Die Lobbykontakte der Bundesregierung

Von den Lobbytreffen der Regierung bekommt die Öffentlichkeit normalerweise nichts mit. abgeordnetenwatch.de hat nun hunderte Kontakte mit Interessenvertretern zusammengetragen und ausgewertet, die die Große Koalition auf Druck der Linken offenlegen musste. Die Regierungsantworten zeigen unter anderem, wie Lobbyisten vom kurzen Draht zu ihren Parteifreunden in den Ministerien profitieren. Weil die Regierung unvollständige Angaben machte, droht ihr eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.

von Martin Reyher, 27.05.2019
31 Kommentare
Auszug der Liste mit Lobbygesprächen / Foto des Kanzleramtes

Eine Tabelle mit allen bekannten Lobbykontakten findet sich am Ende des Textes und wird laufend aktualisiert


Die Große Koalition war genau zwei Monate im Amt, als ein einflussreicher Wirtschaftsboss in der Regierungszentrale vorstellig wurde – zum „Antrittsbesuch“, wie die Bundesregierung in ihren Unterlagen vermerkte. Doch Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer (BDA) schaute beim frisch vereidigten Kanzleramtschef Helge Braun nicht allein zum Kennenlernen vorbei, sondern hatte noch ein weiteres Anliegen: Den Referentenentwurf der Bundesregierung zum sogenannten "Qualifizierungschancengesetz".

Normalerweise bleiben Lobbykontakte der Regierung wie das Tête-à-Tête vom 14. Mai 2018 im Dunkeln, eine Veröffentlichungspflicht gibt es nicht. Nun aber sind die Aktivitäten von Interessenvertretern zumindest in Ausschnitten sichtbar: Die Große Koalition hat auf Druck der Linksfraktion offengelegt, mit welchen Unternehmen, Wirtschaftsverbänden und zivilgesellschaftlichen Akteuren sie seit der Wahl im Herbst 2017 Kontakt hatte.

Gesprächstermine u.a. für Philip Morris, Vattenfall, Mieterbund

In den 75 Regierungsantworten, die abgeordnetenwatch.de zusammengetragen und ausgewertet hat, werden unter anderem hunderte Treffen und Telefongespräche zwischen Lobbyakteuren und hochrangigen Regierungsmitgliedern aufgelistet. Besonders häufig bekamen demnach große Wirtschaftsverbände wie BDI und BDA sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Gewerkschaft Verdi einen Gesprächstermin mit der Kanzlerin, ihren Ministern und Staatssekretären. Auch Vertreter von Konzernen (Philip Morris, Deutsche Wohnen, Vattenfall u.a.), Kirchen und zivilgesellschaftlichen Organisationen (AWO, VdK, Mieterbund u.a.) haben sich mit der Bundesregierung getroffen, um über konkrete Gesetzentwürfe zu sprechen. Eine Übersicht über alle von der Regierung mitgeteilten Lobbykontakte finden Sie am Ende dieses Artikels.
 

Gegen eine Beteiligung von Wirtschaft und Zivilgesellschaft an der Gesetzgebung hat die Linksfraktion nach eigener Aussage gar nichts einzuwenden, „sondern ganz im Gegenteil: Das ist sogar wichtig“, schreibt sie in ihren Anfragen an die Bundesregierung. Doch transparent müsse es zugehen. Deswegen reicht die Fraktion inzwischen zu fast jedem Gesetzentwurf bei den federführenden Ministerien einen umfangreichen Fragenkatalog zur "Einflussnahme von Interessenvertreterinnen und Interessenvertretern" ein. Darin will die Oppositionsfraktion unter anderem Folgendes wissen:

  • Sind Forderungen von Lobbyisten in Gesetzentwürfe eingeflossen?
  • Wurden Formulierungsvorschläge von externen Dritten übernommen?
  • Gab es in den Gesetzgebungsverfahren „dienstliche Kontakte“ zwischen Regierungs- und Lobbyvertretern?

Aus den Antworten der Bundesregierung ergibt sich ein aufschlussreiches Bild über die Mitwirkung von Interessenvertretern an der Gesetzgebung.

Vier Beispiele:

Ex-Politiker als Türöffner:

Aus den Regierungsantworten wird deutlich, warum Lobbyverbände und Konzerne gerne Ex-Politiker unter Vertrag nehmen: Diese können auf ihre persönlichen Kontakte zu Parteifreunden in den Ministerien zurückgreifen.

