Wie stehen Sie zu Waffenlieferungen nach Israel? Wie sollte die Bundesregierung eine Zunahme antisemitischer Übergriffe verhindern? Wie stehen Sie zur beabsichtigten Einladung Netanjahus?
Wir sind eine Gruppe politisch interessierter Frauen, die sich regelmäßig zu aktuellen Themen austauschen.
Wir sind zunehmend beunruhigt über die Haltung der Bundesregierung zum Geschehen in Israel, dass mit dem Ziel die Hamas zu zerschlagen ein ganzes Volk vertrieben und vernichtet wird, die Siedlungspolitik brutal weitergeführt und kritische Stimmen und NGOs im Land bedroht und verfolgt werden. Die deutsche Staatsräson in Bezug auf den Staat Israel kann nicht bedeuten, eine rechtsradikale Regierung zu unterstützen und mit Waffen zu beliefern.
Auch in Deutschland werden kritisch-solidarische Stimmen zur Situation der Menschen in Gaza und der Westbank unterdrückt und behindert, obwohl unsere Verfassung das Recht auf freie Meinungsäußerung garantiert. Wenn einer kritischen Auseinandersetzung kein Raum geboten wird, dann fürchten wir eine weitere Zunahme antisemitischer Angriffe in Deutschland.
Es erschüttert uns, dass Friedrich Merz Ministerpräsident Netanjahu einladen möchte.

Sehr geehrte Frau W.,
herzlichen Dank für ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch.
Auch wir beobachten die gegenwärtigen Entwicklungen mit Sorge. Dennoch gilt, dass Israel ein wichtiger Partner und Verbündeter Deutschlands im Nahen Osten ist und wir unterstützen Israel auch weiterhin bei der Gewährleistung der eigenen Sicherheit. Gleichzeitig ist es dringend notwendig, dass sich die humanitäre Lage im Gaza-Streifen grundlegend verbessert, humanitäre Pflichten und Völkerrecht müssen eingehalten werden. Die Befreiung der Geiseln sollte auch weiterhin Priorität haben. Mir ist wichtig klarzustellen, dass der Konflikt sofort beendet werden könnte, wenn die Hamas, die das grausame Massaker an Israelis am 7. Oktober verübt hat, alle Geiseln freiließe. Und es ist auch die Hamas, die Krankenhäuser und Schulen als militärische Basen nutzt und damit ganz bewusst den Tod von Zivilisten in Kauf nimmt, um diesen dann propagandistisch auszuschlachten. Gleichwohl ist die humanitäre Lage der palästinensischen Bevölkerung katastrophal und dieser Zustand ist nicht tragbar.
Klar ist, dass Mittel und Wege gefunden werden müssen, dass die Hilfsgüter möglichst schnell wirklich bei den Bedürftigen ankommen und nicht der islamistischen Terrororganisation dienen. Unser Außenminister ist dazu in ständigen Verhandlungen. Auch hier in Deutschland tragen wir eine besondere Verantwortung im Kampf gegen Antisemitismus und ebenso für die Sicherheit für die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, dies muss sowohl im digitalen als auch im öffentlichen Raum wie beispielsweise unseren Schulen und Hochschulen gewährleistet sein. Daher werden wir die Vielfalt des jüdischen Lebens in Deutschland fördern und sicherstellen, dass keine Organisationen und Projekte gefördert werden, die Antisemitismus verbreiten oder das Existenzrecht in Frage stellen. Natürlich gebietet die Meinungsäußerung auch die Kritik am Vorgehen Israels sowie das Mitgefühl mit unschuldigen Zivilisten, dies darf sich aber keinesfalls in Form von antisemitischen Äußerungen, wie in der Vergangenheit oftmals geschehen, ausdrücken. Und es ist vor dem Hintergrund unserer historischen Verantwortung untragbar, wenn das Existenzrecht Israels bestritten und zu seiner Vernichtung aufgerufen wird. Momentan gibt es keine offizielle Einladung an Benjamin Netanjahu für ein Treffen in Berlin. Ich bin mir aber sicher, dass unser Bundeskanzler auch Wege für einen Austausch finden wird, die die Vorgaben des Internationalen Strafgerichtshof achten.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph de Vries