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Frage von Georg M. •

Frage an Volker Beck von Georg M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Beck,

gibt es Ihrer Meinung nach auch Verlierer aufgrund der hohen Zuwanderung ( 2012 über eine Million)?
Wenn nicht, dann könnte man ja die Einreise-und Aufenthaltsbestimmungen ganz abschaffen, oder? Ganz so tun manche Politiker ja.
Wieviel Zuwanderung verträgt Deutschland im Jahr und was spräche dagegen das kanadische Zuwanderungsmodell in Deutschland einzuführen?
Warum fragt man nicht das Volk, wieviel und welche Zuwanderung es möchte?

Mit freundlichen Grüßen,

Georg Mayer

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Mayer,

vielen Dank für Ihre Frage. Aktuell sind die Verlierer in der Zuwanderung nach Deutschland die Migrantinnen und Migranten und Flüchtlinge, die in diesem Land viel zu oft mit Rassismus und Vorurteilen überzogen werden, denen zuwenig Solidarität gezeigt wird und denen man keine ausreichenden Angebote zu Integration bereitstellt.

Wir brauchen deshalb endlich ein modernes, den Erfordernissen einer globalisierten Weltwirtschaft entsprechendes Zuwanderungsrecht. Dies bedeutet den Einstieg in die demographische Zuwanderung über die Einführung eines Punktesystems als Ergänzung zu den bestehenden Möglichkeiten der Arbeitsmigration. Entsprechende Anträge hatten die Grünen bereits mehrfach in den Bundestag eingebracht– alle wurden abgelehnt.

Ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild war schon von der „Unabhängigen Kommission Zuwanderung“ unter Leitung von Rita Süssmuth vorgeschlagen und mit Abstrichen auch in den ersten Gesetzentwurf des Zuwanderungsgesetzes übernommen worden. Dieser Vorschlag ist ja dann bekanntermaßen im Vermittlungsausschuss am Widerstand der Union und der Bundesländer gescheitert. Das Punktesystem nach diesem Modell ist ein hochflexibles Steuerungsinstrument: Zuwanderer mit Bleibeabsicht können sich nach Maßgabe klarer Kriterien bewerben, die vom Einwanderungsland nach dessen eigenen Interessen festgesetzt und immer wieder neu den eigenen Bedürfnissen angepasst werden können. Die Kanadier und die Australier haben beste Erfahrungen mit diesem System gemacht, ebenso die Briten.

In Deutschland hingegen wurde es von der Union und den unionsgeführten Ländern als bloßes Instrument zur Öffnung von Einwandererströmen in die Sozialsysteme missverstanden und solange bekämpft, bis es schließlich aus dem Zuwanderungsgesetz gestrichen werden musste. So hält beispielsweise der Abgeordnete Dr. Hans-Peter Uhl, der innenpolitische Sprecher der CSU-Fraktion, dieses System für „Sozialismus, Planwirtschaft“. „Das wäre die ´freie Flutung´ des Arbeitsmarktes, eine faktische Aufhebung des Aufnahmestopps von 1972“, schrieb dazu DIE WELT vom 24.8. 2007. Infolge dieser unverantwortlichen Blockadehaltung steht die Migrationspolitik in Deutschland heute immer noch ohne zentrales und flexibles Steuerungsinstrument da, während die Ab- und Auswanderung qualifizierter Kräfte kontinuierlich wächst und die Zuwanderung solcher Kräfte schrumpft.

Es sei darauf hingewiesen, dass ein Punktesystem nicht alternativ sondern nur ergänzend zu einem Asyl- und Flüchtlingsrecht eingeführt werden könnte.

Mit freundlichen Grüßen

Team Volker Beck