Andreas Storm als MdB (2002)

 

DAK-Chef Andreas Storm als MdB (2002) |© Dt. Bundestag, MELDEPRESS/Sylvia Bohn

DAK-Vorstandsvorsitzender Andreas Storm (Foto) etwa klingelte im April 2018 bei Kanzleramtschef Helge Braun wegen des sogenannten "GKV-Versichertenentlastungsgesetz" durch – Storm und Braun saßen jahrelang gemeinsam für die CDU im Deutschen Bundestag.

Martin Pätzold von der Beratungsgesellschaft Baker Tilly telefonierte am 6. September 2018 zur Energiepolitik mit dem Parlamentarischen Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Thomas Bareiß. Beide sind langjährige Parteikollegen, zwischen 2013 und 2017 gehörten sie der Unionsfraktion im Bundestag an. (Ob Pätzold im Auftrag eines Baker Tilly-Kunden bei seinem Parteifreund im Ministerium anrief, geht aus der Regierungsantwort nicht hervor).

Katherina Reiche, Cheflobbyistin vom Verband der kommunalen Unternehmen (VKU), hatte im Mai 2018 ebenfalls Gesprächsbedarf zur Energiepolitik der Bundesregierung. Dazu traf sie sich mit ihrem langjährigen Fraktionskollegen: Kanzleramtschef Helge Braun.

Dokumente unter Verschluss:

Aus den Regierungsantworten geht hervor, dass mehrere Konzerne und Verbände ihre Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen unter Verschluss halten wollen. Seit der erfolgreichen Transparenzaktion "Gläserne Gesetze" von abgeordnetenwatch.de und FragDenStaat veröffentlicht die Bundesregierung standardmäßig die Schreiben von Lobbyakteuren – seit der letzten Bundestagswahl annähernd 1.500 Stellungnahmen. Doch einige Konzerne und Lobbyverbände sperren sich gegen eine Veröffentlichung. Philip Morris etwa verweigert die Offenlegung seines Schreibens zum Tabakerzeugnisgesetz, die DEKRA will ihre Stellungnahme zum Fahrlehrergesetz nicht freigeben. Auch Lobbyorganisationen aus der Lebensmittelwirtschaft sperrten sich zunächst gegen eine Veröffentlichung – abgeordnetenwatch.de hat die Dokumente schließlich über das Informationsfreiheitsgesetz erhalten (Foto) und sie hier veröffentlicht.

Anrufe beim Arbeitsminister:

Im Arbeitsministerium werden auffallend viele Interessenvertreter telefonisch zu Minister Hubertus Heil (SPD) durchgestellt, zumeist sind es Funktionäre von SPD nahe stehenden Gewerkschaften. So telefonierten Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) im Sommer 2018 innerhalb weniger Wochen gleich drei Mal mit dem Arbeitsminister über einen Gesetzentwurf zur Rentenversicherung. Auch die Chefs von IG Metall, Verdi und der Chemiegewerkschaft IGBCE bekamen bei Heil einen Telefontermin. In den Regierungsantworten werden insgesamt 45 Telefonate von Interessenvertretern aufgelistet, 20 davon entfallen auf den Arbeitsminister (Stand: 21. Mai 2019).

Änderung nach Lobbyforderung:

In einem Fall, so die Bundesregierung in ihrer Antwort, habe der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) "mehrfach gefordert“, ein bestimmtes Anliegen in einen Gesetzentwurf aufzunehmen. BDEW-Geschäftsführer Stefan Kapferer, ein langjähriger Staatssekretär und FDP-Politiker, traf sich unter anderem mit Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Die Forderung des Lobbyverbandes fand laut Regierung am Ende tatsächlich Eingang in den Gesetzestext, wenn auch in einer anderen Formulierung als vom BDEW vorgeschlagen.

Bundesbildungsministerium

bilderkombinat berlin / bundesministerium für bildung und forschung / Flickr / CC BY 2.0

Tatsächlich ist es wenig verwunderlich, dass Gesetzentwürfe inhaltlich überarbeitet und ergänzt werden. Denn das Gesetzgebungsverfahren dient auch dazu, dass Betroffene aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft frühzeitig auf Probleme oder Versäumnisse in einem Referentenentwurf hinweisen. Das Problem ist jedoch: So gut wie immer bleibt dabei im Dunkeln, auf wessen Anregung ein Gesetzentwurf geändert wird. Ein Großteil der Entwürfe habe eine Änderung erfahren, schreibt die Regierung in ihren Antworten. Doch ob dabei Wünsche von Lobbyisten aufgegriffen wurden, lässt die Große Koalition offen.

