"Porschegate"

Antrag abgelehnt – Lindners SMS mit Porsche-Chef Blume bleiben unter Verschluss

15 SMS haben sich Christian Lindner und Porsche-Chef Blume im Juni und Juli hin und her geschickt. Das Finanzministerium hält die Textnachrichten für inhaltlich wenig relevant bzw. privat und hat einen Auskunftsantrag von abgeordnetenwatch.de jetzt abgelehnt. Auch das Verkehrsministerium von Volker Wissing will Unterlagen zu seinen Porsche-Terminen nicht herausgeben.

von Martin Reyher, 23.10.2022
Volker Wissing und Christian Lindner

Normalerweise sind es Lobbyist:innen, die sich mit einer Bitte an die Politik wenden, doch am 28. Juni war es umgekehrt. An diesem Tag schrieb Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) dem Vorstandsvorsitzenden der Porsche AG, Oliver Blume, eine SMS: „Ich kann da durchaus argumentative Unterstützung gebrauchen", lautete der Inhalt.

Die Hilfe des Porsche-Chefs benötigte Lindner als Munition gegen seine Kabinettskollegin Steffi Lemke. Die grüne Umweltministerin hatte die gemeinsame Position der Bundesregierung zugunsten von synthetischem Kraftstoff (“E-Fuels”) infrage gestellt – nun suchte der FDP-Mann nach Verbündeten.

Dass der Inhalt aus Lindners SMS öffentlich wurde, ist dem Handelsblatt zu verdanken. Über diesen einen Satz hinaus ist jedoch bis heute nicht bekannt, was sich der Finanzminister und der Porsche-CEO genau schrieben – und zwar nicht nur zum Thema "E-Fuels", sondern auch bei anderer Gelegenheit. Das soll nach dem Willen von Lindners Ministerium so bleiben.

Krisenmanagement per SMS nach Satiresendung im ZDF

In einem achtseitigen Schreiben hat das Bundesfinanzministerium (BMF) jetzt einen Auskunftsantrag von abgeordnetenwatch.de zu „sämtlichen Kontakten zwischen der Leitungsebene des BMF mit Vertreter:innen der Porsche AG“ abgelehnt. Das Finanzministerium bestreitet nicht, dass Lindner und Blume sich regelmäßig ausgetauscht haben, im Gegenteil: Von insgesamt 15 SMS und zwei Telefonaten in den Monaten Juni und Juli 2022 ist in dem Schreiben des BMF an abgeordnetenwatch.de die Rede.

Demnach gab es folgende Kommunikation:

  • Insgesamt vier SMS schrieben sich Lindner und Blume am 28. Juni zum Thema "E-Fuels", darunter auch die eingangs zitierte Nachricht. Auf EU-Ebene sollen Verbrennungsmotoren ab 2035 verboten werden. Sowohl Lindner als auch der Autokonzern sprechen sich für eine weitere Nutzung von Verbrennungsmotoren mit synthetisch hergestellten "E-Fuels" aus. Bereits im Oktober 2021, im Zuge der Regierungsbildung, hatten der FDP-Chef und Blume über das Thema telefoniert. Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es: "Außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte setzen wir uns dafür ein, dass nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge neu zugelassen werden können. "
  • In insgesamt neun SMS und zwei Telefonaten tauschten sich der Finanzminister und der Porsche-Chef am 22. und 23. Juli aus. Anlass waren Recherchen des ZDF-Satiremagazins “Die Anstalt”, mit denen das sogenannte #Porschegate losgetreten wurde. In der Sendung wurden Aussagen von Blume bei einer internen Betriebsversammlung publik gemacht. Der Porsche-Chef hatte dort damit geprahlt, dass Lindner ihn sowohl in den Koalitionsverhandlungen als auch beim Streit über das Aus des Verbrennermotors ständig auf dem Laufenden gehalten habe.
  • In zwei SMS tauschten Lindner und Blume sich Anfang Juni aus: am 6. Juni gratulierte der Finanzminister dem Porsche-Chef zum Geburtstag, vier Tage später bedankte sich dieser für die Glückwünsche.

Nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) müssen Behörden amtliche Aufzeichnungen auf Antrag herausgeben, es gibt nur wenige Ausnahmegründe. Das BMF bestreitet gegenüber abgeordnetenwatch.de jedoch, dass die SMS zwischen Lindner und Blume unter das Gesetz fallen. Laut Ministerium habe etwa der SMS-Austausch zwischen Lindner und Blume zum Ende der Verbrennungsmotoren – Stichwort „argumentative Unterstützung“ – nur eine „geringfügige inhaltliche Relevanz“. Deswegen habe man keinen Anlass gesehen, die digitalen Schriftwechsel zu den Akten zu nehmen, heißt es in dem Ablehnungsschreiben des BMF. Die Textnachrichten aus Anlass des Geburtstags von Oliver Blume seien überdies privater Natur.

Auch Unterlagen zu Porsche-Terminen des Verkehrsministeriums bleiben geheim

Während über den Austausch von Finanzminister Lindner mit Porsche bereits vielfach berichtet wurde, ist über die Kontakte des Konzerns zu einem anderen Ressort wenig bekannt: dem Bundesverkehrsministerium (BMDV) von Volker Wissing (FDP).

Auch dort hatte abgeordnetenwatch.de im Juli einen Auskunftsantrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz gestellt. Und auch dort wurde die Herausgabe von Unterlagen verweigert. Das Verkehrsministerium bringt dafür die folgende Begründung vor: Wenn die Kontakte zwischen dem Ministerium und Lobbyakteuren bekannt würden, könnten diese künftig von einer Kontaktaufnahme zur Regierung abgeschreckt werden (ausführlich hier: "Wissing-Ministerium will Lobbyisten vor Transparenz bewahren"). Welcher Austausch mit Porsche seit der Bundestagswahl stattgefunden hat, ließ das BMDV offen.

Bekannt wurden die Lobbykontakte inzwischen trotzdem. Auf Anfrage des Linken-Abgeordneten Victor Perli gab das Verkehrsministerium an, dass sich ein Abteilungsleiter am 2. Mai 2022 mit Porsches Cheflobbyistin getroffen habe. Gegenstand des Gespräches sei "ein allgemeiner Austausch" gewesen. Ein bereits vereinbarter Videocall zwischen Minister Wissing und Porsche-Chef Blume am 24. August 2022 sei aus Termingründen abgesagt worden.


Ergänzung vom 25. Januar 2023: Das Bundesfinanzministerium hat unseren Widerspruch zurückgewiesen. Damit bleibt die Korrespondenz zwischen Lindner und Porsche-Chef Blume unter Verschluss.

Lizenz: Der Text auf dieser Seite steht unter der Creative Commons Lizenz BY-NC-SA 4.0.

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Kommentare

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Also doch: Bananenrepublik

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Entfernt. Bitte beteiligen Sie sich nur, wenn Sie einen konstruktiven Beitrag zur Diskussion leisten möchten. Danke, die Redaktion/db

Antwort auf von Andrea Müller

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Antwort auf von Andrea Müller

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Aber der erste Beitrag ist konstruktiv?
„Also doch Bananenrepublik"
Von mir jedenfalls keine Spende mehr und Newsletter wird auch abgemeldet

Antwort auf von Andrea Müller

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Sehr geehrte Frau Müller, der erste Beitrag ist nicht wirklich konstruktiv, sondern kann wohl eher als 'Kommentar' verstanden werden. Da der Beitrag jedoch niemanden pauschal herabwürdigt, am Thema des Blog-Artikels vorbeigeht oder anderweitig gegen unseren Moderations-Codex verstößt, haben wir entschieden, den Kommentar stehen zu lassen. Mit freundlichen Grüßen David Bruhn (abgeordnetenwatch.de) - Leitung der Moderation - Den Codex für die Moderation finden Sie hier: https://www.abgeordnetenwatch.de/ueber-uns/mehr/moderations-codex

Antwort auf von david

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Es ist ausserordentlich schwierig, eine Gruppe von Personen NICHT "herabzuwürdigen", die wie in monolithischer Block und ausnahmslos ihre Geschäfte auf Kosten des Gemeinwohls im "Geheimen" weiterbetreiben möchte, nicht wahr? Das ist gerade das Problem: Es hat überhaupt keinen Sinn und verwässert nur die politische Analytik, mit bürgerlichen Höflichkeitsmaßstäben über eine "soziale Gruppe" zu diskutieren, die unisono versucht, Informationen vor dem Souverän zu verheimlichen, die diesen Souverän direkt betreffen und die ihm wortwörtlich eigentlich zustehen. Und niemand bei Verstand macht sich die geringsten Illusionen, welche Rolle dabei das "Bundesverfassungsgericht" spielt - wir wissen Alle, wer da sitzt und zu wessen Zwecken er dort sitzt.

