Wie rechtfertigen Sie Ihre Unterstützung von Israel, dessen Blockade, Bombardierung, Vertreibung und gezielte Aushungerung massives Leid über die Zivilbevölkerung (insbesonders Kinder) in Gaza bringt?
Bereits im März 2024 hat der Internationale Gerichtshof Israel vorgeworfen, durch seine Maßnahmen im Gazastreifen und im Westjordanland möglicherweise einen Völkermord zu begehen. Seitdem dokumentieren die Vereinten Nationen – insbesondere das OCHA und der UN-Menschenrechtsrat – schwerwiegende humanitäre Folgen der israelischen Blockade, Bombardierungen und der gezielten Aushungerung. Auch Amnesty International und Human Rights Watch haben wiederholt auf Kriegsverbrechen, kollektive Bestrafung und ethnische Vertreibung hingewiesen. Amnesty bezeichnet Israels Politik zudem als Teil eines Apartheid-Systems. Darüber hinaus belegen zahlreiche schockierende, live übertragene Videos aus Gaza das Ausmaß der Zerstörung und das Leiden der Zivilbevölkerung, was diese Berichte eindrucksvoll bestätigt.

Sehr geehrter Herr Z.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht über Abgeordnetenwatch. Die Ereignisse in Gaza und die Bilder, die uns erreichen, erschüttern viele Menschen in Deutschland und Europa. Ihre Betroffenheit kann ich gut nachvollziehen und auch ich verfolge die Lage mit Sorge.
Die humanitäre Situation in Gaza ist ohne Zweifel kritisch. Der Konflikt verursacht großes Leid, besonders unter Zivilisten. Humanitäre Hilfe – Zugang zu Wasser, Lebensmitteln und medizinischer Versorgung – muss dringend gewährleistet werden. Außenminister Johann Wadephul steht dazu in engem Austausch mit Israel, um die Lage zu verbessern. Auch Bundeskanzler Merz hat mit Jordaniens König Abdullah II. über die Situation in Gaza und im Westjordanland gesprochen. Deutschland und Jordanien koordinieren gemeinsam den Abwurf humanitärer Güter aus der Luft – in Abstimmung mit Frankreich und Großbritannien. Mit beiden Ländern berät die Bundesregierung zudem über langfristige Perspektiven in der Region.
Gleichzeitig darf aber nicht vergessen werden, dass dieser Krieg durch den Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 ausgelöst wurde – den schwersten Angriff auf Jüdinnen und Juden seit Ende der Shoa. Die Hamas hält zudem weiterhin Geiseln in ihrer Gewalt, darunter auch deutsche Staatsbürger. Diese Fakten gehören zum Gesamtbild und dürfen in der Betrachtung des Konflikts nicht ausgeblendet werden. Vor diesem Hintergrund hat Israel – wie jeder Staat – das Recht, sich gegen terroristische Angriffe zu verteidigen. Dieses Recht unterstützen wir, fordern jedoch gleichzeitig, ziviles Leid so weit wie möglich zu verringern. Deshalb setzt sich die Bundesregierung sowohl für den Schutz der Zivilbevölkerung in Gaza als auch für die Freilassung der Geiseln ein. Einseitiger Druck auf Israel, solange Geiseln festgehalten werden und Raketenangriffe andauern, würde letztlich der Hamas in die Hände spielen. Das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung könnte sofort ein Ende haben, wenn die israelischen Geiseln freigelassen würden und die Hamas-Terroristen die Waffen niederlegen würden.
Ein Stopp der Rüstungsexporte nach Israel wäre angesichts der Bedrohung durch Iran, Hisbollah, Huthi-Miliz und Hamas nicht zu verantworten. Die Sicherheit und das Existenzrecht Israels bleiben deutsche Staatsräson. Kritik an einzelnen Maßnahmen ist möglich, ein Bruch der sicherheitspolitischen Unterstützung jedoch nicht.
Auch eine einseitige Anerkennung Palästinas – wie von Frankreich angekündigt – lehnen wir ab. Sie trägt nicht zur Befreiung der Geiseln oder zu einer stabilen Friedensperspektive bei. Die Entwaffnung der Hamas ist deshalb unerlässlich. Die Terrororganisation darf keine Rolle in der Zukunft von Gaza spielen. Langfristig muss das Ziel eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung sein, im international geteilten Einvernehmen, dass dies die beste Chance für eine tragfähige Friedenslösung bietet, um die wiederkehrende Gewalt zu beenden und Israelis wie Palästinensern ein Leben in Sicherheit, Freiheit, Würde und gleichen Rechten zu ermöglichen.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph de Vries