Von den Transparenzanfragen der Linken ist die Bundesregierung inzwischen spürbar genervt. Seit Dezember 2018 habe man mehrere Dutzend identische Anfragen beantwortet, nun seien „die Grenzen der Zumutbarkeit erheblich überschritten“, echauffierte sich die Bundesregierung in einer ihrer letzten Antworten. Was die Linksfraktion mit ihren Anfragen betreibe, sei eine „administrative Überkontrolle“. Nüchtern betrachtet sind Parlamentarische Anfragen eines der wichtigsten Oppositionsrechte zur Kontrolle der Regierung.

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Entsprechend gering ist der Elan, mit dem Kanzleramt und Ministerien Auskunft über die Lobbyaktivitäten geben. Manche Fragen werden nur allgemein und oberflächlich abgehandelt, bei anderen – etwa zu Lobbytreffen – kommt lediglich die Spitze des Eisbergs zum Vorschein. Denn die Bundesregierung führt nur Fälle auf, in denen Kanzlerin, Minister und Staatssekretäre in Kontakt mit Lobbyisten standen, und nicht einmal diese Angaben sind vollständig. „Eine Verpflichtung zur Erfassung sämtlicher geführter Gespräche – einschließlich Telefonate – besteht nicht, und eine solche umfassende Dokumentation wurde auch nicht durchgeführt“, schreibt die Regierung. Offen bleibt auch, welche Lobbyisten sich mit den Referenten in den Ministerien, die die Gesetzentwürfe verfasst haben, austauschten.

Linksfraktion droht GroKo mit Klage

Wann kommt ein Lobbyregister?

Bei den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD wurde ein Lobbyregister im letzten Moment aus dem Vertrag gestrichen. Die CDU, die schärfere Transparenzregeln lange Zeit ablehnte, erarbeitet derzeit einen Gesetzentwurf. Aussagen von Fraktionsvize Patrick Schnieder in der FAZ (€) deuten jedoch darauf hin, dass die Union keine Veröffentlichung von Lobbykontakten will.

Wegen der unkonkreten und fehlenden Antworten droht die Linksfraktion dem Kanzleramt nun mit Klage. In einem Beschwerdebrief schrieb Linken-Fraktionsgeschäftsführer Jan Korte am 29. April an Kanzleramtschef Braun: „Die Bundesregierung unterlässt verfassungswidrig die Angabe, warum sie welche Regelungsvorschläge von Interessenvertreter*innen in die Gesetzentwürfe übernommen hat.“ Auch dass die Bundesregierung trotz expliziter Anfrage in mehreren Fällen die Lobbytreffen des Kanzleramtes unter Verschluss hält, ärgert die Oppositionsfraktion. Dafür gebe es „keinen verfassungsrechtlich nachvollziehbaren Grund“. Die Regierung solle die fehlenden Informationen nun nachreichen, fordert Fraktionsgeschäftsführer Korte. Andernfalls müsse man eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht „ernsthaft erwägen“.

Selbst wenn das Verfassungsgericht die Große Koalition zu detaillierten Auskünften verpflichten würde, wäre wenig gewonnen – Lobbyaktivitäten kämen weiterhin nur unvollständig, scheibchenweise und in seitenlangen Regierungsdrucksachen versteckt ans Licht. Dabei ist eine wirklich transparente Lösung recht naheliegend: Ein verpflichtendes Lobbyregister, bei dem die Veröffentlichungspflicht bei den Interessenvertretern liegt. Sie müssten sämtliche Kontakte zur Politik sowie weitere Angaben offenlegen, bei Verstößen gäbe es empfindliche Sanktionen. Eine Mehrheit der Bevölkerung will laut einer aktuellen infratest dimap-Umfrage im Auftrag von abgeordnetenwatch.de derartige Transparenzpflichten.

Dann müsste die Bundesregierung auch nicht länger die Beantwortung von Transparenzanfragen beklagen.

Mitarbeit: Mika Parlowsky, Andrea Knabe



Weitere Berichterstattung zur Recherche:

Lizenz: Der Text auf dieser Seite steht unter der Creative Commons Lizenz BY-NC-SA 4.0.