Ich muss deshalb schon sagen: Es ist schon ein starkes Stück, hier Unterstützer und an der Arbeit von Abgeordnetenwatch Interessierte derartig abzukanzeln. Noch einen Verein, der "ausserparlamentarische Opposition" simuliert, pathetische und nicht zuletzt selbstbezügliche (Spenden-)Aufrufe in's faktisch politische Nichts entlässt und moralische Dauererregung ohne Folgen generiert braucht das Land weiss Dings ganz gewiss nicht. Die Geschäfte laufen gerade und insbesondere deshalb wie geschmiert, weil dem veröffentlichten Diskurs jede positive und zielgerichtete politische Aggressivität fehlt - nicht einmal dann darf ein Feind auch Feind genannt werden, wenn er offenkundig gewohnheitsmässig demokratiefeindliche Handlungen begeht. Wohin soll das führen? Die Grenze zum wirkungslosen moralisierenden Dauergeschwätz ist längst erreicht und ich reagiere deshalb als Bürger mittlerweile äusserst empfindlich auf "Moderations-Codices", die in der wirklichen politischen Wirklichkeit nur verhindern sollen, dass Roß und Reiter beim vollen Namen genannt werden. Für AgitProp "haben wir" bekanntlich die GEZ-Anstalten - von Abgeordnetenwatch et. al. erwarte ich einen deutlich anderen Sprachgebrauch. Zumal es der Mehrheit der kleinbürgerlichen Gesellschaft in dieser Parteiendemokratur ohnehin völlig schnurz ist, wer wen wofür bezahlt - Hauptsache, es gibt keine Veränderung im persönlichen Umfeld. Weiter so! und die totale Wirkungslosigkeit ist garantiert. Und Spenden dafür dann völlig kontraproduktiv und nur die Zementierung der Herrschenden Verhältnisse fördernd.

Wenn die Worte im Staate nicht mehr bedeuten, was sie in der Anschauung bezeichnen, dann geht es dem Staate schlecht (frei nach Konfuzius) - und Pack ist Pack, wenn es sich wie Pack verhält.

Antwort auf von Rüdiger Milting

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Hallo Herr Milting,
solche Plattformen wie abgeordnetenwatch.de, change.org und anderen, scheinen doch nur einem Zweck zu dienen, den Unmut des Souverän in kleinen Bereichen zu bündeln und unschädlich zu machen!
Wirklich etwas bewegen tun die nicht!
Das Internet ist eine Waffe, in dem sich der Souverän wieder vereinen könnte, dies gilt es zu verhindern!
Psychologische Kriegsführung überall um das Souverän zu kontrollieren!
Wie Justizminister Buschmann hier auf meine Anfrage kürzlich wiedergab, findet die im Grundgesetz verbriefte Kontrolle und Gewaltenteilung in „Detschland“ nicht statt!
Weitere Nachfragen an Politiker, wie in solchen Fällen, sind hier auf abgeordnetenwatch.de zudem unerwünscht und werden gelöscht!
Manche Zusammenhänge sind so simpel und banal, dass sie leicht übersehen werden. Louis Brandeis, einer der einflussreichsten Juristen der USA und von 1916 bis 1939 Richter am Obersten Gerichtshof, formulierte es so: "Wir müssen uns entscheiden: Wir können eine Demokratie haben oder konzentrierten Reichtum in den Händen weniger - aber nicht beides."
Das ganze nennt sich Wirtschaftsdiktatur!
Der Politiker die Marionette der Wirtschaft, gesteuert über die Fäden der Lobbyisten, nennt es Neoliberalismus das klingt besser!
Und das ganze dient dem Erhalt des kaputten Systems, mit dem wenige viel Geld verdienen das sie nicht brauchen!

