Damiano Valgolio
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DIE LINKE
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Frage von Wolf V. •

Frage an Damiano Valgolio von Wolf V. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

wie mutmaßlich auch Ihnen bekannt, existiert das Mindestlohngebot für die Berliner Taxibranche laut diverser Veröffentlichungen (z.B. "LabourNet Initiative" vom 04.04.16 / "Berliner Aktion gegen Arbeitgeberunrecht" vom 02.04.16) und auch aus eigener Anschauung nur auf dem Papier.
Die Betriebe manipulieren angeblich die Arbeitszeiterfassung i.d.R. bei der elektronischen Arbeitszeiterfassung mittels Auslösung der Pausenfunktion beim Aufenthalt auf den Standplätzen.
Der Reallohn liegt tagsüber demnach bei 6-7 Euro pro Std.
Die Behörden scheinen überlastet.
Aus ehemals Vollzeitbeschäftigten wurden auf dem Papier ein Heer von Teilzeitbeschäftigten …
Wie beabsichtigen Sie dem kurzfristig entgegenzutreten?

Mit nettem Gruß
Wolf

Damiano Valgolio
Antwort von
DIE LINKE

Lieber Kollege V.,
wir beobachten tatsächlich in einigen Branchen, dass der gesetzliche Mindestlohn dadurch umgangen wird, dass weniger Arbeitszeit vergütet wird, als tatsächlich gearbeitet wurde. Neben der Taxi-Branche gilt dies beispielsweise für die Gastronomie und das Reinigungsgewerbe. Viele Taxiunternehmen sind zudem Kleinbetriebe, so dass das Kündigungsgesetz nicht greift und viele Fahrer sich schon aus diesem Grund nicht wehren.
Deshalb ist es notwendig, dass die behördlichen Kontrollen verstärkt werden, wie auch der DGB fordert. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Zoll, die u.a. die Einhaltung des Mindestlohns überwacht, muss personell besser ausgestattet werden. Auf dem Papier sind empfindliche Strafen für Unternehmen vorgesehen, die den Mindestlohn unterlaufen. Aber dafür müssen die Verfehlungen auch entdeckt werden. Die LINKE Friedrichshain-Kreuzberg schlägt zudem bezirkliche Beratungsstellen für "Gute Arbeit" vor und einen bezirklichen Beauftragten, der als Vermittler zwischen Betroffenen, gewerkschaftlichen Beratungsstellen und Kontrollbehörden auftreten könnte und Missstände vor Ort erkennt. Vor allem Beratungsangebote in anderen Sprachen sind wichtig, da viele der betroffenen Kollegen schlecht deutsch sprechen.
Durch den gesetzlichen Mindestlohn erhalten die Aufsichtsbehörden eine wichtigere Rolle bei der Durchsetzung von Mindestarbeitsbedingungen. Wir sollten aber nicht vergessen, dass wirkliche Verbesserungen nur durch die Beschäftigten selbst erreicht werden können, ihre Gewerkschaften und deren Rechtsschutz. Dafür ist es wohl erforderlich, dass auch in prekären Bereichen, wie der Taxi-Branche, die Beschäftigten sich organisieren und so den Mut finden, ihre Rechte durchzusetzen. Die IG BAU hat beispielsweise gute Erfahrungen mit ehrenamtlichen Gruppen, die auf Baustellen informieren und schwarz Beschäftigte auf ihre Rechte hinweisen.
Beste Grüße,
Damiano Valgolio

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