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Kommentare

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Wenn Politik im Rahmen ihres Wahlauftrages mit ihren Wählern im gleichen Maße und mit der gleichen Gewissenhaftigkeit, wie mit den Interessenverbänden , Gespräche führen würde um Dinge zu verbessern, dann hätte sich etwas in m Lande verbessert. Anstattdessen lasst Mann oder Frau Politiker sich lieber die Taschen von der Industrie , mit diversen Aufsichtsratsposten vollmachen. Das ist natürlich vor dem Hintergrund, dass die Interessen des Volkes vertreten werde müssen
unabdinglich.
Es ist an der Zeit , das die Politik endlich ihren Arsch bewegt und dem Volke dient, anstatt sich auf Kosten der Gesamtheit zu bereichern.
28% bei der Europawahl für CDU und CSU , sowie 15 % für die SPD sind exakt 43% zuviel für die sogenannten Volksparteien.

Antwort auf von ThomasK

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Gerade heute, nach den EU-Wahlen wird deutlich wohin und wofür der weitaus größte Teil der jungen Bevölkerung steht.
Für Umweltschutz, Tierwohl und Einhaltung der Menschenrecht.
In Deutschland sind die größten Umweltzerstörer und Umweltkriminellen im Bereich der Autoindustrie und der Landwirtschaftsindustrie zu finden.
Das Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit – BMU sowie das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur - BMVI liegt seit Jahren fest in den Händen der CSU.
Seilschaften, Vetternwirtschaft und flächendeckende Interessenskonflikte innerhalb der Politik- und Wirtschafts-Akteure sowie Netzwerke von Habgier um jeden Preis, haben zu einer Gesellschaftsform des Turbokapitalismus geführt.
In einer derartigen Gesellschaftsform ist selbstredend für Umweltschutz, Tierwohl und der Einhaltung von Menschenrecht kein Platz.

In diesem Kontext ist die Erkenntnis der Ursache einer derartigen Entwicklung von grundlegender Bedeutung:
Nach Kriegsende (1945) hat die CDU/CSU die allermeisten Nazis eine liebevolle Heimat in ihren Reihen gegeben.
Der Chef des Bundeskanzleramtes von Dr. Konrad Adenauer (CDU) war in der Zeit von 1953 bis 1963 der ehemalige NS-Ministerialrat und Mitverfasser der Nürnberger Rassengesetze, Hans Josef Maria Globke.

Hier noch ein Urteil des Kieler Landgerichtes vom 04. September 1974, also unter der heute gefeierten Verfassung und des Grundgesetzes:
Unter Vorsitz des Richters Hartwig mit den Richtern Tüwe und Pfeiffer als Beisitzer wurde der Kriminalhauptkommissar a.D. Heinz Riedel (am 06.01.1914 in Dessau geboren) aufgrund der Ermordung von drei Männern und einer Frau durch Vergasung in einem Gaswagen freigesprochen.
Begründung: Die Frau und die drei Männer seien schlicht an Sauerstoffmangel gestorben.
Das galt für alle Opfer der Gaswagenmörder etwa in Treblinka oder Chelmno.

Antwort auf von ThomasK

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Ein Beispiel :
Einer der GF von Kraus Maffei sagte mir zu den Ministerzeiten von Sigmar Gabriel auf die Fragen zu den derzeitigen Geschäften :
Wenn denn mal wirklich hakt, dann rufe ich den Sigmar an und der braucht dann immer wieder mal einige Panzer.........

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vielen Dank, daß es Euch gibt und für Eure wertvolle Arbeit.
Leider machen die grad weiter. Wir brauchen gelbe Westen und vor allem endlich den Arsch inner Hose.

Danke, danke.

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Lobbyarbeit ist nicht immer etwas schlechtes. Sie kann auch dazu dienen dass sich z. B. Experten einschalten und Dinge dadurch positiv verändert werden.

Etwas mehr über den Tellerrand schauen schadet nicht.

Antwort auf von Thomas L. Schadt

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Welches nicht immer ist da gemeint????
Lobbyarbeit hat ausschließlich mit dem Thema Beinflussung zu tun.
Wenn man sich mit Themen intensiv auseindersetzt , lässt sich doch wohl auch ohne Lobbyisten eine Meinung zu dem Thema bilden. Oder braucht es da unbedingt die Meinung der Industriesupporter.
Gesetzesvorlagen im Sinne der Intetessen einzelner Gruppen abzuschließen ist ja wohl nicht im Sinne des Volkes. Vor allem dann nicht wenn der Bürger davon negativ betroffen ist.

