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Frage von Thomas T. •

Frage an Brigitte Zypries von Thomas T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Zypries,

der Islam gehört ja nun nicht zu den anerkannten Relegionsgemeinschaften in Deutschland. Wäre nicht die erst die Frage zu stellen ob es sich beim Islam überhaupt um einen Religion handelt oder doch eher um eine Weltanschauung wie dem Faschismus oder des Kommunismus?. Es mangelt an einer Definition für den Begriff Religion. Sollte die Religionsfreiheit des Grundgesetzes dann nicht nur für anerkannte Religionsgemeinschaften gelten, wenn es für den Begriff Religion schon keine juristische Definition gibt? Sonst könnte ja jeder Bürger seine eigene Religion gründen, z.B die der Grünen Tomaten sich ein eigenes Weltbild geben und sich dann auf den Schutz der Religionsfreiheit berufen. Meiner Ansicht nach ist das eine klare juristische Lücke, welche geschlossen werden müsste.

Nehmen wir nun mal an ich gründe die Religion der Grünen Tomaten und im grossen Buch dieser Relegion würde stehen das ich 20x am Tag ein rauchopfer zu bringen habe, müsste dann nicht für meine Religion ein entsprechender Raum in Schule, Universitäten eingerichtet werden in welchem ich mein Rauchopfer erbringen kann, ähnliches wird dem Islam ja zugestanden. Was wäre der Unterschied zwischen dem Islam und meiner Religion der Grünen Tomaten ?

Mit freundlichen Grüssen
Thomas Titz

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Titz,

in der Tat ist der Begriff der Religion sehr schwierig zu definieren, weil er in hohem Maße vom Selbstverständnis und der subjektiven Einstellung der jeweiligen Religionsgemeinschaft abhängt. Kriterien sind jedoch das Erfordernis eines transzendentalen Bezugs sowie die Individualität des Glaubens und des Bekenntnisses. Eine genaue Definition von Religion, insbesondere eine Abgrenzung gegenüber einer Weltanschauung, ist jedoch nicht so sehr wichtig, denn das weltanschauliche ist genauo wie das religiöse Bekenntnis von Artikel 4 des Grundgesetzes geschützt.

Geschützt werden dabei nicht nur Handlungen großer Organisationen, sondern auch nur vereinzelt auftretende Glaubensüberzeugungen. Insofern könnten in der Tat Handlungen, die sie unter Berufung auf eine selbst gegründete Religion, in ihrem Beispiel also die Religion der "Grünen Tomaten", vornehmen, vom Grundgesetz geschützt sein. Allerdings muss das Handeln nach der Rechtsprechung für den religiösen oder weltanschaulichen Auftrag notwendig sein und wirklich mit diesem in sachlichem oder organisatorischem Zusammenhang stehen. Solange also die "Religion der Grünen Tomaten" einen religiösen oder weltanschaulichen Auftrag enthält, können sie sich auf die Religion berufen. Insofern wären prinzipiell auch Rauchzeichen als religiöser Ritus geschützt. Allerdings findet dieser Schutz dort seine Grenzen, wo durch die jeweilige Handlung in Grundrechte anderer Menschen eingegriffen wird. Nicht geschützt werden zudem Handlungen, die nur als religiöse Handlungen getarnt werden.

Eine Bewertung nach inhaltlichen Kriterien darf unter keinen Umständen erfolgen, da der Staat sich nicht in die Religion einmischen darf. Deshalb ist Religions- und Weltanschauungsfreiheit ausschließlich anhand von formalen, objektiven Kriterien zu bestimmen.

Aus dem Umstand, dass eine Handlung als Ausprägung der Religionsfreiheit geschützt ist, ergibt sich jedoch noch kein Leistungsanspruch gegen den Staat. Universitäten, Schulen und andere öffentliche Einrichtungen wären also keinesfalls verpflichtet, Ihnen eigene Räume für Ihre Religionsausübung zu überlassen. Der Staat muss Ihnen nur die Religionsausübung ermöglichen, d.h. zum Beispiel hinreichend freie Zeit zur Verfügung stellen.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries