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Brigitte Zypries
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Frage von Irene Mudita H. •

Frage an Brigitte Zypries von Irene Mudita H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Für ein Leben in Würde und Sicherheit.

Sehr geehrte Frau Zypries,

wie Sie sicher wissen leben rund 100.000 Menschen in Deutschland mit einer Duldung. Etwa 60.000 von ihnen seit über sechs Jahren – trotz Bleiberechtsregelung. Die Festsetzung eines weit zurückliegenden Einreisestichtages hat viele von vornherein ausgeschlossen. Die massiv kritisierte Praxis der K e t t e n d u l d u n g e n wurde nicht beendet.

Auch eine große Zahl der derzeit Bleibeberechtigten lebt nach wie vor mit einem ungesicherten Aufenthaltsstatus. Angesichts der Wirtschaftskrise kann von vielen der geforderte Nachweis eines Arbeitsplatzes nicht erbracht werden. Diesen Menschen droht bis Ende 2009 der Rückfall in die Duldung und im schlimmsten Falle sogar die Abschiebung.

Geduldete dürfen sich in Deutschland nicht frei bewegen. Jahrelang wurden sie durch Arbeits- und Ausbildungsverbote in soziale Abhängigkeit gezwungen. Viele Betroffene fristen ein Dasein ohne Perspektive in Lagern und müssen sich von Essenspaketen ernähren. Von ausreichender medizinischer Versorgung sind sie ausgeschlossen. Das Asylbewerberleistungsgesetz behandelt Flüchtlinge wie Menschen zweiter Klasse. Ein eigenständiges Leben in Würde wird verhindert.

Was gedenken Sie dafür zu tun, diese menschenverachtende Praxis zu beenden: dass

• der Zwang in Lagern zu leben und das Asylbewerberleistungsgesetz abgeschafft werden;

• die Praxis der Kettenduldungen beendet wird;

• langjährig Geduldete und Menschen, die zur Zeit nur befristet bleibeberechtigt sind, ein gesichertes Aufenthaltsrecht und eine Lebensperspektive erhalten.

Ich danke Ihnen für Ihre Bemühungen.

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
SPD

ehr geehrte Frau Häusler,

das Problem der Kettenduldung ist mir bekannt. Mit der Einführung von § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes sollte 2004 zumindest das Problem der Kettenduldung gelöst werden. Danach konnten Menschen eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, wenn sie 18 Monate geduldet sind. Diese Regelung war an strenge Voraussetzungen geknüpft, sie hat die Praxis der Kettenduldungen entgegen den Erwartungen des Gesetzgebers nicht beendet.

2006 und 2007 wurden Altfallregelungen geschaffen. Menschen die sechs (mit Familie) oder acht (Alleinstehende) Jahre geduldet hier gewesen waren, sollten eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Es war unser Anliegen, vor allem den Familien, die hier geborene und aufwachsende Kinder haben, eine Perspektive zu eröffnen. Die Altfallregelungen waren ein erster Schritt: Es konnte rund 50.000 der etwa 180.000 Geduldeten geholfen werden. Doch bleibt das Problem der Kettenduldung für viele bestehen. Nach wie vor bedarf es einer neuen Regelung, um Menschen, die lange hier leben, eine Perspektive zu eröffnen.

Fast 27.000 der von der Altfallregelung erfassten Menschen haben aktuell eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis auf Probe: Sie erhalten den Titel, obwohl sie ihren Unterhalt noch nicht überwiegend selbst bestreiten können. Diese Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis gilt bis Ende Dezember 2009. Die Betroffenen sollen sich in dieser Zeit eine Arbeit suchen. Danach soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn sie ihren Lebensunterhalt überwiegend eigenständig sichern können. Ob dies alle schaffen werden, ist angesichts der Wirtschaftskrise derzeit offen.

Die SPD hat sich deshalb intensiv dafür eingesetzt, die Geltungsdauer um weitere zwei Jahre zu verlängern, konnte sich gegen die Union nicht durchsetzen. Die SPD wird dies Ziel aber nach der Bundestagswahl weiter verfolgen.

In unserem Regierungsprogramm steht:
"Kettenduldungen vermeiden. Mit dem rot-grünen Zuwanderungsgesetz wurde die Duldung zwar nicht gänzlich abgeschafft, aber für Geduldete der erste Schritt für den Übergang in einen gesicherten humanitären Aufenthalt gemacht. Ergänzt wurden die Regelungen zum humanitären Aufenthalt mit der erfolgreichen Bleiberechtsregelung 2007. Wir setzen uns für die Abschaffung der Kettenduldungen ein - kann der Aufenthalt aus humanitären Gründen nicht beendet werden, soll ein Aufenthaltstitel erteilt werden."

Bis dahin wird sich die SPD wo immer es geht dafür einsetzen, dass die Lebensbedingungen von Menschen im Duldungsstatus verbessert werden.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries