtern des Internet-Zugangs von Nutzerinnen und Nutzern ermöglichen. Auch würde es unverhältnismäßig hohe Schadensersatzansprüche für die Industrie ermöglichen, da sich diese nach dem Verkaufswert von getauschten Dateien bemessen würden und nicht daran, ob diese Dateien ansonsten jemals entsprechend oft gekauft worden wären. Darüber hinaus würde ACTA den Zugang zu generischen (und damit bezahlbaren) Medizinprodukten für Entwicklungsländer erschweren.

Auch das Verfahren, wie ACTA zustande gekommen ist, ist problematisch. Es wurde von einer "Koalition der Willigen" gegen den Widerstand von Entwicklungs- und Schwellenländern in Geheimverhandlungen ausgearbeitet. Die ACTA-Verhandlungsunterlagen sind bis heute nicht öffentlich zugänglich und die Entwürfe des Abkommens wurden erst nach massivem Druck des Europäischen Parlaments veröffentlicht.

Aus all diesen Gründen machen sich die Grünen im Europäischen Parlament schon seit zwei Jahren gegen ACTA stark. Wir haben zwei Studien in Auftrag gegeben, um die Auswirkungen auf die Grundrechte und auf den Zugang zu Medizin zu untersuchen. Diese Studien haben die großen Probleme und Risiken von ACTA nachgewiesen (Links zu den Studien finden Sie unten).

Nach der Unterzeichnung ACTAs vergangene Woche steht nun die Ratifizierung im Europäischen Parlament an, ohne dessen Zustimmung das Abkommen nicht in Kraft treten kann. Meine Fraktion, die Grünen/EFA, werden gegen ACTA stimmen. Bei den anderen Fraktionen sieht dies allerdings anders aus. Wichtig wäre insbesondere öffentlicher Druck auf die konservative Europäische Volkspartei (EVP/CDU), die Sozialdemokraten (S&D/SPD) und die Liberalen (ALDE/FDP).

Weitere Informationen zu ACTA und unserer Arbeit dazu finden Sie unter den Links am Ende dieser E-Mail.

Mit freundlichen Grüßen,
Franziska Brantner

www.franziska-brantner.eu

Weitere Informationen

Grüne/EFA Pressemitteilung zur Unterzeichnung von ACTA: http://www.greens-efa.eu/de/durchsetzung-von-marken-und-urheberrecht-5090.html

Bisherige Aktivitäten der Fraktion Grüne/EFA gegen ACTA: http://en.act-on-acta.eu

Stellungnahme europäischer Professoren zu ACTA ("Hannover-Gutachten"): http://www.iri.uni-hannover.de/tl_files/pdf/ACTA_opinion_200111_2.pdf

Studien zu ACTA im Auftrag der Fraktion Grüne/EFA:
- ACTA and Access to Medicines: http://rfc.act-on-acta.eu/access-to-medicines
- Compatibility ACTA with the European Convention on Human Rights & the EU Charter of Fundamental Rights: http://rfc.act-on-acta.eu/fundamental-rights

Wortlaut von ACTA: http://trade.ec.europa.eu/doclib/html/147937.htm

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