Portraitfoto von David Schliesing
David Schliesing
Die Linke
100 %
/ 3 Fragen beantwortet
Frage von Samy H. •

Sehr geehrter Herr Lehmann, wie stehen Sie zu dem Vorschlag des Kulturstaatsministerin Wolfram Weimer, eine Abgabe des Umsatzes von Tech-Großkonzernen zu verlangen? Mit freundlichen Grüßen, Samy H.

Portraitfoto von David Schliesing
Antwort von
Die Linke

Hallo Samy H.,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworten möchte:

Es ist skandalös und überhaupt nicht hinnehmbar, dass vor allem multinationale, meist aus den USA stammende Techkonzerne wie Alphabet (Google), Amazon, Apple, Meta (Facebook, Instagram) und Microsoft mit unseren Daten innerhalb der EU riesige Milliardengewinne erzielen, aufgrund (legaler) Steuervermeidungstricks aber so gut wie keine Steuern zahlen. Die Debatte über eine Digitalsteuer flammt alle paar Jahre auf und das Problem ist seit langem allgemein bekannt und sehr gut dokumentiert: Aufgrund der ungeheuren Marktmacht der Digitalkonzerne, einer völlig verfehlten Steuerpolitik und viel zu unterwürfigen Entscheidungsträger:innen in der EU-Kommission und den Mitgliedsstaaten kommt es so jährlich zu Steuerausfällen in Höhe von hunderten Milliarden Euro in der EU. Es ist unfassbar, dass es bisher nicht gelungen ist, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Der letzte Versuch der Kommission für eine EU-weite Digitalsteuer scheiterte an Ländern wie Irland oder Schweden, aber auch an dem damaligen Bundeskanzler Scholz (SPD). Und während die USA praktisch der ganzen Welt den Handelskrieg erklärt haben, buckeln insbesondere konservative Politiker wie Ursula von der Leyen oder Friedrich Merz vor US-Präsident Donald Trump und vermeiden es, wo es nur geht, sich mit den Digitalkonzernen anzulegen.

Von daher begrüße ich den Vorschlag von Kulturstaatsminister Wolfram Weimer für die Einführung einer Digitalabgabe für große Online-Plattformen. Der „Plattform-Soli“, der die Onlinewerbung mit 10 Prozent besteuern soll, ist tatsächlich „moderat und legitim“. Denn nach Angaben des Netzwerk Steuergerechtigkeit zahlten die größten vier US-Digitalkonzerne (Alphabet, Apple, Meta, Microsoft) 2023 nur 2,9 Prozent Steuern auf Gewinne in Deutschland. Im Vergleich dazu zahlen nicht-digitale Konzerne im Schnitt 23 Prozent Steuern auf ihre Gewinne. Doch anders, als in vielen anderen Industriestaaten, die in den letzten Jahren eine nationale Digitalsteuer eingeführt haben, ist hierzulande nichts passiert. Deshalb ist es gut, dass durch den Vorstoß des Kulturstaatsministers das Thema wieder auf die Tagesordnung gekommen ist. Allerdings war der Vorschlag augenscheinlich innerhalb der Bundesregierung weder abgestimmt, noch ist er derzeit mehrheitsfähig. Wirtschaftsministerin Reiche und auch andere Konservative wie Unionsfraktionschef Jens Spahn lehnen eine Steuer grundsätzlich ab und bei der SPD herrscht weitestgehend Schweigen. Und dies, obwohl Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart haben, dass sie die Einführung einer Abgabe für Online-Plattformen, die Medieninhalte nutzen, zumindest prüfen und die Erlöse dem Medienstandort zugutekommen lassen wollen. 

Angesichts von Trumps Handelskrieg und massiven Zoll-Drohungen liegt die Notwendigkeit einer EU-Digitalsteuer und für ein gemeinsames europäisches Vorgehen auf der Hand. Doch darauf zu bauen, dass es dazu kommen wird, wäre naiv. Deshalb macht eine nationale Regelung, wie sie ja auch schon in Frankreich, Österreich, Spanien und Italien längst in Kraft ist, Sinn. Ob und wann diese Bundesregierung aber tatsächlich einen Entwurf für eine deutsche Digitalsteuer vorlegen wird, ist sehr ungewiss. Dabei wäre eine bessere Finanzierung unserer Kulturlandschaft, bei der eine Digitalsteuer durchaus einen großen Beitrag leisten könnte, so wichtig.

Ich bin jedenfalls gespannt, ob die Bundesregierung es tatsächlich hinbekommt, eine Digitalsteuer auf den Weg zu bringen. Noch ist ja einigermaßen unklar, wie ein „Plattformsoli“ konkret ausgestaltet sein könnte. Auch die Frage, wie die möglichen Einnahmen dann tatsächlich für die Kulturförderung bereitgestellt werden und nicht einfach im Bundeshaushalt verschwinden, ist unbeantwortet. Die Linke im Bundestag diskutiert und erarbeitet aktuell eigene Vorschläge für eine gerechte Besteuerung der Digitalkonzerne, zur Brechung ihrer alles beherrschenden Marktmacht und besseren Kontrolle. Wir werden die weiteren Debatten in jedem Fall intensiv verfolgen und jeden Vorschlag, der in die richtige Richtung geht und zu mehr Steuergerechtigkeit führt, konstruktiv begleiten.

Mit freundlichen Grüßen

David Schliesing

Was möchten Sie wissen von:
Portraitfoto von David Schliesing
David Schliesing
Die Linke