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Dietmar Bartsch
DIE LINKE
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Frage von Werner B. •

Frage an Dietmar Bartsch von Werner B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Warum hört man von "Die Linke." eigentlich nichts zum Tibet-Konflikt? Sind der Partei die Menschenrechtsverletzungen im kommunistischen China gleichgültig? Wie stehen Sie zu einem Boykott der Olympischen Spiele?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Bartel,

meine Partei, DIE LINKE, verfolgt aufmerksam und mit Sorge die Entwicklungen im Konflikt um Tibet. An dieser Stelle können von mir sämtliche Fragen nur angerissen werden.

In der Öffentlichkeit wird die sog. Tibetfrage teilweise einseitig und damit unzutreffend behandelt. Es ist unzutreffend, diesen Konflikt in seiner aktuellen Erscheinung so darzustellen, als kämpfe das tibetische Volk um die Wiederherstellung seiner nationalen Unabhängigkeit. Nach der Einverleibung des Tibet in das damals chinesisch-mongolische Großreich im 13. Jahrhundert gehört Tibet zu China. Die vom 13. Dalai Lama 1913 ausgerufene Unabhängigkeit Tibets ist nicht nur von China sondern von keiner Regierung eines anderen Landes und von keiner internationalen Organisation je anerkannt worden. Wir halten es für richtig, dass alle bisherigen Regierungen der Bundesrepublik Tibet als Bestandteil der VR China anerkennen.

Auch in der Tibetfrage bleibt DIE LINKE bei der Auffassung: Konflikte jeder Art müssen friedlich und gewaltfrei gelöst werden. In welchem Land auch immer Menschenrechte und Freiheit verletzt werden, prangern wir das an.

Die Drohung mit einem Olympiaboykott halte ich für falsch und verlogen. Sie ist schon deshalb falsch, weil sie - wie die „Geschichte der Olympiaboykotts“ zeigt - die Falschen trifft. Sportlerinnen und Sportler aus aller Welt bereiten sich auf ihre Teilnahme auf Olympische Spiele vor. Für nicht wenige gibt es nur einmal die Chance, an den Spielen teilzunehmen und sie richten ihre gesamtes sportliches Engagement genau darauf aus.

Sie ist verlogen und scheinheilig, weil weder der Konflikt, noch sein bisheriger Verlauf zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Vergabe der Olympischen Spiele unbekannt waren. Solange in China gute Geschäfte zu machen sind, sind Demokratie- und Menschenrechtsverletzungen offenbar kein Argument für Wirtschaftsboykott u.ä. Nunmehr, wo seit einigen Jahren sichtbar wird, dass China sich anschickt als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt ein sehr ernstzunehmender Konkurrent um Märkte und Einfluss wird, glauben einige offensichtlich, die Olympischen Spiele – gegen deren Ausrichtung in China sie nichts hatten – als Erpressungspotential nutzen zu können, und das auf dem Rücken der Sportlerinnen und Sportler.

Der einzig akzeptable und erfolgversprechende Weg zur Lösung der Konflikte zwischen der chinesischen Regierung und Tibet sind politische Strategien, die auf Dialog und Verständigung setzen und auf jegliche Gewalt verzichten. Jegliches Agieren – von innen wie von außen - welches die territoriale Integrität Chinas in Frage stellt, schadet dem Ziel der Lösung der Tibetfrage

Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch

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