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Frank Schwabe
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Frage von Helmut S. •

Frage an Frank Schwabe von Helmut S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Menschenrechtslage in der Westbank?

Sehr geehrter Herr Schwabe,

Sie sind Sprecher des Menschenrechtsausschuss des Bundestags.

Zur Menschenrechtslage in der Westbank bitte ich Sie um die Beantwortung folgender Fragen:

1. In der Area C der Westbank, die 62 % der Gesamtfläche der Westbank abdeckt, lebten 2011 noch 5,8 % der palästinensischen Westbank-Bevölkerung (EU-Report / European Heads of Mission in Jerusalem and Ramallah / "Area C and Palestinian Statebuilding" July 2011).

Sind Sie der Meinung, dass dies den Tatbestand der Ethnischen Vertreibung (ethnic cleansing) im Sinne des Völkerrechts erfüllt?

2. Von welchem Begriff der "Ethnischen Vertreibung" gehen Sie bzw. das Gremium, für das Sie sprechen dabei aus? In Anlehnung an die Verwendung des Begriffs "ethnical cleansing" durch die UNO und den Internationalen Gerichtshof gehe ich von folgender Definition aus: ".... die gezielte und geplante Entfernung einer spezifischen ethnischen Gruppe aus einem bestimmten Gebiet mittels Gewalt oder Einschüchterung zu dem Zweck, dieses Gebiet ethnisch homogen zu gestalten" ( http://www.openisbn.com/preview/0415274168/ - Seite 2).

3. Ist die Menschenrechtslage in der Westbank Gegenstand der Beschäftigung des zuständigen Bundestagsausschuss in dieser Legislaturperiode. Wenn ja welcher Form und zu welchen Themen? Wenn nein: Warum nicht und was gedenken Sie persönlich zu unternehmen, dass sich dies ändert?

MfG
Helmut Suttor

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Suttor,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne beantworte. Mir ist bekannt, dass Sie sich mit der Frage, ob eine „ethnische Vertreibung“ in den C-Gebieten vorliegt, auch bereits an meinen Vorgänger als Sprecher für Menschenrechte und humanitäre Hilfe der SPD-Fraktion, Christoph Strässer, gewandt haben. Ich kann mich der Antwort von Herrn Strässer nur anschließen:

Ich sehe den Tatbestand der ethnischen Vertreibung nicht gegeben. Nach dem Römischen Statut ist „Vertreibung oder zwangsweise Überführung der Bevölkerung“ eines der vier Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Darunter wird „die erzwungene, völkerrechtlich unzulässige Verbringung der betroffenen Personen durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen aus dem Gebiet, in dem sie sich rechtmäßig aufhalten“ verstanden.

Viele Maßnahmen Israels, die den Palästinensern das Leben massiv erschweren oder sogar ihre Existenzgrundlage beeinträchtigen, wie dies mit der Mauer geschieht, dem verweigerten Ausbau der Infrastruktur, dem Abholzen von Olivenbäumen und dem Siedlungsbau, tragen sicher dazu bei, dass immer mehr Menschen ihre Heimatregion verlassen und verlassen haben. Mit solchen Maßnahmen bin ich absolut nicht einverstanden. Eine (ethnische) Vertreibung kann ich jedoch nicht erkennen - auch wenn womöglich nicht nur die insgesamt schwierigen Lebensbedingungen vor allem für junge arbeitssuchende Palästinenser, sondern auch die konkreten israelischen Maßnahmen zu einer stark abnehmenden Zahl palästinensischer Bewohner/innen geführt haben.

Als menschrechtspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion bin ich ständig mit schwersten Verbrechen konfrontiert. Dies macht eine sorgfältige Bewertung der Lage und eine verbal vorsichtige Einordnung nötig. Daher bin ich trotz aller Betroffenheit zurückhaltend bei der Verwendung von Begrifflichkeiten wie ethnische Vertreibung.

Ich bin mir sicher, dass der aktuelle Konflikt zwischen Israel und der Hamas nach der Sommerpause im Menschenrechtsausschuss analysiert wird und dass wir uns auch in dieser Legislaturperiode mit der Menschenrechtslage in der Westbank befassen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Frank Schwabe, MdB

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