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Dominik Lawetzky
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Frage von Jutta G. •

Bund: Einführung des Bürgergeldes - Wie bewerten Sie das aktuelle Bürgergeld?

Lieber Herr Lawetzky,
in meinem Haushalt wurde über das Bürgergeld diskutiert. Wie bewerten Sie das aktuelle Bürgergeld? Welche Idee steckt dahinter? Die BILD Zeitung schreibt: arbeiten lohnt sich nicht mehr. Ist das Bürgergeld eine Einladung in die "soziale Hängematte"? Auf Basis welcher Erfahrungen / Erhebungen wurde das umgesetzt Wie sehen Sie das? LG

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau G.,

das Bürgergeld wurde vom Bundestag und Bundesrat beschlossen und trat zum 1. Januar 2023 in Kraft. Es brachte eine klare Kurskorrektur in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, war das Ende von Hartz IV und der Beginn einer neuen Sozialpolitik. Das Bürgergeld schuf eine neue Grundsicherung, die Millionen von Menschen mehr Sicherheit und neue Perspektiven bietet. Es beinhaltet eine Erhöhung der Regelsätze, Respekt und Würde für die Bürgerinnen und Bürger sowie eine Offensive für Weiterbildung und Qualifikation.

Das Bürgergeld unterstützt mit einer Reihe von Maßnahmen die berufliche Weiterentwicklung und bietet individuelle Förderung und Beratung. So schafft es mehr Sicherheit, da die Inflation bei der Anpassung der Regelsätze stärker berücksichtigt wird. Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, können Bürgergeld erhalten, ohne ihre finanziellen Rücklagen für das Alter auflösen zu müssen oder sich nach einer kleineren Wohnung umsehen zu müssen. Das ermöglicht ihnen, sich auf die Jobsuche oder Weiterbildung zu konzentrieren, anstatt Angst vor dem Abstieg zu haben. Hierdurch soll ein armutsbefördernder Kreislauf durchbrochen werden.

Wie in Ihrer Frage anklang, schwirrt in der Diskussion ums Bürgergeld immer wieder die Aussage herum, dass sich „Arbeit nicht mehr lohnt“. Dabei handelt es sich – aus meiner Sicht – um ein Scheinargument. Denn allein die Unterstellung, ein Großteil der Menschen würde, wenn er nicht müsste, keiner Arbeit nachgehen, ist nicht tragfähig. Laut einer aktuellen Bertelsmann-Befragung würden mehr als 70 Prozent der Deutschen weiter arbeiten, auch wenn sie alternativ ein sehr hohes Arbeitslosengeld bekämen (Quelle: https://www.sueddeutsche.de/karriere/umfrage-zur-bedeutung-der-arbeit-keine-arbeit-ist-auch-keine-loesung-1.2735669). Arbeit ist für die meisten Menschen mehr als Broterwerb; sie ermöglicht Fortentwicklung, gesellschaftliche Einbindung, Gruppenzugehörigkeit und vor allem Selbstverwirklichung. Darauf mögen die meisten nicht verzichten – unabhängig von rein-ökonomisch attraktiven Alternativen. 

Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, kritisierte zuletzt im WDR nicht die erhöhte Grundsicherung, sondern fordert eine bessere Bezahlung im Niedriglohnsektor, um sicherzustellen, dass Menschen nicht mehr auf staatliche Hilfe angewiesen sind (Quelle: https://www1.wdr.de/nachrichten/buergergeld-anreiz-arbeit-100.html). Auch Holger Schäfer, Arbeitsmarktexperte vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW), glaubt nicht, dass das neue Bürgergeld Menschen in die Arbeitslosigkeit lockt. Er betont gegenüber dem WDR, dass der Unterschied zwischen Verdienstmöglichkeiten und Transferleistungen ein Anreiz für Arbeit sein kann, aber die Rechnung komplizierter ist. 

Jenseits der theoretischen Argumentation kann zudem festgestellt werden, dass kein signifikanter Anstieg der Arbeitslosigkeit seit der Einführung des Bürgergeld zu verzeichnen ist. Hierzu wird es in Zukunft genaue wissenschaftliche Evaluationen geben, die anschließend zur Grundlage für weiteres politisches Handeln werden sollten.

Abschließend möchte ich anmerken, dass Entscheidungen zum Bürgergeld im Deutschen Bundestag getroffen werden. Auch wenn ich für den Hessischen Landtag kandidiere, war es mir wichtig, zu Ihrer Frage Stellung zu beziehen. Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. 

Mit freundlichen Grüßen
Dominik Lawetzky