Antwort auf von ThomasK

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Ich kann Ihnen, ThomasK, nur zustimmen!

Antwort auf von Thomas L. Schadt

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Sie haben den Artikel schon gelesen, oder?

"Tatsächlich ist es wenig verwunderlich, dass Gesetzentwürfe inhaltlich überarbeitet und ergänzt werden. Denn das Gesetzgebungsverfahren dient auch dazu, dass Betroffene aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft frühzeitig auf Probleme oder Versäumnisse in einem Referentenentwurf hinweisen. Das Problem ist jedoch: So gut wie immer bleibt dabei im Dunkeln, auf wessen Anregung ein Gesetzentwurf geändert wird. Ein Großteil der Entwürfe habe eine Änderung erfahren, schreibt die Regierung in ihren Antworten. Doch ob dabei Wünsche von Lobbyisten aufgegriffen wurden, lässt die Große Koalition offen."

Antwort auf von Thomas L. Schadt

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diese - an Gier orientierte - einseitige Interessenswahrnehmung wird uns um die Ohren fliegen

Antwort auf von Thomas L. Schadt

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Ihrer Einschätzung kann ich nicht zustimmen, da davon ausgegangen werden muss, dass Lobbyismus nur die Interessen der Wirtschaft verfolgt und keineswegs das Gemeinwohl im Fokus hat.
Ein nicht beeinflusstes Gremium, welches vor Gesetzesänderungen zusammenfindet um aller Interessen und Folgen einer Gesetzesänderung abzuwägen, diese dann aber auch unverändert in eine Umsetzung geht, ist wohl Utopie...

Antwort auf von Manfred Köhler

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Lobbyismus kann das Gemeinwohl gar nicht im Fokus haben, liegt in der "Natur der Sache", wenn wir mal tiefer und ernsthaft in diese Materie eindringen und uns schlau machen, wer uns in Wirklichkeit "regiert"...

Antwort auf von Manfred Köhler

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Wer sagt, dass Lobbyismus _i_m_m_e_r_ die Interessen der Wirtschaft verfolgt und keineswegs das Gemeinwohl im Fokus hat, der soll mir bitte mal erklären, wieso das für die Lobbyarbeit von Greenpeace, amnesty international oder anderer gemeinnütziger Organisationen zutrifft.

Auch was von "der Wirtschaft" kommt, muss nicht in jedem Fall schlecht sein. Wenn sich Unternehmen beschweren, dass geplante Vorschriften zu so viel zusätzlicher Bürokratie führen, so dass die erhofften Vorteile eines Gesetzes durch die Nachteile mehr als aufgewogen werden, so kann das natürlich eine faule Ausrede sein. Es könnte auch stimmen, "die Politik" sollte so was also ernst nehmen und prüfen und dann die Argumente pro und kontra gegeneinander abwägen. Wobei in jede solche Abwägung auch politische Erwägungen/Überzeugungen einfließen (z.B.: wie wichtig ist eine gesunde Umwelt im Vergleich zu sicheren Arbeitsplätzen) und deshalb Politiker auch zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können.

Ein Politiker, der keine Argumente von Lobbyisten anhört sondern stur nach seiner eigenen Expertise abstimmt, ist faul. Genauso wie jemand, der die Vorschläge der Lobbyisten 1:1 übernimmt, ohne sich auch nur nach Gegenargumenten zu erkundigen (bei Lobbyisten für die jeweils andere Seite). Ein Politiker kann diese Arbeit an einen Fraktionskollegen delegieren, der "Experte" für diesen Bereich ist (und ist dann hoffentlich "Experte" für anderer Themen und kein fauler "Hinterbänkler").

Außerdem sollte jeder demokratisch gesinnte Mensch wissen, dass es neben seinen Interessen auch die Interessen anderer Menschen gibt, so dass es legitim ist, wenn einige Lobbyisten auch Interessen vertreten, die seinen eigenen Interessen entgegengesetzt sind. Wichtig ist, dass alle Interessen angemessen vertreten werden und keins wegen einem "Volkswohl" völlig untergebuttert wird, aber auch keins überproportional beachtet wird.

Wie nah oder wie fern wir diesem Ideal sind, darüber könnte ein Lobbyregister wertvolle Informationen geben. Aber da es das nicht geht, können wir nur vermuten, wie es ist. Ich vermute, dass es da noch so manchen Nachholbedarf gibt.

