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Frank Kuschel
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Frage von Sabine N. •

Frage an Frank Kuschel von Sabine N.

Sehr geehrter Herr Kuschel,
in der Vergangenheit konnte man aus der Presse entnehmen, dass die finanzielle Situation der Stadt Eisenach katastrophal ist.Viele Dinge sind durch diese Situation nicht mehr finanzierbar. Auf der anderen Seite liest man, dass der Wartburgkreis keine Schulden hat.
Würde sich aus Ihrer Sicht mit einer Gebietsreform, die im übrigen ja alle Parteien irgendwann wollen, die Situation für Eisenach ändern können? Welche Möglichkeiten gibt es aus dieser Misere heraus zu kommen. Was bedeutet es wenn Eisenach keine kreisfreie Stadt mehr ist?

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Neuhäuser,

ich teile Ihre Einschätzung im Bezug auf die Finanzsituation der Stadt Eisenach. Die Finanzprobleme der Stadt Eisenach sind nicht in erster Linie auf das Versagen der dort verantwortlichen Kommunalpolitiker zurückzuführen. Vielmehr ist die Situation struktureller Natur. Eisenach erfüllt nicht die Voraussetzungen für eine kreisfreie Stadt. Die Erfahrungen belegen, dass eine kreisfreie Stadt über mindestens 100.000 Einwohner verfügen sollte. Nur bei einer solchen Größenordnung kann das erforderliche eigene Steueraufkommen für die Aufgabenerledigung als kreisfreie Stadt erwirtschaftet werden. Insofern war die Entscheidung des Thüringer Landtags, Eisenach aus den Wartburgkreis auszugliedern und kreisfrei zu machen, falsch. Natürlich ist mir bekannt, dass auch zahlreiche Kommunalpolitiker aus Eisenach damals die Kreisfreiheit gefordert und begrüßt haben. Zwischenzeitlich hat sich bestätigt, dass Eisenach aus eigener Kraft nicht in der Lage sein wird, dauerhaft alle kommunalen Aufgaben in einem angemessenen Umfang und Qualität zu erfüllen. Deshalb muss im Interesse der Bürger die Kreisfreiheit von Eisenach in Frage gestellt werden.

An einem Beispiel will ich das verdeutlichen: Eisenach ist als kreisfreie Stadt Schulträger. In den Schulen gibt es inzwischen einen Investitionsstau von 17,5 Millionen EUR. Gegenwärtig kann die Stadt jährlich ca. 500.000 EUR in die Schulen investieren. Die Stadt würde demnach 35 Jahre brauchen, um diesen Investitionsstau abzubauen. In dieser Zeit ist jedoch bereits ein neuer Investitionsstau entstanden.

Das Finanzproblem der Stadt über höhere Landeszuweisungen zu lösen (so wie es z. B. die SPD fordert), halte ich für nicht zielführend. Die Lösung besteht aus meiner Sicht in der Rückkreisung der Stadt in den Wartburgkreis. Eine Vielzahl von Aufgaben, die zur Zeit die Stadt wahrnimmt, wie z. B. die Schulträgerschaft, der Öffentliche Personennahverkehr oder die Umsetzung des Sozialrechts, würden dann vom Kreis übernommen und finanziert werden. Die Stadt müsste sich dann zwar auch an der Finanzierung der Kreisaufgaben beteiligen müssen, dies jedoch nur in Höhe der Kreisumlage, die gegenwärtig bei 32 Prozent liegt. Durch die Rückkreisung in den Wartburgkreis könnte Eisenach nach meinen Schätzungen jährlich um 6 Millionen EUR entlastet werden. Dieses Geld (unter Beachtung des Haushaltsdefizits) stände für andere kommunale Aufgaben zur Verfügung. Zu beachten ist dabei, dass Eisenach gegenwärtig ein jährliches Haushaltsdefizit von rund 3 Millionen EUR aufweist. Die zusätzlichen Kosten für den Wartburgpreis wären verkraftbar. Der Wartburgkreis ist schuldenfrei und verfügt über die zweithöchste Steuerkraft.

Wenn Eisenach die Kreisfreiheit verliert, gehen nur einige Aufgaben an den Landkreis über. Dies betrifft u.a. die Schulträgerschaft, die Zuständigkeit für den Öffentlichen Personennahverkehr, die Abfallwirtschaft und der Sozialbereich.

Mit freundlichem Gruß

Frank Kuschel