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Carsten Müller
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Frage von Maximilian K. •

Frage an Carsten Müller von Maximilian K. bezüglich Finanzen

Lieber Herr Müller,

ich habe aus diversen Zeitungen entnommen, dass es ein aktuelles Problem mit dem Gesetz gibt, dass dazu gedacht war, Milliarden aus den CumEx Betrügereien zurückzuholen. Meinem Verständnis nach wurde im Gesetz extra eine Ausnahme gemacht, die das Zurückholen des Geldes ausschließt.
siehe u.a.:
https://www.tagesschau.de/cum-ex-139.html
Bitte erklären Sie mir, wie es dazu kommen konnte, falls dem so ist oder ob ich ggf. etwas falsch verstanden habe.

Freundliche Grüße

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Krüger,

vielen Dank für die Frage zur steuerrechtlichen Verjährung der Cum-Ex-Betrugsfälle.

Ich stimme Ihnen zu, dass eine konsequente Aufarbeitung der "Cum-Ex-Fälle" unstrittig und erforderlich ist. Mit Sicherheit wurde keine „extra … Ausnahme gemacht, die das Zurückholen des Geldes ausschließt“. Gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion setze ich mich uneingeschränkt dafür ein, die Taten konsequent aufzuklären, Täter zu bestrafen und Taterträge einzuziehen. Deshalb war es uns wichtig, durch die Ergänzung der Abgabenordnung (AO) mit dem neu eingeführten §375a Klarheit geschaffen zu haben. Der im Zuge des Zweiten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) eingeführte §375a AO dehnt die Vorschriften auch auf Fälle des Wertersatzes und bei Drittbegünstigte aus, um künftig in Fällen der Steuerhinterziehung rechtswidrig erlangte Taterträge – trotz Erlöschens des Steueranspruchs nach § 47 AO – die Einziehung dieser Erträge anzuordnen. Durch die Zitierung der §§ 73 bis 73c StGB ist das auch gewährleistet.

Die Darstellung, dass die Betrüger aufgrund der steuerrechtlichen Verjährung nach zehn Jahren die Gelder einbehalten können, teile ich nicht. Die Bestimmungen zur Verjährung sind ein komplexes Zusammenspiel des Strafgesetzbuchs und der Abgabenordnung, die allgemeine Verwaltungsverfahrensvorschriften für Steuerangelegenheiten enthält. Die Gefahr der Verjährung nach den allgemeinen zehn Jahren sehe ich bei den "Cum-Ex-Fällen" nicht. In der Regel ist davon auszugehen, dass es sich bei diesen Steuerbetrugsvorgängen aufgrund der Höhe der Steuerhinterziehung um "besonders schwere Fälle" im Sinne des Strafgesetzbuches handelt. In den Fällen der besonders schweren Steuerhinterziehung betrug die absolute Verjährungsfrist bisher bereits 20 Jahre (§78c Absatz 3 Satz 2 StGB: "wenn das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist verstrichen ist"). Um jedoch zu gewährleisten, dass die strafrechtliche Aufarbeitung rechtlich komplexer und grenzüberschreitender Steuergestaltungen sachgerecht erfolgen kann, haben wir diese Verjährungsfrist im Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz bewusst erneut erweitert. Die Koalition hat in den Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung die Grenze der Verjährung auf das Zweieinhalbfache der gesetzlichen Verjährungsfrist ausgedehnt, also letztlich auf 25 Jahre. Diese 25-Jahre-Neuregelung ist in allen Fällen anwendbar, in denen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes eine Verjährung noch nicht eingetreten ist. Demnach können wir besonders schwere Fälle von Steuerhinterziehung bereits vor Änderung des Gesetzes bis zum Jahr 2000 zurückverfolgen und zukünftig noch fünf weitere Jahre. Wir sind damit dem Petitum der - insbesondere mit den Cum-Ex-Fällen - betrauten Strafverfolgungsbehörden nachgekommen, mehr Zeit für die Aufarbeitung dieser komplexen Sachverhalten zu erhalten.

Auch bei der „einfachen“ Regelung, der zehnjährigen Verjährungsfrist, gebe ich zu bedenken, dass es aufgrund spezieller Sonderregelungen in der Abgabenordnung zu weiteren zeitlichen Verlängerungen der Verjährung kommen kann: So kann die Festsetzungsfrist nach § 170 AO erst mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, beginnen. Das bedeutet, dass beispielsweise die Festsetzungsfrist für den Veranlagungszeitraum 2015 erst Ende des Kalenderjahres 2018 beginnt. Und zudem kommen noch mögliche Ablaufhemmungen nach § 171 AO aufgrund von Rechtsmitteln oder Betriebsprüfungen zur Verlängerung der Frist hinzu. Insofern besteht schon bei dem Beginn des Fristverlaufs ein sehr langer Zeitraum. Es ist selbst bei der zehnjährigen Verjährung für einen Vorgang aus dem Steuerjahr 2015 durchaus darstellbar, dass die Fristen bis nach 2028 und sogar länger laufen.

Sehr geehrter Herr Krüger, Sie sehen, die unmittelbare Gefahr einer Verjährung der Cum-Ex-Fälle sehe ich nicht. Dennoch war es wichtig, für laufende und anstehende Strafverfahren nunmehr Rechtssicherheit geschaffen zu haben. Wir haben den Strafverfolgungsbehörden mit der Ergänzung der Abgabenordnung und der Änderung des Strafgesetzbuches genügend Zeit zur Aufarbeitung der sehr komplexen und grenzüberschreitenden Tatbestände der Steuerhinterziehung gegeben. Ich bin weiterhin zuversichtlich, dass die Strafverfolgungsbehörden die Täterinnen und Täter ermitteln und die Taten konsequent ahnden.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Carsten Müller

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