Antwort auf von Thomas L. Schadt

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Lobbyarbeit ist IMMER etwas "Schlechtes"!, für uns, das Volk, das nicht den PolitikerInnen zu dienen hat, sondern umgekehrt - was aber durch Lobbyarbeit natürlich nicht funktioniert...
Früher nannten wir es Schmiergelder, was heute so verharmlosend als Synonym "Lobbyarbeit" daherkommt. Wir leben längst in einer Lobbykratie, die die Demokratie seit Langem ersetzt hat! Fällt nur vielen Menschen nicht auf...
Wir haben korrupte PolitikerInnen gewählt, die sich von den Lobbyisten (z.B. Rüstungs-, Tabak- und Bankenlobby, Pharma-, Atom-, Strom- u. Auto-Lobby, Finanzlobby, Agrarlobby, Jägerschaft, Waffenlobby) haben kaufen lassen (freiwillig, wohlgemerkt!) und dafür exorbitante Gelder kassieren! Und nicht nur das: Sie haben sich damit ihre ebenso lukrativen Jobs NACH ihrem Mandat und eine fürstliche Rente gesichert...
"Über den Tellerrand schauen" sollten endlich die WählerInnen an der nächsten Wahlurne - durch abgeordnetenwatch.de sind wir doch bestens informiert...

Antwort auf von Brigitte Breidenbach

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Warum sind Sie der Meinung, dass die Lobbyarbeit von Organisationen, die Ihre Interessen vertreten, die Sie, Frau Breidenbach, haben, etwas "Schlechtes" ist? Denn das ist ja die logische Konsequenz von "Lobbyarbeit ist IMMER etwas 'Schlechtes'!"

Antwort auf von Brigitte Breidenbach

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Liebe Frau Breidenbach.
Dem ist nichts hinzu zu fügen. Genau meine Meinung.

Antwort auf von Thomas L. Schadt

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Ich hörte einen brutalen Autoraser sagen –nachdem er ein Kind tot gefahren hatte- schnelle Autos sind doch nicht grundsätzlich gefährlich, wenn man damit immer hübsch vorsichtig fährt. Außerdem sind sie wichtig für die Wirtschaft und Arbeitsplätze. …
Und ich dachte, wie recht er doch hat. Gäbe es doch viel mehr brutale Autoraser, dann ginge es unserem Land viel besser!
Danke Thomas L. Schadt und bewahren Sie sich ihr braves, schlichtes Gemüt.

Antwort auf von Thomas L. Schadt

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Guter Thomas L. Schadt, 778 Interessenvertreterinnen und -vertreter haben derzeit einen weitgehend unbegrenzten Zugang zum Bundestag. Davon 656 für Kapital und Wirtschaft und 122 mit Sozial-Bezug.(Stand: Okt. 2018)
So gesehen ist es ein Segen, dass sich die 656 Lobbyisten aus Kapital und Wirtschaft so sehr für die Belange des weitaus größten Bevölkerungsteils dieser Republik bemühen!
Vor allem geht den Lobbyisten aus Kapital und Wirtschaft das Wohlergehen der sozial Schwachen, der Kinderarmut, der Altersarmut, der aus Kriegswirren Geflüchteten u. s. w. ganz fürchterlich am Herzen!
Und dann gibt es da immer auch so nette „Wilhelminische“ Bürger die im Nachhinein nichts gewusst haben, nicht dabei waren und sich eigentlich auch nicht eimischen wollen!

Antwort auf von Erich Dworeck

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Von wem kriegen Sie denn Schmiergeld???

