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Dietmar Bartsch
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Frage von Sönke L. •

Wie definieren Sie und Ihre Partei "demokratiefeindlich/undemokratisch"?

Sehr geehrter Herr Bartsch,

vor Kurzem haben Sie und Ihre Parteikollegin Amira Mohamed Ali, dem ukrainischen Vize-Außenminister Andij Melnyk ein "armseliges Demokratieverständnis" vorgeworfen, nachdem dieser Sahra Wagenknecht verbal attackiert und als "widerliche Hexe" bezeichnet hat. Zweifellos ist ein solches Verhalten nicht förderlich für den internationalen Dialog, dennoch erkenne ich darin nichts offen Undemokratisches.

Auf der anderen Seite sind Sie am 15.01.23 beim Gedenktag für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht mit anderen Demonstranten marschiert (https://www.berliner-zeitung.de/news/demos-in-berlin-zum-jahrestag-der-ermordung-von-karl-liebknecht-und-rosa-luxemburg-li.307195), welche Banner mit der Aufschrift "Vereinigt euch unter dem Maoismus" trugen und mit Sprechchören wie "Erst der Griff der Masse zum Gewehr, bringt den Sozialismus her" offen ihre Ablehnung unserer Demokratie zum Ausdruck brachten.

Sehen Sie dort als Demokrat keinen Widerspruch?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr L.

lassen Sie mich Ihre Frage anhand des konkreten Sachverhalts beantworten: Russland hat die Ukraine völkerrechtswidrig angegriffen. Die Ukraine hat jedes Recht, sich gegen diesen Angriff zu wehren. Ukrainische Regierungsvertreter dürfen einfordern, was aus ihrer Sicht dazu geeignet ist, sich dem russischen Vorgehen zu widersetzen. Daraus folgt gleichwohl nicht, dass andere Staaten diese Forderungen erfüllen müssen. Darüber muss debattiert werden. Darüber muss sachlich gestritten werden, Sorgen und Ängste der Bevölkerung in Deutschland ernst genommen werden. 

Sahra Wagenknecht hat inhaltlich begründet, warum sie die Lieferung von Kampfpanzern ablehnt. Sie hat beschrieben, in welche Spirale wir geraten, wenn es (fast) ausschließlich um immer mehr, immer schwerere Waffen geht. Auch ich habe in meiner letzten Rede im Deutschen Bundestag gefragt, was nach Kampfpanzern kommen soll - Kampfjets, Kriegsschiffe? 

Ukrainische Regierungsvertreter fordern diese bereits. Aus Sicht der Ukraine mag das rational sein. Hierzulande wird darüber vornehmlich mit Argumenten, wenn auch z.T. mit wenig Sachkenntnis diskutiert. Demokratischer "Wettbewerb" eben. Was nur nicht zum demokratischen Wettbewerb um Ideen und Mehrheiten gehört, sind unanständige Beleidigungen fern jedes Arguments. 

Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch

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