Antwort auf von Anton Groggert

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Der Aussage von Herrn Groggert kann man nur Zustimmen.
Es ist Richtig, das keinercder politisch Vollzeit Aktiv wird, sein bisheriges Leben streichen muss. Egal ob es sich dabei um eine Selbstständigkeit oder um eine Form als Arbeitnehmer geht.
Aber vieles was da läuft, stößt einem Selbstständig Denkenden böse auf.
Insbesondere müsste klarre Kante zu Odysseus gezogen werden. Das Selbe gilt für jegliche Parteispenden, hier wäre ein Steuersatz von 51% m.e. sehr wirkungsvoll.

Antwort auf von Horst Alberti

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Oh je, was gibts hier für Mimosen. Ist das Diskussionskultur, dass man gleich die Tür zuschlägt.

Antwort auf von Bernhard Eber

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"Diskussionskultur" bezeichnet den Austausch der Diskutanten in freier ergebnisoffener Rede. Alles Andere ist Geschwätz und interessant ist nur, welchen und wessen Zwecken das Geschwätz dienen soll. Eine Bürgerin hat ihre Meinung über Leute vom Schlage eines Lindner geäussert - ich dächte doch, das IST Teil eines echten Diskurses.
Als Ex-Mitglied der AKW-Bewegung kann ich sarkastisch lachen über das, was gewisse Leute mittlerweile für einen "Diskurs" halten. Und mit mir lacht der "Bundestag", denn gefährlich für die Herrschenden Verhältnisse wird diese Sorte kindischer Diskursinszenierung niemals. Ganz im Gegenteil, stimmt's Noam Chomsky?!

Antwort auf von Rüdiger Milting

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Es ist eine Schweinerei wie die lügen und uns betrügen. Wir sind der Souverän, nicht die Politiker. Sie haben einen Eid geleistet Schaden vom deutschen Volk fern zu halten, machen aber nur für sich selbst alles was ihnen Geld bringt und lavieren sich durch mit Mauscheleien. Es sollte schnellstens verboten werden, aber da die ihre eigenen Gesetze machen und darüber bestimmen haben wir keine Chance.
Bei der nächsten Wahl daran denken und genauer hinsehen wo man sein X setzt

Antwort auf von Inge Bernhardt

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Antwort auf von Inge Bernhardt

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Haben Sie eine Empfehlung wo ich ankreuzen sollte? Sie denken dabei aber nicht an die AFD?
Das wäre der denkbar dümmste Rat!!!

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Das deutsche Volk ist schon blöde, warum lassen wir uns das alles gefallen? Die Herren Abgeordneten sowie Minister werden vom deutschen Volk bezahlt und daher hat das Volk auch ein Recht darauf, Auskunft über solche Dinge zu haben. Was bilden sich diese Herren nur ein?

Antwort auf von Friedrich Stiegeler

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Hallo,, das ist ja leider bei eingígen der Abgeordneten und Minister-innen nur z.T. wahr. Weitaus größere Einnahmen werden aus den Nbenjobs erwirtschaftet. Siehe Herr Ramsauer etc... nach zu llesen bei Abgeordnetenwartch

Antwort auf von Friedrich Stiegeler

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Ja, genau das ist die Frage. Und was genau nützt es, die Frage in einem Kommentar zu wiederholen?

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Da werden durch subalterne Beamte Anfragen in vorauseilendem Gehorsam abgebügelt., nur um die Dienstherren zu schützen und unangenehme Fragen abzubügeln. Ich komme mir ab und zu vor wie der Diederich Heßling in Thomas Manns Roman "Der Untertan". Nach dem IFG hat der Souverän Anspruch auf Auskunft und wenn dies aus den o.a. Gründen abgelehnt wird, bleibt einfach nur die Klage. Herr Lindner und sein Parteikollege Wissing, die "Doppel-Null" in der Ampel-Koalition, sind die Bremser im Kabinett. Herr Lindner mit seinem teilweise sehr arroganten Auftreten sollte sich etwas zurücknehmen, sonst kommt die FDP auf Wahlergebnisse, die der Abkürzung im Namen entsprechen, nämlich Fast.Drei.Prozent.