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Anton Hofreiter
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Frage von Emanuel H. •

Frage an Anton Hofreiter von Emanuel H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dr. Hofreiter,

Laut Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages „Wesensgehalt des Grundrechtes auf Asyl“, Reg-NrWF II – 183/92 – ist das Grundrecht auf Asyl im Falle eines Staatsnotstandes einschränkbar:

Laut Gutachten wären grundrechtsimmanente Schranken des Asylrechts („Staatsnotstand“) durchbrochen (S. 15 letzter Absatz) „wenn die mit der Asylbewerbung, aber auch mit dem Asyl verbundenen materiellen Leistungen nicht mehr in vollem Umfang erbracht werden können, insbesondere die Unterbringung der Asylbewerber und Asylanten. Artikel 16 Absatz 2 Satz 2 darf nicht als hybrides Versprechen verstanden werden, die Bundesrepublik Deutschland sei bereit und in der Lage, weltweit das Elend und die Folgen politischer Verfolgung zu lindern. Das gilt erst recht für Flucht aus wirtschaftlicher Rückständigkeit. Dementsprechend stehen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Grundrechte als Anspruchsgrundlage für staatliche Leistungen unter dem Vorbehalt staatlicher Ressourcen. Dabei ist auf die jeweils konkrete Situation in Deutschland, unter anderem auf die Aufnahmefähigkeit unter allgemeinen politischen, bevölkerungspolitischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten, abzustellen. "

Die im Gutachten genannten Einschränkungsmöglichkeiten gelten auch nach der Grundrechtsänderung, der Einführung des Artikel 16a weiter.

Wann sind aus Sicht der Grünen die Tatbestandsvoraussetzungen des Staatsnotstandes erfüllt?

Muss aus Sicht der Grünen das Grundrecht auf Asyl kurzfristig eingeschränkt werden?

Wäre es nicht verfassungsrechtlich geboten, andere Projekte wie die Energiewende, Kindergartenplätze, die teure Erhaltung von Habitaten seltener Tiere (z.B. Juchtenkäfer) usw. zurück zu stellen, um mittelfristig weitere staatliche Ressourcen für das Grundrecht auf Asyl freizumachen?

mit freundlichen Grüßen,

Hienstorfer

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Hienstorfer,

wenngleich Deutschland vor einer großen Herausforderung, nämlich der Integration der vielen Flüchtlinge steht, sind wir von einem Staatsnotstand weit entfernt. Ein Land mit rund 80 Millionen Einwohnern kann die aktuellen Flüchtlingszahlen bewältigen.

Wir dürfen nicht unsere Augen davor verschließen, dass sich weltweit derzeit so viele Menschen auf der Flucht befinden wie zuletzt zur Zeit des 2. Weltkriegs. So sind allein vor den gewaltsamen Auseinandersetzungen des syrischen Bürgerkriegs und des Vorrückens des IS Millionen von Menschen geflohen. Humanitäre Hilfe für alle betroffenen Menschen muss das oberste Gebot sein.

Deutschland kann und darf dafür auch keine der von Ihnen genannten anderen Aufgaben zurückstellen.

Mit freundlichen Grüßen

Team Hofreiter

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