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Anton Hofreiter
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Frage von Sabine H. •

Frage an Anton Hofreiter von Sabine H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Hofreiter,
mit Erstaunen habe ich den Bericht einest Wahlhelfers gelesen. Er beschreibt die Auszählung wie folgt: Die Urnen werden geöffnet und die Wahlzettel nach Parteien und ungültigen Stimmen gestapelt und ausgezählt. Stimmt die Anzahl der abgegeben Stimmen mit der Wählerliste überein, Erfolge in der Regel keine Nachprüfung. Das Problem dabei, so schreibt er, daß ungewollte Stimmen auf dem Stapel der ungültigen Stimmen landen. Damit würde auch wieder die Gesamtzahl der Wahlzettel mit der Wählerliste übereinstimmen und keine weitere Kontrolle stattfinden. In Anbetracht der vielen kleinen Wahllokale sind das dann vielleicht immer nur wenige Stimmen, im Gesamtergebnis jedoch sehr wohl von Bedeutung. Würden Sie mir bitte folgende Fragen beantworten: Entspricht es wirklich der Realität, daß die Stimmen in der Regel nur einmal ausgezählt werden? Wer kann eigentlich Wahlhelfer sein? Jeder oder gibt es bestimmte Voraussetzungen? Und nun würde mich IHRE PERSÖNLICHE MEINUNG interessieren: wäre es nicht sinnvoll GRUNDSÄTZLICH zweimal und unabhängig von den ersten Wahlhelfern auszählen zu lassen? In Anbetracht der Unregelmäßigkeiten bei der Bremenwahl und Wahlbeteiligungen von 174% habe ich mich mit dem Thema beschäftigt und würde das gerne geklärt wissen. Und noch eine Frage: Mit was rechtfertigt man eigentlich die 5%-Klausel? Im Extremfall wird doch immerhin der Wille von 4,99% der Wähler einfach nicht berücksichtigt.
Für Ihre Antwort danke ich Ihnen schon heute.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Häffner-Schroeder

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Häffner-Schroeder,

vielen Dank für Ihre Fragen. Die Unregelmäßigkeiten bei der Bremen-Wahl 2015 waren in der Tat sehr irritierend. Dass dies aber öffentlich gemacht und behoben wurde, zeigt umgekehrt auch, dass unsere rechtstaatlichen Instrumente funktionieren.

Bei den Auszählungen gibt es stets Kontrollzählungen im Wahllokal. Alles findet mit der gegenseitigen Kontrolle mehrerer Personen statt. Wahlhelfer kann prinzipiell jede/r Bürger/in werden. Die Kommunen suchen vor Wahlen meist händeringend in öffentlichen Aufrufen nach WahlhelferInnen. Bitte melden Sie sich bei der nächsten Wahl. Dann sehen Sie die Abläufe mit eigenen Augen und können Sie aus eigener Erfahrung bewerten.

Dass es in Deutschland zu umfangreicheren und regelmäßigen Unregelmäßigkeiten über die wenigen bekannten Fälle hinaus gekommen ist, halten wir für äußerst unwahrscheinlich und sehen insofern keinen Handlungsbedarf.

Die 5%-Hürde hat gute Gründe, die in der Geschichte Deutschlands zu finden sind. Die 5%-Hürde soll vermeiden, dass es zu einer zu starken Zersplitterung des Parteiensystems kommt und damit eine Regierungsbildung zu schwierig bzw. unmöglich wird. Aus den negativen Erfahrungen des politischen Systems der Weimarer Republik, die in der Katastrophe des 3. Reichs endete, hat man dies nach dem Krieg als Konsequenz eingeführt. Das hohe Gut der politischen Stabilität wurde und wird höher gewichtet als das in der Tat vorhandene Problem, dass ein Teil der Wählerstimmen sich nicht in politischen Mandaten wiederfindet. Da diese Regel und schon oft hinterfragt und diskutiert wurde, finden Sie dazu viele Beiträge im Netz, wenn Sie danach in einer Suchmaschine suchen.

Mit freundlichen Grüßen

Team Dr. Anton Hofreiter MdB

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