Portrait von Annalena Baerbock
Annalena Baerbock
Bündnis 90/Die Grünen
0 %
/ 531 Fragen beantwortet
Frage von Jonas V. •

Frage an Annalena Baerbock von Jonas V. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Baerbock,

Ich habe zwei Fragen an Sie.

1. Die Grünen könnten das umweltschädlich Handelsabkommen CETA im Bundesrat verhindern. Werden das auch alle tun?
2. Warum spricht sich eine früher revolutionär Partei wie ihr heute nicht mehr klar gegen den Neoliberalismus aus?

Portrait von Annalena Baerbock
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Volgger,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir teilen Ihre Bedenken über die Risiken, die mit CETA einhergehen, gerade auch im Hinblick auf Umweltschutzfragen. Angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise wollen wir die Wirtschafts- und die Handelspolitik entlang der ökologischen Notwendigkeiten grundlegend neu ausrichten. Zahlreiche soziale und ökologische Ziele, für die wir in Europa sehr hart ringen und die für den Erhalt unseres Planeten unverzichtbar sind, müssen wir auch in der europäischen Handelspolitik durchsetzen.

Deshalb wollen wir beispielsweise den Pariser Klimavertrag als wesentlichen Bestandteil in Handelsabkommen verankern, so dass ein Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen dazu führt, dass der Handelsvertrag gekündigt werden kann oder bei Nichteinhaltung gesetzlich verbindlicher Vorschriften des Pariser Klimaabkommens Sanktionen möglich sind. Auch wollen wir sicherstellen, dass Nachhaltigkeitskapitel in Handelsabkommen insgesamt sanktionsbewehrt sind, so dass die darin enthaltenen Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards besser durchgesetzt werden können. Das europäische Vorsorgeprinzip, das essentiell ist für den Schutz von Umwelt und Verbraucher*innen, wollen wir in allen Teilen eines Handelsabkommens verankern. Und die regulatorische Zusammenarbeit mit Drittstaaten muss transparent und in enger Rückbindung an das europäische Parlament erfolgen, damit es bei Standards im Umweltbereich, in der Landwirtschaft oder im Verbraucherschutz nicht zu einer Absenkung durch die Hintertür kommt. Investor-Staat-Schiedsgerichte, wie sie unter anderem in CETA enthalten sind, wollen wir beenden. Stattdessen braucht es einen multilateralen Gerichtshof unter dem Dach der Vereinten Nationen, der an alle sozialen, ökologischen, menschenrechtlichen und wirtschaftlichen Völkerrechtsnormen gebunden ist (vgl. Antrag „Multilateralen Gerichtshof an soziale, ökologische, menschenrechtliche und wirtschaftliche Völkerrechtsnormen binden – Klageprivilegien für Konzerne ablehnen“).

Das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada erfüllt all diese Kriterien nicht. Aus diesem Grund haben wir Grüne im Bundestag eine klare Haltung zu CETA formuliert und die Bundesregierung aufgefordert, das Abkommen in der aktuellen Form abzulehnen (vgl. Antrag „Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) ablehnen“). Die Grüne Bundestagsfraktion steht mit der Kritik an CETA jedoch nicht alleine da. Auch die Grüne Partei hat mehrere Beschlüsse über die Ablehnung von CETA gefasst (siehe z.B. https://www.gruene.de/themen/fairer-handel).

Sie sprechen insbesondere auch das Abstimmungsverhalten im Bundesrat an: Grundsätzlich kann in einem föderalen System eine Bundestagsfraktion nicht das Abstimmungsverhalten von Bundesländern garantieren. Diese sind immer auch an ihre länderspezifischen Koalitionsverträge gebunden. Die grünen Landesverbände haben aber genau wie die Partei ihre Kritik an CETA klar und ausdrücklich formuliert.

Zu Ihrer zweiten Frage: Wir Grüne sprechen uns klar für die Soziale Marktwirtschaft aus. Sie ist eine große Errungenschaft und es lohnt sich, sie zu erhalten und bewusst zu einer Sozial-Ökologischen Marktwirtschaft auszubauen. Der Markt ohne Regeln und Leitplanken hat Schwächen und führt zu Ungerechtigkeiten. Er setzt das Recht des Stärkeren um, neigt zu Machtkonzentration und die Umwelt hat per se keinen Preis. Deswegen müssen Folgekosten von Umweltverschmutzung wie auch der Verbrauch von Ressourcen unserer Meinung nach etwas kosten. Allgemein lässt sich unsere Haltung so ausdrücken: Wir brauchen so viel Markt wie möglich, aber auch so viel Staat wie nötig.

Abschließend möchten wir Sie gern auf unsere Themenseite und unsere Fraktionsbeschlüsse verweisen:
https://www.gruene-bundestag.de/themen/wirtschaft

https://www.gruene-bundestag.de/files/beschluesse/beschluss-gruener_wirtschaften.pdf

https://www.gruene-bundestag.de/files/beschluesse/beschluss-wettbewerb.pdf

Mit besten Grüßen
Team Annalena Baerbock

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Annalena Baerbock
Annalena Baerbock
Bündnis 90/Die Grünen