Cansel Kiziltepe
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Frage von Gabriele L. •

Frage an Cansel Kiziltepe von Gabriele L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sie bewerben sich in meinem Wahlkreis um ein Direktmandat für den Deutschen Bundestag. Da ich weder Sie persönlich kenne, noch Ihre ethische Grundhaltung einschätzen kann, erlauben Sie mir bitte eine Frage, bevor ich mich entscheide, ob ich Ihnen meine Stimme gebe oder nicht.

Wie stehen Sie persönlich - nicht Ihre Partei – zum Thema "selbstbestimmter Tod".

Damit meine ich ausdrücklich nicht nur "Sterbehilfe" im Fall schwerer, unheilbarer Krankheit, sondern den "Freitod" von Menschen, die niemandem etwas schuldig sind, also weder unmündige Kinder haben noch irgendwelche finanzielle Verbindlichkeiten.

Danke und freundliche Grüße
G. L.

Cansel Kiziltepe
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau L.,

Zunächst möchte ich in Kürze auf meine Positionierung zur gesetzlichen Regelung des assistierten Suizids und der Palliativmedizin eingehen. Für mich ist klar: Menschen bedürfen am Lebensende der besonderen Solidarität. Jeder Mensch hat Anspruch auf ein Sterben in Würde – so steht es auch im gültigen Hamburger Grundsatzprogramm der SPD. Von diesem Grundsatz geleitet habe ich mich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen in der SPD Bundestagsfraktion für ein Gesetz eingesetzt, das 2015 im Bundestag verabschiedet wurde. Das Gesetz stellt lediglich die geschäftsmäßige Hilfe zum Suizid unter Strafe und lässt weiter Raum für Gewissensentscheidungen. Auch die Assistenz bei einer selbstverantworteten Selbsttötung wird demnach nicht strafrechtlich verfolgt. Eine Suizidhilfe, die auf Profit angelegt ist und die Selbsttötungen als Dienstleistungen behandelt, ist verboten. An diesem Gesetz halten wir fest.

Beim Thema Suizid möchte ich vorweg klarstellen, dass es mir nicht zusteht über einzelne Motive zu urteilen oder diese zu bewerten.

In Deutschland sind jährlich rund 10.000 Todesfälle auf einen vollendeten Suizid zurückzuführen. Schätzungen gehen davon aus, dass die Zahl der Suizidversuche etwa zehnmal so hoch liegt. Ich finde: Jeder Suizidversuch und jeder Suizid sind einer zu viel. Wir benötigen weitere Anstrengungen zur Vermeidung von Suiziden und Suizidversuchen, um betroffene Menschen und deren Angehörigen frühzeitig Auswege in Form von Behandlungen, Unterstützung – etwa durch die Vermittlung in eine Therapie- oder Selbsthilfegruppe – und Präventionsarbeit anbieten zu können. Eine zentrale Voraussetzung dafür ist jedoch ein suizidpräventives gesellschaftliches Klima, das psychische Belastungen und suizidale Tendenzen enttabuisiert und in welchem einerseits die Betroffenen frühzeitig Hilfe suchen, andererseits das Umfeld von gefährdeten Zielgruppen für Krisen sensibilisiert wird. Dadurch kann eine mögliche suizidale Gefährdung frühzeitig erkannt und helfend auf die Betroffenen zugegangen werden. Dies hängt ganz wesentlich von dem Bewusstsein und dem Verständnis in der Bevölkerung und dem vorurteilsfreien Umgang der Gesellschaft mit psychischen Erkrankungen ab.

Ich bin der Meinung, dass Suizidprävention kein Wahlkampfthema sein sollte. Vielmehr ist es eine gesamtgesellschaftliche und politikbereichsübergreifende Querschnittaufgabe, zu der die unterschiedlichsten staatlichen und nichtstaatlichen Akteure mit unterschiedlichen Maßnahmen beitragen sollten.

Hilfesuchende können sich kostenlos und rund um die Uhr telefonisch unter 030 390 63 10 an den Berliner Krisendienst wenden.

Mit freundlichen Grüßen

Cansel Kiziltepe