Wenn die Abgeordneten sich in die Anwesenheitsliste eintragen müssen, wie kommt ein so leerer Bundestag zustande? Wird eventuell eingetragen und dann wieder verschwunden?

Sehr geehrte Frau B.
vielen Dank für Ihre Frage. Da Sie sich auf meine Aufgaben als Bundestagspräsidentin beziehen, antworte ich Ihnen nicht in meiner Funktion als Abgeordnete, sondern als Vertreterin des Verfassungsorgans Deutscher Bundestag und der Gesamtheit seiner Mitglieder sowie dank der Zuarbeit der Bundestagsverwaltung:
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages müssen sich in der Tat an Sitzungstagen in Anwesenheitslisten eintragen, bei unentschuldigtem Fehlen werden ihnen 200 Euro von der Kostenpauschale abgezogen. Wer an diesen Sitzungstagen nicht im Plenarsaal zu sehen ist, ist in der Regel aber nicht verschwunden. Das freie Mandat erlaubt es den Abgeordneten, selbst zu entscheiden, wo im Parlament sie ihre Arbeit verrichten. Die Bundestagsabgeordneten sind nach §14 Abgeordnetengesetz verpflichtet, sich an Sitzungstagen des Parlaments in den Gebäuden des Bundestages aufzuhalten. Dazu zählt der Plenarsaal, aber zum Beispiel auch die Büros der Abgeordneten, Ausschusssitzungssäle oder Räume für Gespräche mit Besuchergruppen.
Tatsächlich ist meist nur ein Teil der Bundestagsabgeordneten bei einer Debatte im Plenarsaal anwesend. Das hat gute Gründe, die mit der Organisation der parlamentarischen Arbeit und den vielfältigen Aufgaben eines Abgeordneten zusammenhängen.
Die mediale Berichterstattung konzentriert sich in der Regel auf die Geschehnisse im Plenarsaal. Im Plenarsaal ist aber nur ein begrenzter Ausschnitt der parlamentarischen Arbeit zu sehen. Ein Großteil der parlamentarischen Arbeit findet z.B. in den Ausschüssen statt.
An den Plenardebatten nehmen vornehmlich jene Parlamentarierinnen und Parlamentarier teil, die für das jeweilige Sachgebiet fachlich zuständig sind. Vielleicht haben Sie schon mal beobachtet, dass mit den Themen und Tagesordnungspunkten auch die Abgeordneten im Plenarsaal wechseln. Es wäre schlicht ineffizient und nicht praktikabel, wenn alle 733 Bundestagsabgeordneten an allen Plenarsitzungen teilnehmen würden – zumal mit dem Abgeordnetenmandat weitere Aufgaben verbunden sind: die Teilnahme an Gremiensitzungen, Gespräche mit Sachverständigen, Verbänden, Regierungs- und Kommunalvertretern, der Besuch von Fachveranstaltungen, das Lesen von Dokumenten, Pressetermine, die Betreuung von Besuchergruppen und nicht zuletzt die Beantwortung zahlreicher Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern.
Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir als seiner Präsidentin Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de.
Mit freundlichen Grüßen
Bärbel Bas