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Fabio De Masi
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Frage von Christoph W. •

Ist sichergestellt dass mit der Einführung des Digitalen Euro Sozialleistungen auch weiter als Bargeld ausgezahlt werden und Digitalzwang - "Geld" nicht verpflichtend wird ?

1) Bargeldverbot.Info

2) Digitalcourage.de

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Sehr geehrter Herr W.,

Mir ist bisher keine Bestimmung bekannt, die Bürger zur Verwendung des digitalen Euros zwingt. Es ist jedoch sehr wohl anzunehmen, dass die EZB und die Politik bemüht sein würden, die Nutzung des digitalen Euros (zum Beispiel durch Abwicklung staatlicher Transfers in digitalen Euros der EZB) weiter anzureizen. 

Die Auszahlung von Sozialleistungen, z. B. in einer Krisen- oder Katastrophensituation,, ist ein Anwendungsbereich, der explizit für den digitalen Euro immer wieder diskutiert wurde.

Man sollte aber auch bei berechtigter Kritik an den aktuellen Plänen zum digitalen Euro differenzieren: 

Aktuell werden Sozialleistungen ebenso „digital“ auf private Bankkonten ausgezahlt. Privates Bankengeld ist in einer Finanzkrise unsicherer als staatlich garantiertes Geld (denn eine Zentralbank kann in eigener Währung nie pleitegehen, eine private Bank schon). 

Auch die Möglichkeit der Überwachung von Zahlungsflüssen bzw. des Durchbrechens des Bankgeheimnisses ist bei Sozialleistungen schon jetzt gegeben.

Ein Unterschied wäre ggf. dass die EZB leichteren Zugriff auf Daten hätte. Die EZB betont aber aktuell, dass der digitale Euro so gestaltet werden soll, dass personenbezogene Daten auf das für das Funktionieren des Zahlungssystems notwendige Maß beschränkt werden. Es soll laut EZB ein hohes Maß an Privatsphäre gewährleistet werden, insbesondere bei Offline-Zahlungen, die so anonym wie Bargeld sein sollen. Die EZB betont auch, dass sie nicht in der Lage sein wird, Zahlungen einzelnen Nutzern zuzuordnen. Ich sehe diese Zusicherungen jedoch noch nicht vollständig verwirklicht: 

Zu den Datenschutzaspekten des digitalen Euro:

Beschränkung der Datenerhebung:

Die EZB und Zahlungsdienstleister sollen nur die Daten verarbeiten, die für die Nutzung des digitalen Euro unbedingt erforderlich sind. Was dies in der Praxis heißt, ist aus meiner Sicht noch nicht hinreichend geklärt. 

Offline-Zahlungen:

Zahlungen im Offline-Modus sollen so anonym wie Bargeld sein, d. h., weder die EZB noch die Zahlungsdienstleister sollen in der Lage sein, diese Transaktionen bestimmten Personen zuzuordnen. Allerdings würde es hier geldwäscherechtliche Obergrenzen geben.

Denn trotz des Datenschutzes soll der digitale Euro auch zur Geldwäscheprävention beitragen, was wie bei Bargeld auch natürlich Fragen der Anonymität und Rückverfolgbarkeit und der Schwellenwerte für anonyme Transaktionen aufwirft. 

Die Einführung einer Datenschutzschwelle für Online-Transaktionen, unterhalb derer Transaktionen nicht zurückverfolgt werden, wird von Experten aktuell empfohlen. 

Ich sehe den unzureichenden Schutz des physischen Bargelds kritisch und habe zu meiner Position zum digitalen Euro ein umfangreiches Video produziert, das auf die Vor- und Nachteile sowie Probleme des digitalen Euros differenziert und präzise eingeht.

Sie finden das Video hier

https://m.youtube.com/watch?v=Ums5EjzC74k
 

Mit freundlichen Grüßen

Fabio De Masi
 

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