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Frage von Angelina T. •

Frage an Frank Kuschel von Angelina T. bezüglich Bildung und Erziehung

Hallo Frank Kuschel,

„Für die Erziehung eines Kindes braucht es ein ganzes Dorf“ afrikanische Weisheit

Thüringen zahlt allen Eltern, die nach dem Auslaufen des Elterngeldes keinen Krippenplatz für ihre Kleinkinder beanspruchen, ein Betreuungsgeld von 150 Euro. Mit dieser Regelung werden meist Mütter vom Arbeitsmarkt fern gehalten und oft wertvolle Zeit in der frühkindlichen Bildung verschenkt.
Wäre es nicht sinnvoller Kitaplätze (auch für Kinder unterhalb des Rechtsanspruch) generell Elternbeitragsfrei zur Verfügung zu stellen? Gibt es heute schon Finanzierungsmöglichkeiten für Kommunen auf die Kitabeiträge der Eltern zu verzichten?

Vielen Dank für ihre Antwort
Angelina Täschner

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Täschner,

ich teile Ihre Einschätzung, dass das Thüringer Betreuungsgeld Mütter, aber auch Väter „motiviert“, sich gegen die Arbeit zu entscheiden und zudem die Kinder erst später die unbestritten förderliche frühkindliche Bildung in Einrichtungen erhalten. Insbesondere bei sozial benachteiligten Familien wie Bedarfsgemeinschaften nach Hartz IV ist diese „Motivation“ besonders stark. Hier sind 150 EUR im Monat gemessen an den Regelsätzen ein Geldbetrag, der dazu führen kann, die Kinder nicht in einer Kita betreuen zu lassen. Dabei muss bedacht werden, dass bei einem Besuch einer Kita auch noch Gebühren und Kostenbeiträge für das Essen anfallen. Da summiert sich die finanzielle Belastung für diese Familien.

Das Thüringer Betreuungsgeld ist die Folge eines von der CDU favorisierten überalterten Familienbildes.

Die Erziehung der Kinder muss sicherlich auch weiterhin in der Familie erfolgen. Doch genau so wichtig ist die frühkindliche Bildung in Kindertagesstätten, die für mich Bildungseinrichtungen sind. Beides, die Erziehung in der Familie und die frühkindliche Bildung in Kindertagesstätten bilden für mich eine Einheit. Das Thüringer Betreuungsgeld ist für mich auch deshalb bedenklich, weil gleichzeitig Gelder aus den Kindertagesstätten abgezogen wurden. Dies führt eben zu dieser einseitigen Verschiebung der Erziehung und Bildung der Kinder im Rahmen der Familie.

Ich unterstütze ausdrücklich die Forderung der Initiative „Für eine bessere Familienpolitik in Thüringen“, die ein Volksbegehren gestartet haben, um die Kürzungen der CDU im Bereich der Kindertagesstätten rückgängig zu machen. Dieser Bereich braucht mehr Geld und mehr Personal. Und die Finanzierung muss gemeinsam durch das Land und die Kommunen erfolgen, denn frühkindliche Bildung ist nicht nur Sache der Kommunen, sondern eben auch des Landes. Die Kommunen leisten hier zurzeit mehr als das Land. Die Kommunen sind aber nicht in der Lage, die Kürzungen des Landes dauerhaft auszugleichen. Deshalb bleibt hier das Land in der Pflicht.

Wenn man den Ansatz wählt (wie ich), dass frühkindliche Bildung eben als Bildung angesehen wird, muss man auch über Ihren Vorschlag der Kostenfreiheit diskutieren. Eine komplette Kostenfreiheit für den Kitabereich würde im Jahr etwa 100 Millionen EUR kosten. DIE LINKE ist zu einer solchen Diskussion bereit. Als Einstieg wären ein kostenloses Mittagessen und die Gebührenfreiheit für das letzte Kitajahr denkbar. Dies würde ca. 20 Millionen EUR im Jahr kosten und wäre im Landeshaushalt durchaus darstellbar.

Gegenwärtig können Kommunen selbst entscheiden, ob und in welcher Höhe sie Kitagebühren erheben und ob sie auch Betreuungsangebote unterhalb des Rechtsanspruchs anbieten. Doch diese Entscheidung ist im starken Maße von der Finanzsituation der jeweiligen Kommune abhängig. Da diese Finanzsituation flächendeckend sehr angespannt ist, beschränken sich die Kommunen meist auf eine soziale Staffelung der Gebühren und gewähren nur im Einzelfall Gebührenfreiheit. Die Kommunen können gegenwärtig das Problem nicht allein lösen. Hier ist das Land gefordert und in der Pflicht.

Mit freundlichem Gruß

Frank Kuschel