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Anton Hofreiter
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Frage von Klaus S. •

Sehr geehrter Herr Hofreiter! Kann radioaktiv kontaminiertes Metall nach der Behandlung durch Einschmelzen und Abtrennen der radioaktiven Schlacke noch Plutonium enthalten?

Sehr geehrter Herr Hofreiter!

Es ist Stand der Wissenschaft, daß radioaktives Metall aus dem Abriß von Atomkraftwerken auch nach der Behandlung durch Einschmelzen, dem Abtrennen radioaktiver Schlacke und anschließendem "Freimessen" den Alphastrahler Plutonium enthalten kann. Plutonium kann so durch die seit Jahren in Deutschland gängige Praxis ins Metallrecycling eingeschleppt werden und schließlich auch in Gebrauchsgegenständen des Alltags wie etwa Kochtöpfen enthalten sein.

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Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Grundlage für die Freigabe von Stoffen, sowie auch von Metallen aus der strahlenschutzrechtlichen Überwachung ist das 10-Mikrosievert-Konzept. Konzept ist als international anerkannter Maßstab darauf ausgelegt, unbedenkliche Stoffe per Freigabe aus der atom- oder strahlenschutzrechtlichen Überwachung zu entlassen. Dieses Verfahren führt zu Sorgen der Bevölkerung sowie der Umweltverbände. Deshalb ist es besonders wichtig, dieses Thema transparent darzulegen und den Bürger*innen umfangreiche Informationen zu vermitteln, gerade im Hinblick auf die Überprüfung der Freigabe von Stoffen. Die Strahlung solcher, anhand des 10-Mikrosievert-Konzepts freigegebene Stoffe, ist um den Faktor 200 kleiner als die natürliche Strahlung in Deutschland. Deshalb werden sie als unbedenklich eingeordnet.

Gerade vor dem Hintergrund der Stilllegung der letzten deutschen AKW und der weiteren Suche nach einem Endlager für nuklear-kontaminiertes Material sind nachvollziehbare und transparente Prozesse zum Umgang mit Strahlung weiterhin wichtig. Die Grundlage des 10-Mikrosievert-Konzepts ist die Bewertung der International Atomic Energy Agency aus dem Jahr 1988. Auswirkungen einer effektiven Strahlendosis im Bereich von 10 Mikrosievert im Jahr sing zu vernachlässigen ergab sich u. a. aus der Überlegung, dass eine zusätzliche Strahlendosis von einem bis zu wenigen Prozent der mittleren Strahlendosis tolerierbar ist. In der Vergangenheit hat sich der Bundestag deshalb der internationalen Expertenmeinung angeschlossen und das 10-Mikrosievert-Konzept als ausreichenden Schutz der Bürger*innen angesehen. Unstrittig ist, dass die Strahlenexpositionen grundsätzlich unterhalb der 10-Mikrosievert so gering wie möglich gehalten werden und damit unnötige Strahlenbelastungen oder Kontaminationen zu vermeiden sind. Hinzu kommt, dass Strahlenexpositionen sich regelmäßig an den Grundsätzen von Notwendigkeit und Dosisbegrenzung messen lassen und der Rechtfertigung genügen müssen.

Stefan Wenzel hat hierzu bereits ausgeführt, dass es praktisch nicht zulässig ist, dass die Entscheidung über die strahlenschutzrechtliche Freigabefähigkeit von Metallen nicht nur von Plutonium bestimmt werden darf. Plutonium verbleibt in den Brennelementen, sodass es auch nach dem Verbrauch kerntechnisch entsorgt und gelagert werden muss. Durch das Verbleiben in den Brennelementen ist eine unkontrollierte Freisetzung in den Primärkreislauf deshalb praktisch auszuschließen durch eine regelmäßige Bestimmung von Nuklidvektoren.

Entscheidend ist, dass eine Verschleppung von Plutonium und dessen Strahlenexposition unerkannt geschieht und messtechnisch frühzeitig nicht erkannt wird unwahrscheinlich ist, sofern alle Kontrollmechanismen greifen.

Mit freundlichen Grüßen

​​​​​​​Dr. Anton Hofreiter

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