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Erik Schweickert
FDP
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Frage von Michael M. •

Frage an Erik Schweickert von Michael M. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Schweickert,

mit einiger Verwunderung nehme ich zur Kenntis, daß in Folge offensichtlicher Unfähigkeit von Mitarbeitern der Sicherheitsbehörden (i.d.F. der USA; siehe hierzu Reaktion des US-Präsidenten- wiedergegeben in der Tagespresse und im Rundfunk) plötzlich in Deutschland Nack-/Bodyscanner eingeführt werden sollen.
Frage 1: was hat eigentlich das Versagen von US-Sicherheitsbehörden mit der Einführung von Nack-/Bodyscannern in Deutschland zu tun ?
Frage 2: Sind Sie der Meinung, daß vor der Durchleuchtung der Bevölkerung nicht zunächst die Verbesserung der Kommunikation und Effizienz von Sicherheitsbehörden stehen müßte?
Frage 3: Welches Konzept verfolgt die FDP als Regierungspartei, um den tatsächlichen Ursachen von islamistischem Terrorismus auf den Grund zu gehen ?
Frage 4: Welches Konzept verfolgt die FDP als Regierungspartei, um Ursachen von islamistischem Terrorismus durch konkrete Maßnahmen zu begegnen ?
Frage 5: Welche wirksamen Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um Israel a) zur Friedenslösung im nahen Osten zu drängen und b) die humanitäre Lage der Menschen im Gazastreifen zu verbessern (siehe hierzu B. Marx: Gaza, Bericht aus einem Land ohne Hoffnung).

Mit freundlichen Grüßen

M. März

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr März,

haben Sie vielen Dank für Ihren Eintrag bei Abgeordnetenwatch und Ihre Fragen, die ich Ihnen gerne beantworte.

1. Wir als Liberale stehen der Einführung von Nacktscannern sehr kritisch gegenüber. Auch Sicherheit muss sich an der Würde des Menschen orientieren. Menschen „nackt zu machen“, ist ein empfindlicher Eingriff in die Persönlichkeit. Deshalb haben wir die erste Generation von Nacktscannern abgelehnt. Wenn es jetzt bei Körperscannern technische Neuerungen gibt, die den Schutz der Intimsphäre gewährleisten, werden wir uns das genau ansehen. Schließlich ist auch uns an einer Verbesserung der Flugsicherheit gelegen. Wenn diese durch technische Geräte erhöht werden kann, die im Einklang mit den Persönlichkeitsrechten der Fluggäste sind, werden wir dieser Entwicklung nicht entgegenstehen. Wir sind uns aber auch im Klaren darüber, dass der Glaube, immer mehr Informationen steigern die Sicherheit, ein Irrtum ist. Wir müssen alle uns möglichen Sicherheitsvorkehrungen treffen, aber perfekte Sicherheit wird es nicht geben.

2. Die Einführung von technischen Geräten, die die Flugsicherheit erhöhen, steht nicht im Widerspruch zur Verbesserung von Kommunikation und Effizienz der Sicherheitsbehörden. Beides sollte komplementär erfolgen.

3. Über die Ursachen für das Entstehen von Terrorismus ist bereits viel geforscht worden. Wie in den meisten Fällen kann Terrorismus nicht auf eine einzelne Quelle zurückgeführt werden. Die Radikalisierung von Menschen verläuft auch nicht gradlinig nach den gleichen Entwicklungen. In der Forschung werden daher unterschiedliche Ursachen für das Entstehen von Terrorismus genannt, die von Armut über das Gefühl von Perspektiv- und Chancenlosigkeit, dem Gefühl der Unterdrückung bis hin zu religiöser Radikalisierung reichen.

4. Prävention von Terrorismus ist eine hochkomplexe Frage. Haben Sie bitte Verständnis, dass ich als verbraucherschutzpolitischer Sprecher meiner Fraktion die Position der FDP daher nur kurz anreißen kann. Dazu gehören die Förderung wirtschaftlicher Entwicklung, Armutsbekämpfung, Zugang zu Bildung und zu Gesundheitsdiensten. Grundsätzlich gilt es, den Menschen Perspektiven zu geben und dadurch den Nährboden für Radikalisierung zu entziehen. Für detailliertere Antworten empfehle ich Ihnen, sich an unseren Außenminister Dr. Guido Westerwelle, an unseren außenpolitischen Sprecher Rainer Stinner oder an unsere sicherheitspolitische Sprecherin Elke Hoff zu wenden.

