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Albrecht Glaser
AfD
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Frage von Björn B. •

Wie steht Ihre Partei zu der Idee, die Sperrklausel bei Bundestagswahlen um eine Ersatzstimme zu ergänzen?

Sehr geehrter Herr Glaser,
da Sie als Obmann der AfD in die letzte Wahlrechtskommission gewählt worden sind, möchte ich Sie fragen, wie denn Ihre Partei zu einer (klassischen) Ersatzstimme steht?

Damit ist nicht eine Ersatzstimme für Erststimmen gemeint, wie sie die Ampel im Mai 2022 in die öffentliche Debatte eingebracht hat. Vielmehr bezieht sich meine Frage auf eine Ersatzstimme für Zweitstimmen, mit welcher sich die negativen Auswirkungen von Sperrklauseln - die sowohl Wähler/innen wie auch Parteien jeder Größe treffen können - abmildern lassen.

Ich stelle Ihnen diese Frage, weil der Verein Abstimmung21 demnächst eine bundesweite Probe-Volksabstimmung zur Einführung einer Ersatzstimme starten wird, vgl.: https://abstimmung21-mitmachen.de/proposals/21

Damit wir im Abstimmungsheft angeben können, welche der im Bundestag vertretenen Parteien sich positiv, neutral oder negativ zur Ersatzstimme positionieren, würden wir uns über eine zeitnahe Antwort freuen. Vielen Dank!

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Antwort von
AfD

Sehr geehrter Fragesteller,

Glückwunsch zu Ihrer Initiative und dem damit verbundenen Engagement für eine lebendige Demokratie!

Ihre Modellüberlegungen habe ich mir zum Zweck der Beantwortung Ihrer Frage auf der Webseite Ihrer Initiative angesehen. Ihr Modell möchte zukünftig eine Erststimme und eine Zweitstimme sowie eine Ersatzzweitstimme für eine weitere Partei zulassen. Die Ersatzzweitstimme soll nach meinem Verständnis zum Zuge kommen, wenn die Zweitstimme an der Sperrklausel scheitert und die Ersatzzweitstimme nicht. Was wäre aber in dem Fall, dass auch die Ersatzzweitstimme an der Sperrklausel scheiterte? Dann wäre die Zweitstimme offenbar nach Ihren Überlegungen eine Stimme, die nicht zählte. Man wäre also bei Zählpräferenz geradezu gezwungen, eine Ersatzzweitstimme für eine etablierte Partei abzugeben. Das ist ein interessanter Vorschlag, der aber aus dem genannten Grund abzulehnen ist. Weiterer Grund für Kritik an Ihrem Modell ist aus meiner Sicht, dass es auf diese Weise Verzerrungen bei dem Prinzip "One man, one vote", mithin bei der Wahlgleichheit bzw. der Stimmgewichtung käme. 

Natürlich ist es immer so, dass jedes Wahlrecht Faktoren beinhaltet, die zu Verzerrungen führen. Unser bestreben muss es sein, diese möglichst klein zu halten. Darüber hinaus sollten wir uns weiter Gedanken über mehr direktdemokratische Elemente im Wahlrecht machen und dabei auch die wahlrechtsbedingte Übermacht der politischen Parteien beschränken. Nach Art. 21 Abs. 1 Grundgesetz wirken Parteien bei der politischen Willensbildung mit. Unter dieser Prämisse sollte sich eine Wahlrechtsreform durchsetzen können, die dem Bürger mehr direkte Wahlfreiheiten einräumt. Wir haben dies jüngst mit unserem Vorschlag zur Reform des Bundestagswahlrecht versucht. Mit unserem Modell wollten wir dem Wähler z.B. die Möglichkeit geben, einen Listenaufstieg bei der Zweitstimme zu ermöglichen. Leider scheint die Zeit für eine derartige Praxis noch nicht reif. 

Gerne würde ich mich dazu weiter mit Ihnen austauschen, dieses Forum ist aber schon aus Datensparsamkeitsgründen nicht der geeignete Ort. Nehmen Sie gerne Kontakt mit mir über den Deutschen Bundestag auf.

Herzliche Grüße,

Albrecht Glaser

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