Axel Voss
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Frage von Detlef K. •

Frage an Axel Voss von Detlef K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Voß,

ist es richtig, daß Sie bei Ihrem Vortrag in Hennef in Bezug auf Asyl für Edward Snowden gesagt haben, wir könnten doch nicht jeden, der von der Todesstrafe bedroht ist, bei uns aufnehmen.
Vielen Dank im Voraus und freundliche Grüße.

Axel Voss
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Krey,

vielen Dank für Ihre Nachricht, die Sie über http://www.abgeordnetenwatch.de an mich gerichtet haben.

Ich denke, dass Sie mich missverstanden haben und ich den Satz, wie Sie ihn darstellen, nie so gesagt habe.

Bitte erlauben Sie mir eine Darstellung folgender Punkte: Zur Frage Asyl für Herrn Snowden lässt sich Folgendes sagen: Es ist richtig, dass erst durch die von Edward Snowden in Zusammenarbeit mit den Medien veröffentlichen Dokumente die Datenausspähung und Überwachung durch die NSA öffentlich wurde. Das verdient unsere Anerkennung und Respekt. Doch hat die EU nicht die Kompetenz, darüber zu entscheiden, ob Herr Snowden vor strafrechtlicher Verfolgung oder vor Urteilen durch Strafgerichte geschützt werden kann, noch die Befugnis ihm Amnestie oder Asyl zu gewähren. Die Mitgliedstaaten haben in diesen Fragen die absolute Kompetenz.

Zum europäischen Asylsystem lässt sich Folgendes sagen: Nach Artikel 78 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union entwickelt die EU "eine gemeinsame Politik im Bereich Asyl, subsidiärer Schutz und vorübergehender Schutz, mit der jedem Drittstaatenangehörigen, der internationalen Schutz benötigt, ein angemessener Status angeboten und die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung gewährleistet werden soll". Diese Politik muss im Einklang mit dem Genfer Flüchtlingsabkommen und dem Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. Januar 1967 stehen.

Die EU hat mit dem europäischen Asylsystem eine rechtliche Grundlage für einen Raum des Flüchtlingsschutzes und der Solidarität in der EU geschaffen. Mit dem gemeinsamen Europäischen Asylsystem haben wir hohe Schutzstandards für Flüchtlinge erreicht, so dass die EU über ein Asyl- und Flüchtlingsschutzrecht verfügt, dass weltweit zu den modernsten und weitreichendsten zählt.

Die Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Normen für die Anerkennung von Drittstaatenangehörigen oder staatenlosen Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes definiert als "Flüchtling" einen Drittstaatenangehörigen, "der aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Diese Definition lehnt sich an Artikel 1 Buchstabe A des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (auch Genfer Flüchtlingskonvention genannt) an.

Daher muss betont werden, dass Edward Snowden per Definition weder nach europäischem noch nach internationalem Recht als "Flüchtling" terminiert wird.
Zudem kann, wie oben dargestellt, die EU nicht als supranationale Organisation über den Status von Edward Snowden entscheiden. Es liegt in der Kompetenz der einzelnen Mitgliedsstaaten dieser Frage nachzugehen.

Ich betone auch, dass die oben genannte EU-Richtlinie als "Person mit Anspruch auf subsidiären Schutz" einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der die Voraussetzung für die Anerkennung als Flüchtling nicht erfüllt, der aber stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, einen ernsthaften Schaden im Sinne des Artikels 15 der Richtlinie 2011/95/EU zu erleiden, dazu zählt u.a. die "Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe". Das heißt, die EU würde niemals jemanden ausliefern, der "subsidiären Schutz" in einem der EU Mitgliedsstaaten genießt, wenn dieser Person die Todesstrafe droht.

Prinzipiell ist ein Asylgesuch in dem Mitgliedsstaat zu stellen, in dem der Asylsuchende erstmals in die EU gelangt ist. Da Herr Snowden sich derzeit in Russland befindet, ist logischerweise ein solcher Asylantrag in keinem Mitgliedsstaat der EU eingegangen.

Was sich daraus nun folgern lässt, ist, dass die EU rein rechtlich und faktisch keinen Menschen - auch nicht diejenigen, die von der Todesstrafe bedroht sein sollten - aufnehmen bzw. schützen kann, solange diese sich in anderen Drittstaaten aufhalten und somit dem Rechtskreis der EU entzogen sind und wir sind als EU nicht in der Lage, unser Schutzrecht einfach in diese Staaten hineinzutragen.

Ich hoffe, dass ich Ihnen die Situation besser erläutern konnte. Selbstverständlich stehe ich Ihnen für weitere Nachfragen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Axel Voss

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