Antwort auf von Thomas L. Schadt

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Lobbyarbeit ist nur dann konstruktiv und richtig, wenn Experten oder Insider von Wissen und Informationen, die Politiker über Zusammenhänge oder Probleme aufklären, die sie ja aufgrund ihrer persönliche fehlenden Fachkompetenz zum Thema (sie sind nie aus dieser Branche) nicht haben können, jedoch oft vor Entscheidungen stehen, ebenda Entscheidungen treffen zu müssen. Cannabis sei hier ein solches Beispiel. Durch falsche oder ungenügende Aufklärung darüber haben viele Politiker gar keine Ahnung, was sie vielen kranken Menschen antun, wenn sie weiterhin den Zugang dazu erschweren, indem es zwar medizinisch freigegeben wird, jedoch die Kassen und das MDK einfach machen was sie für richtig halten und nicht einmal die Ärzte das letzte Wort haben, die doch den Patienten und dessen leid besser kennen. Wenn also in solch einem Fall eine Ärzteschaft mit Aufklärungswillen zu einem Politiker oder Ausschuss geht, um hier Wissen zu vermitteln, so ist dies gute Lobbyarbeit für die Menschen. Kommt aber hernach einer von der Pharmaindustrie und jammert...über große Probleme, da man befürchten muss, dass es Gewinneinbrüche z.Bsp. bei Opiaten geben wird, wenn Cannabis einfacher in Deutschland zur Verfügung stehe (man d.h. die Pharma noch nicht soweit sei die Inhaltsstoffe der Pflanze nachzubauen, da man noch nicht viel davon verstehe...)...und sich dann ein Politiker dazu hinreißen lässt gegen die erste Gruppe von guten "Aufklärern" zu stimmen, dann ist das ein negative Lobbyarbeit, weil man dann auch davon ausgehen muss, dass nach seiner Stimmabgabe für den zweiten etwas herausspringt, indem er dem Pharmalobbyisten Zeit verschafft auf Kosten und Leid der Patienten. Und genau das haben wir hier in Deutschland. Zum einen das Problem, dass viele Politiker, die ganz oben sind, von fachlichen Dingen reden (müssen) (z.Bsp. Verteidigungsministerin ??...) gar keine Ahnung haben und dazu entscheiden müssen und gerade deshalb auf Informationen angewiesen sind und da ein großes Vertrauenspotenzial entwickeln müssen. Die Grundursache ist also die fehlende Fachkompetenz zum einen und zum anderen die untransparenz des Themas und der Inhalte die da heimlich besprochenwerden. Wer nichts zu verbergen hat, der kann und muss auch offen sprechen. Warum werden derartige Treffen nicht aufgenommen und archiviert?

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Die Debatte über Vor-und Nachteile der Lobbyarbeit vor dem Hintergrund zu führen, dass kleine Unternehmen immer öfter pleite gehen und große Unternehmen quasi steuerfrei arbeiten und zudem Wettbewerbe erhalten, mag zur technischen Umsetzung von Großprojekten wie AKW Rüstungsgütern, oder Finanzcoups Vorteile bieten, für die Binnenwirtschaft und den Souverän, also das Volk, das es laut Regierung gar nicht mehr gibt, ist diese Politik extrem schädlich. Sie führt auch dazu , dass diejenigen die diese Zugangsmöglichkeiten zur beschränkten Auffassungsgabe so einiger Politiker besitzen, ihre oft rein pekuniären Partikularinteressen als wichtig und richtig vorgaukeln und andere wirklich wichtige Themen, wie etwa die Förderung neuer Industrien, oder die veränderte soziale Lage im Land gar nicht mehr wahr genommen werden. Die Politiker werden mit einer Art billigen Beschäftigungstherapie abgespeist und glauben so weiter an ihre Wichtigkeit, Effizienz und Güte, während ihre aufgrund schlicht falscher Informationen erarbeiteten Gesetze oft das Gegenteil dessen bewirken was sie offiziell tun sollen.

