Sind Sie bereit sich der Kampagne gegen Brosius-Gersdorf entgegen zu stellen?
Sehr geehrte Frau Rump,
Brosius-Gersdorf steht für Grundrechte und Verfassungsintegrität.
🟣 Ihre Positionen zum Abtreibungsrecht sind rechtswissenschaftlich fundiert und gesellschaftlich mehrheitsfähig.
🟣 Sie ist für den 2. Senat nominiert – dort geht es u. a. um Parteiverbote, nicht um Abtreibung.
🟣 Wer sie diffamiert, gefährdet die Unabhängigkeit der Justiz.

Sehr geehrte Frau P.,
vielen Dank für Ihre Nachricht und dafür, dass Sie Ihre Gedanken zu den Ereignissen rund um die vertagte Wahl von drei neuen Mitgliedern des Bundesverfassungsgerichts mit mir teilen. Ich kann Ihre Sorgen und Ihre Empörung sehr gut nachvollziehen und möchte Ihnen meine Einschätzung dazu geben.
Wo es eigentlich um Haltung und Verantwortung gegenüber dem höchsten Gericht und dem Parlament gehen müsste, erleben wir parteipolitisches Taktieren. Das ist gefährlich für das Vertrauen in unsere Institutionen und für das respektvolle Miteinander in der Politik.
Dabei war der Weg klar vorgezeichnet. Die Fraktionen SPD und CDU/CSU hatten sich gemeinsam auf einen Personalvorschlag verständigt. Der Richterwahlausschuss hat diesen mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit bestätigt, so wie es unser Grundgesetz vorsieht. Dass die Union dann kurz vor der Wahl ohne nachvollziehbare Begründung aus dem Konsens ausgeschert ist, war der Höhepunkt einer diffamierenden Kampagne gegen Frauke Brosius-Gersdorf, die von rechten Medien verbreitet wurde. Dass die CDU/CSU sich von einer solchen Kampagne hat leiten lassen, verurteile ich. Diese Form der Stimmungsmache hat nichts mit einer verantwortungsvollen Auseinandersetzung über die Qualifikation einer Kandidatin zu tun, sondern ist Ausdruck einer gefährlichen Politisierung, die unsere demokratischen Institutionen schwächt.
Ich kenne Frauke Brosius-Gersdorf aus meiner Studienzeit an der Leibniz Universität Hannover. Sie ist eine hervorragende Juristin, klug, integrativ und eine ausgewiesene Expertin des Verfassungsrechts. Besonders betroffen machen mich die persönlichen Angriffe und Drohungen, denen Frau Brosius-Gersdorf in den vergangenen Wochen ausgesetzt war. Die Universität Hamburg hat angekündigt, die eingegangenen Hinweise zu ihrer Dissertation nach den bestehenden wissenschaftlichen Standards zu prüfen. Bisher gibt es nach wie vor keinerlei Nachweise für wissenschaftliches Fehlverhalten. Solche Vorwürfe dürfen niemals dazu genutzt werden, eine Kandidatin im politischen Verfahren zu diskreditieren.
Ich bedauere sehr, dass Frauke Brosius-Gersdorf ihre Kandidatur zurückgezogen hat. Das habe ich in einem persönlichen Brief an sie am 08. August zum Ausdruck gebracht. Bis zum Schluss stand ich immer hinter den drei Kandidaturen. Alle drei sind hochqualifiziert und verdienen unseren Respekt. Was sie nicht verdienen, sind falsche Behauptungen und politisches Kalkül auf ihre Kosten. Jeder Tag der Verzögerung hat das Vertrauen in das Parlament geschwächt und die Unabhängigkeit unseres höchsten Gerichts gefährdet.
Nun setze ich mich dafür ein, dass es so bald wie möglich zu einer verantwortungsvollen Abstimmung im Bundestag kommt und wir rasch eine weitere hervorragende Juristin finden. So eine Kampagne darf sich nicht wiederholen! Ich hoffe, dass auch die Union zu ihrer Verantwortung zurückfindet und wir in dieser und in anderen Fragen dringend notwendige Einigungen erreichen.
Das Bundesverfassungsgericht darf nicht Spielball parteipolitischer Interessen werden, sondern muss als Garant unserer Demokratie in seiner Autorität geschützt bleiben. Meine Hoffnung ist groß, dass wir schon bald zu einer Abstimmung im Bundestag gelangen und das Bundesverfassungsgericht seine wichtige Arbeit fortsetzen kann.
Viele Grüße
Daniela Rump