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Frage von Georg U. •

Frage an Wolfgang Gunkel von Georg U. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Gunkel,

meine Frage richtet sich speziell an Sie, da Sie im Ausschuss ´Menschenrechte und humanitäre Hilfe´ tätig sind und Sie haben durch Ihre langjährige berufliche Tätigkeit vom Polizeiwachtmeister bis hin zum Polizeipräsidenten der Polizeidirektion Oberlausitz/Niederschlesien umfassendes Wissen und Erfahrungen, die meiner Meinung nach hilfreich bei der Beantwortung meiner Frage sind.

Mir geht es um jüngste Vorkommnisse während der Demonstration am 12.09.2009 in Berlin.
Unter dem Thema "Freiheit statt Angst" kamen friedlich Menschen zusammen.
Nachdem einer der anwesenden Bürger von einem der Ordnungskräfte zur Seite gestoßen wurde, forderte dieser ihn auf sich auszuweisen, was zur Folge hatte, dass die Polizei den wehrlosen Mann zu Boden prügelte.
(zum Anschauen: http://www.youtube.com/watch?v=0J0uEdG6y5E )

Da spätere zivilrechtliche Prozesse meist erfolglos sind und mit einem eingestellten Verfahren o.ä. enden, hier meine Frage:

Gibt es Maßnahmen seitens der Bundesregierung, dieser unverhältnismäßig harten Polizeigewalt entgegenzuwirken? (spezielle Schulung usw.?)
Wenn ja, welche?
Besteht die Möglichkeit, bzw. wird darüber nachgedacht, Ordnungskräfte mit einer speziellen Nummer anonym zu "kennzeichnen", damit dem Bürger eine gewisse Sicherheit gegeben wird, sich im Anschluss an solche Szenarien auf juristisch korrektem Wege zu wehren?

Ich würde mich freuen, wenn Sie Ihre Meinung und ein paar Gedanken zu dem Thema als Antwort hier schreiben.

Vielen Dank für die mir entgegengebrachte Zeit und Ihr Gehör.

Mit freundlichen Grüßen
Georg Urban

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Urban,

der Vorfall am Rande der Demonstration in Berlin ist mir nur aus der Medienberichterstattung bekannt, daher kann ich auch nur kommentieren, was auf dem Video zu sehen ist.
Das Vorgehen der eingesetzten Beamten ist offensichtlich unverhältnismäßig. Warum die beiden nun freigestellten Beamten derart überreagiert haben wird die Untersuchung des Vorfalls ergeben müssen.

Zu Ihren konkreten Fragen:
Die Polizei untersteht dem Verantwortungsbereich der Bundesländer. Die an dem Vorfall beteiligten Beamten gehörten der Berliner Bereitschaftspolizei an, die nach meiner Erfahrung regelmäßig an Schulungen und Fortbildungen teilnehmen. Zu den Kernkompetenzen einer rechtsstaatlichen Polizei gehört das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, das in Deutschland einen überragend hohen Stellenwert genießt. Einzelfälle von Überreaktionen dürfen nicht dazu führen, die gesamte Polizei unter Generalverdacht zu stellen. Selbst im europäischen Vergleich werden wir um unsere Polizei beneidet, die diszipliniert und rechtsstaatlich die Verhältnismäßigkeit zu wahren weiß.

Die Einführung der individuellen Kennzeichnungspflicht ist grundsätzlich zu begrüßen, allerdings muss die Wirksamkeit nach einiger Zeit evaluiert werden. Grundsätzlich sind Einsätze der Bereitschaftspolizei oft mit hoch emotionalisierten Situationen verbunden, in denen auch ungerechtfertigter Weise Anzeigen erstattet werden. Wenn sich also zeigen sollte, dass nach der Einführung die Zahl der ungerechtfertigten Anzeigen in die Höhe schnellt oder die Zahl der Verwechslungen stark zunimmt, muss die Einführung auch einer kritischen Revision unterzogen werden.

Aber klar ist auch: Der Rechtsstaat muss sich an seinem eigenen Verhalten messen lassen. Überreaktionen in den eigenen Reihen dürfen nicht geduldet werden.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Gunkel