Unsere Demokratie ist in einer faustdicken Krise befangen und jeder geschmierte Politiker, jeder wurstige Beamte, jeder korrupte Richter befeuert den Niedergang der Demokratie. Radikale Parteien wachsen nur auf solch einem Boden. Die Rolle des Bundestages ist die Vertretung des Volkes, nicht die Rettung gieriger Banker, nicht die Subventionierung idiotischer Projekte, die den hiesigen Oligopolen noch mehr Macht verleihen. Ein erster Schritt, den die Politik vielleicht tun könnte, wäre dass Parteien nicht mehr nur Wahlvereine sind, sondern ihre Programme gut recherchieren und argumentativ diskutieren. Fraktionszwang ist verfassungswidrig, da Abgeordnete nur ihrem Gewissen verantwortlich sein dürfen. Die heute genannten Parteien sind einzig Vereine zum Machterhalt und keine politischen Parteien, oder anders ausgedrückt, schlicht Lobbygruppen. Politik dreht sich, wie der Name schon sagt, um die Polis, das Gemeinwesen und nicht um die Eitelkeiten von Lobbyablegern.
Wie schädlich die "industriefreundliche" Politik der letzten Jahre war ist daraus zu ersehen, dass die angeblichen Zugpferde unserer Industrie inzwischen alle international diskreditiert und zudem angreifbar geworden sind. Schließlich konnte man sich in den letzten Jahrzehnten eine Geschäftsführung leisten, die nur durch eine gute Fee Wunder vollbrachte. Eigenleistung der Industrie? Innovation? Fehlanzeige. Eher die systematische Unterdrückung jeglicher Neuerung um den eigenen Standard alleine zu stellen. Diese Politik ist auf lange Sicht schwachsinnig, weil sie die Innovationskraft der gesamten Volkswirtschaft lahm legt.
Es wird Zeit für eine Umkehr und dafür braucht es Politiker, die nicht in einem Firmengeflecht stecken, bzw. dort Verpflichtungen haben.
Deutschland und mit ihm Europa sind an einem Scheideweg. Ähnlich wie die Klimakatastrophe, an der einige Menschen immer noch zweifeln, wird durch Zweifel, Erlass unsinniger Gesetze und Vetternwirtschaft jede Chance versiebt, etwas zum besseren zu ändern. Eine Industrie, die zu faul für Innovation, innovativere Marktteilnehmer über Lobbyarbeit behindert, ruiniert den Staat in dem sie ihre Basis hat. Eine Industrie, die sich so offensichtlich nur noch auf Hermesbürgschaften und andere Gefälligkeiten aus dem Steuersäckel stützt, ist eine Schande für ein Industrieland. Banken, die das Volk aushungern sind schlicht kriminell. Gesetze die dieses Vorgehen vorschreiben sind verfassungswidrig. Soziale Aufgaben der öffentlichen Hand und die damit verbundenen Liegenschaften dürfen nicht an Konzerne abgegeben werden, wenn diese nicht den Zweck dieser Einrichtungen dauerhaft weiterführen. Es gibt viel zu tun. Und die Politik erfüllt ihre Aufgabe nicht.

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Lobby; alle haben eine Lobby, um die verschiedensten Dinge zu beeinflussen. Das dumme ist nur, dass der gemeine Bürger, Wähler und gleichzeitig der Auftraggeber der Politik immer nur der Dumme ist. Bezahlen darf er, wenn die Lobby an den Gesetzen mitarbeitet oder sie gar komplett schreibt. Nur mitreden nicht. Seit Schröder bin ich unzufrieden mit der Politik. Wie soll das bloss weitergehen???

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Tschuldigung, aber kann es sein, dass unser hochgeschätzter Bundesverkehrsminister seine Lobbykontakte geheim hält? Er taucht nicht einmal in der Liste auf. Sein Ministerium hat angeblich nur zwei persönliche Termine gehabt und ansonsten nur Stellungnahmen abgegeben. Das kann doch nicht sein - wie erteilt denn die Autoindustrie Herrn Scheuer Befehle? Ohne die wüßte er doch gar nicht, was er tun soll.

Antwort auf von Bundesbenzinkanister

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Hallo Bundesbenzinkanister, vielen Dank für deine Rückmeldung. In der Tabelle oben sind lediglich die Lobbykontakte aufgeführt, die die einzelnen Ministerien auf die Anfragen der Linken mitgeteilt haben. Wenn etwas nicht vorkommt muss dies nicht bedeuten, dass es nicht passiert ist. Eine Erklärung für nicht aufgeführte Lobbykontakte ist, dass diese nicht in den Akten dokumentiert wurden. Der SPIEGEL hat vor einiger Zeit darüber berichtet, dass bestimmte Unterlagen nicht mehr zu den Akten genommen werden, damit sie nicht öffentlich werden (in dem SPIEGEL-Artikel ging es um Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern nach dem Informationsfreiheitsgesetz, die auf diese Weise ins Leere laufen sollten) https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-157068934.html

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Entfernt. Nutzen Sie den Kommentarbereich bitte um sich sachlich über den Artikelinhalt auszutauschen. Danke, die Redaktion/db

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Erstaunlich, dass sogar Lobbykontakte in der Zukunft von der Bundesregierung berichtet wurden. Es gibt einen Eintrag mit Datum 10.09.219 (Justizminsterium) und drei mit Datum 28.11.2019 (Familienministerium).
Das lässt mich ein wenig an der Offenheit der Bundesregierung zweifeln, oder hat deren Qualitätssicherung versagt?

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