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Anja Hajduk
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Frage von Anne K. •

Frage an Anja Hajduk von Anne K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Hajduk,

mich treibt das Thema "Freihandelsabkommen" immer wieder kritisch um. Inwieweit sind Sie über den aktuellen Verhandlungsstand von CETA, TTIP und TISA informiert? Wie häufig haben Sie den eingerichteten Lesesaal bereits genutzt? Wie ist Ihre Haltung zum Vertragspunkt "Klagerechte der Unternehmen vor internationalen Schiedsgerichten"?

Mit freundlichen Grüßen

Anne Krannich

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Krannich,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Über den Verhandlungsstand von TTIP, CETA und weitere Freihandelsabkommen wie TiSA und TTIP informiere ich mich im Rahmen meines Mandats kontinuierlich. Den TTIP-Leseraum habe ich bisher im Februar und im März besucht, um mir einen Überblick und Eindruck der konsolidierten Texte zu verschaffen.

Ein besonders wichtiges Thema bei Freihandelsabkommen ist für mich der Investitionsschutz. Sogenannte Investor-State-Dispute-Settlement (ISDS) lehne ich ab, weil sie ggf. die Durchsetzung von nationalem oder europäischen Recht konterkarieren. Wir brauchen transparente, öffentliche Vertragswege, die den Verlauf von parallelen Gerichtsverfahren nicht ermöglicht.

Am 26.02.2016 wurde die 12. TTIP-Verhandlungsrunde zwischen den Vertretern der EU Kommission und der USA beendet. In dieser Runde hat die EU Kommission ihren Alternativvorschlag zum ISDS, den sogenannten "Investment Court System" (ICS) vorgestellt. Am darauffolgendem Montag, den 29. Februar, hat die EU Kommission im Rahmen der Nachverhandlungen von CETA das ICS in das Abkommen verfestigen können. Diese unübliche Vereinbarung macht deutlich, wie problematisch das ISDS Verfahren auch auf der kanadischen Seite wahrgenommen wird.

Die Einführung einer Berufungsinstanz und des Prinzips öffentlicher Anhörungen sind ein erster Schritt in die richtige Richtung. Das ICS-Modell löst allerdings noch nicht das Kernproblem einer privaten Schiedsgerichtsbarkeit. Es bleibt beim Klageprivileg für ausländische Unternehmen. Ein weiterer wichtiger Kritikpunkt betrifft die Unabhängigkeit der Richter. Diese wurde über den ICS ein wenig gestärkt, weil die Richter vorab von der EU und Kanada bestimmt werden und nach einem abstrakten Verfahren Fällen zugewiesen werden. Die Richter werden jedoch weiterhin fallweise bezahlt, was eine verzerrte Anreizstruktur herbeiführt.

Wir Grüne im Bundestag werden weiterhin dafür streiten, dass es nicht zu einem Abkommen mit den USA oder Kanada kommt, das Konzernen die Möglichkeit gibt, gegen Gesetze und Regulierungen zum Schutz von Mensch und Umwelt vor privaten Schiedsgerichten erfolgreich zu klagen. Wir brauchen keine private Schiedsverfahren, sondern einen ständigen, multilateralen Handelsgerichtshof unter dem Dach der Vereinten Nationen.

Mit freundlichen Grüßen

Anja Hajduk