5. Deutsche Außenpolitik im Nahen Osten ist immer Politik unter besonderen Vorzeichen. Das Existenzrecht Israels als jüdischer Staat ist unverzichtbare Konstante liberaler Außenpolitik. Aus historisch gewachsener Verantwortung ebenso wie aus wohlverstandenem Eigeninteresse muss Deutschland eine aktive Nahostpolitik betreiben. Das besondere – vielleicht einzigartige – Kapital, das Deutschland hierbei einzubringen hat, ist die Verbindung aus seiner Freundschaft zu Israel und seinem Ansehen in der arabischen Welt. Dieses Kapital klug einzusetzen, und das heißt auch, es nicht aufs Spiel zu setzen, ist der größte und wichtigste Beitrag, den Deutschland im Nahen Osten zu leisten im Stande ist.

Die Vorstellung, man könne den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern in einzelnen Elementen oder isoliert von den anderen Fragen in der Region behandeln, ist nicht zielführend, weil die Verflechtung der Einzelkonflikte viel zu groß ist – Grenzkonflikte, Flüchtlingsfragen, Finanzierung von Terrorismus und vieles mehr. Zudem haben uns die vergangenen Jahrzehnte dieses ungelösten Konfliktes gelehrt, dass auch im Angesicht unschuldig leidender Zivilisten Schuldzuweisungen in die eine oder andere Richtung nicht dem Friedensprozess dienen, sondern im Gegenteil die Gräben des gegenseitigen Hasses immer tiefer werden lassen. Eben diese Gräben aus Hass, Gewalt und wechselseitiger Demütigung müssen aber überwunden werden, wenn eine nachhaltige Aussöhnung in der Region eines Tages Realität werden soll. Weder Amerika noch Europa können Frieden vorschreiben oder gar erzwingen. Frieden setzt die Friedensbereitschaft der Konfliktparteien voraus.

Aus diesen Beobachtungen ergeben sich im Kern zwei Konsequenzen: erstens das Erfordernis der Etablierung eines umfassenden und deshalb regionalen Lösungsansatzes und zweitens die Notwendigkeit der weitestmöglichen Loslösung eines solchen Ansatzes von der Tagespolitik. Nach dem Vorbild des KSZE-Prozesses fordern wir Liberalen deshalb eine Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen Osten (KSZNO), in deren Rahmen neben den regional beteiligten Konfliktparteien auch die USA, Europa, Russland und die Vereinten Nationen an einen Tisch gebracht werden. Schon oft schien eine Lösung des Nahostkonfliktes in greifbarer Nähe, und noch öfter gab es schwere Rückschläge auf dem Weg zu einer Friedenslösung. Eine Grundbedingung für eine nachhaltige Friedenslösung ist auch heute noch ein umfassender Gewaltverzicht. Es ist vollkommen klar, dass weder Israel noch die internationale Staatengemeinschaft es hinnehmen könnten, dass irgendeine Organisation auf dieser Welt Erfolg dabei hätte, sich internationale Anerkennung oder gar einen eigenen Staat mit Gewalt zu erzwingen. Würde man dies in einem Fall akzeptieren, dann fände dies weltweit Nachahmer und die Welt wäre weitaus unsicherer als zuvor. Zugleich vertreten wir die Meinung, dass Israel sein legitimes Streben nach einem Leben in Frieden und Sicherheit nur im Rahmen einer Zweistaatenlösung wird erreichen können. Hierfür werden beide Seiten zu für sie schmerzhaften Kompromissen bereit sein müssen, einschließlich der von Ihnen angesprochenen Fragen hinsichtlich der Siedlungsaktivitäten im Westjordanland, bei der Rückkehr von Flüchtlingen und vielen weiteren Fragen. Nach Jahrzehnten des Krieges ist es dabei wenig hilfreich, mit der Klärung der Schuldfrage zu beginnen oder neue Gewalteskalationen als Szenario an die Wand zu malen. Vielmehr muss vom Ergebnis her gedacht werden, mit der Perspektive zweier Staaten, die in Frieden und Sicherheit leben und sich entwickeln können. Trotz aller Rückschläge ist diese Perspektive alternativlos. Eine erfolgreiche Nahostpolitik muss auf jene Kräfte der Region setzen, die Fundamentalismus und Gewalt ablehnen.

Für weitere Informationen zum Umgang der FDP mit Terrorismus und der liberalen Nahost-Politik können Sie sich auch gerne mit unserem Außenminister, Dr. Guido Westerwelle ( guido.westerwelle@bundestag.de ) in Verbindung setzen.

Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Erik Schweickert MdB

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